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Waffennarren mit Hitler-Bild Behörden sehen keinen Nazi-Bezug

Allein in München wurden in den vergangenen Monaten - zum Teil illegale - Waffen bei mehreren Personen mit möglicher NS-Affinität gefunden. Den Behörden fällt es trotzdem schwer, einen eindeutigen Bezug zu Rechtsextremismus herzustellen.

Von: Ernst Eisenbichler

Stand: 20.08.2014 | Archiv

Von der Polizei in Münchner Wohnung gefundenes illegales Waffenarsenal | Bild: picture-alliance/dpa

Im Mai 2014 tötete sich im Glockenbachviertel ein 48-Jähriger mit einem Kopfschuss. Nach dem Mann war laut Polizei seit drei Jahren gefahndet worden, da er wegen illegalen Waffenbesitzes mehrfach aufgefallen war und zeitweise in Haft gesessen hatte. In dessen Wohnung entdeckte die Polizei anschließend ein illegales Waffenarsenal. Zwei Monate zuvor hatte bei einem Nachbarschaftsstreit in Obersendling ein Arzt eine Pistole gezogen. Auch in der Wohnung des 55-Jährigen fanden Beamte jede Menge Waffen, Munition sowie einen Hakenkreuz-Wimpel.

München-Glockenbachviertel: Fund in Wohnung eines 48-jährigen Waffennarren.

Im August 2013 stellte die Polizei bei einem 40-jährigen Rechtsanwalt in Pasing Waffen, Chemikalien zur Herstellung von Sprengstoff und Hitler-Bilder sicher. Und im Juni 2013 wurde ein 33-jähriger, möglicherweise zur rechten Szene gehöriger Mann verhaftet, der in seiner Schwabinger Wohnung eine Nagelbombe gebastelt hatte.

Rechtsextremer Hintergrund zunächst ausgespart

Was im Fall des 48-jährigen Waffennarren erst zwei Monate später herauskam - und auch erst nach Anfrage der Landtagsgrünen: Die Polizei fand in der Wohnung nicht nur zwei Glock-Pistolen, 1.000 Schuss Munition sowie Kampfausrüstung, sondern auch Hitlers "Mein Kampf" und Bücher über das Oklahoma-Attentat von 1995. Die Öffentlichkeit wurde von den Behörden also nicht von Anfang an umfassend informiert, der mutmaßliche Hang des 48-Jährigen zu Nationalsozialismus und Rechtsextremismus wurde ausgespart. Der Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh wird in der Neonazi-Szene als Held verehrt.

Tausendfach illegale Waffen

Neonazi-Waffenhorter und -Bombenbastler in der Millionenmetropole München - steigt womöglich die Gefahr von rechtsextremen Gewalttaten? Die Grünen-Abgeordnete Katharina Schulze stellte am 7. Mai 2014 eine Anfrage zu Waffen- und Sprengstofffunden in der rechtsextremen Szene in Bayern. Dabei antwortete das Innenministerium, dass dem Landeskriminalamt zwischen 1. Januar 2012 und 21. Mai 2014 "2.712 Fälle mit Sicherstellungen illegaler Waffen bekannt geworden" seien.

Auf Schulzes konkrete Fragen nach einem möglichen Neonazi-Hintergrund bei den vier oben geschilderten Fällen lautete die Antwort bezüglich des Rechtsanwaltes, dass eine "gewisse Affinität zu Adolf Hitler nicht von der Hand zu weisen" sei. Im Fall des Arztes mit dem Hakenkreuz-Wimpel gäbe es jedoch "keine Hinweise, die auf einen rechtsextremistischen Hintergrund" deuten würden. Dieselbe Antwort kam zum Selbstmörder mit "Mein Kampf" im Bücherregal. Im Fall des Schwabinger Bombenbauers hatte die Staatsanwaltschaft zwar zunächst eine Verbindung zu rechtsextremen Kreisen vermutet, doch dahin gehende Ermittlungen wurden eingestellt.

Polizei geht von Einzeltätern aus

Auch die Münchner Polizei kann eine Neonazi-Affinität nicht eindeutig bestätigen: "Die Beurteilung des rechtsextremen Hintergrundes einer Person hängt immer von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Eine derartige Feststellung kann nur aufgrund der objektiv vorliegenden Fakten getroffen werden. Das Vorhandensein z. B. von 'NS-Literatur' oder eines Hakenkreuz-Wimpels deutet auf einen derartigen Hintergrund hin, lässt jedoch noch keine abschließende Bewertung zu", heißt es vom Polizeipräsidium München. Unterschätzen wollen die Ermittler solche Fälle jedoch nicht: "Die Gefahr, die von solchen Personen ausgeht, nimmt das Polizeipräsidium München sehr ernst."

Vier Fälle von Funden zum Teil illegaler Waffen in München innerhalb eines Jahres - und das bei Personen mit möglichem NS-Hintergrund: Sind sie einfach nur rechtsgerichtete Waffennarren oder haben sie etwa Verbindungen zu Neonazi-Kreisen wie beim Schwabinger Bombenbauer offenbar vermutet wurde? Vom Polizeipräsidium München heißt es dazu, "es liegen bislang keine Erkenntnisse vor, die darauf hindeuten, dass eine der Personen in München in rechtsextreme Strukturen eingebunden war."


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