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Schreiber-Prozess Der CDU-Spendenskandal fliegt auf

Im November 1999 räumte Ex-CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep vor Gericht ein, von Schreiber eine Million Mark als Parteispende entgegengenommen zu haben. Seine Aussage brachte den CDU-Spendenskandal ans Tageslicht.

Stand: 17.09.2012 | Archiv

Walther Leisler Kiep | Bild: picture-alliance/dpa

1999 - ein Seuchenjahr für die CDU: Nach der verlorenen Bundestagswahl von 1998 ohnehin angeschlagen, wurden nun auch noch schwarze Kassen der Partei aufgedeckt.

Kieps Coming-out

Durch seine Aussage kam die CDU-Spendenaffäre ins Rollen: Walther Leisler Kiep

Ans Tageslicht kam der Skandal im November 1999 bei einem Gerichtstermin in Augsburg mit Ex-CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep. Es war das erste von mehreren Verfahren in der Affäre Schreiber, ausgelöst durch die Funde in dessen Villa. Vor der Staatsanwaltschaft räumte Kiep ein, gemeinsam mit dem Kohl-Vertrauten Horst Weyrauch im August 1991 vom Waffenlobbyisten in der Schweiz einen Koffer mit einer Million Mark als Spende für die CDU entgegengenommen zu haben. Das Geld wurde nie ordnungsgemäß verbucht.

Ausschuss mit vielen offenen Fragen

Den Vorwurf, Schreiber habe Kiep über das Konto "Waldherr" persönlich bestochen, mussten die Augsburger Ankläger schließlich fallen lassen. Der CDU-Politiker wurde lediglich wegen einer privaten Steuerhinterziehung verurteilt. Dennoch - die Bombe war geplatzt - und es sollte noch eine Reihe weiterer Detonationen folgen. Zunächst setzte der Bundestag am 2. Dezember 1999 den Untersuchungsausschuss "Parteispenden und Waffenhandel" ein. Er sollte vor allem klären, ob Parteispenden Einfluss auf politische Entscheidungen der Kohl-Regierung hatten.

Zweieinhalb Jahre lang wurde ermittelt, auch Politprominenz der Union war vorgeladen, am Ende blieben dennoch viele Fragen unbeantwortet. Bestechlichkeit konnte nicht nachgewiesen werden. Heraus kam immerhin, dass die CDU während der Kanzlerschaft von Helmut Kohl ein geheimes System von Auslandskonten und schwarzen Kassen unterhielt. Aber: Soll Schreiber der einzige Spender gewesen sein? Es könnte durchaus mehr Gönner als den Waffenhändler gegeben haben. Auch das wurde nie geklärt, Kohl schwieg bekanntlich.

Kohls angebliche Spender - bis heute unbekannt

19.1.2000: Ex-Bundeskanzler Kohl am Tag, nachdem er als CDU-Ehrenvorsitzender zurücktrat

Am 16. Dezember gab er zu, in den 90er-Jahren Parteispenden von 1,5 bis zwei Millionen Mark in bar erhalten zu haben und sie an den Büchern vorbei in CDU-Kassen geschleust zu haben. Gut zwei Wochen später nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Ex-Kanzler auf, 2001 wurden sie jedoch gegen eine Geldstrafe von 300.000 Mark eingestellt. Bis heute gab er die Namen der Spender nicht preis.

Abgründe auch in der Hessen-CDU

Schlag auf Schlag wurden weitere Altlasten publik. Am 19. Januar 2000 gab CDU-Generalsekretärin Angela Merkel bekannt, dass bei der Überprüfung der Kassenbücher weitere Millionen unbekannter Herkunft aus Kohls Amtszeit entdeckt worden seien. In den Wochen darauf räumte Ministerpräsident Roland Koch erst dubiose Millionentranfers der Hessen-CDU in den 80er-Jahren ein, dann, dass er in der Finanzaffäre selbst gelogen habe.

Schäubles Karriereknick

Millionen und Abermillionen, die verschoben wurden - da nahmen sich die lumpigen 100.000 Mark, die Schreiber offenbar im Herbst 1994 der CDU zukommen ließ, vergleichsweise bescheiden aus.

Dennoch hatte diese - wiederum illegale - Parteispende die größte politische Sprengkraft. Nachdem Wolfgang Schäuble im Januar 2000 vor dem Ausschuss zugegeben hatte, das Geld von Schreiber angenommen zu haben, kündigte er Mitte Februar den Rückzug von Partei- und Unionsfraktionsvorsitz an. Kohls einstiger "Kronprinz" landete fürs erste auf dem Abstellgleis. Er wurde zum politischen Hauptopfer der Schreiber-Affäre.

Erzählte eine andere Version zur 100.000-Mark-Spende als Schäuble: Brigitte Baumeister.

Kurios war, dass Brigitte Baumeister, zum Zeitpunkt der 100.000-Mark-Spende als Kieps Nachfolgerin CDU-Schatzmeisterin, eine andere Version der Übergabe erzählte als Schäuble. Deswegen leitete die Staatsanwaltschaft Berlin gegen ihn und Baumeister ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage ein, das jedoch eingestellt wurde. Der Widerspruch ist bis heute nicht aufgeklärt.

Kohl wankt - Merkel nutzt die Gunst der Stunde

Schäuble war der eine CDU-Grande, der letztlich wegen der Affäre Schreiber beschädigt wurde, der andere: Kohl. Nach seinem Eingeständnis bekam das Parteidenkmal deutliche Kratzer.

Wachablösung bei der CDU: Helmut Kohl und Angela Merkel

Am 22. Dezember 1999 stieß ihn dann sein ehemaliges "Mädchen", Angela Merkel, vom Sockel. In einem Zeitungsartikel forderte sie ihre Partei auf, sich von Kohl zu lösen. Im Januar legte er seinen CDU-Ehrenvorsitz nieder. Nur drei Monate später übernahm die spätere Bundeskanzlerin Merkel den Parteivorsitz von Schäuble - und leitete eine Art Neubeginn der CDU ein.


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