NSU-Prozess


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380. Verhandlungstag, 31.8.2017 Plädoyers zu Unterstützern des NSU

Die Plädoyers der Bundesanwaltschaft gehen weiter. Nachdem sich die Ankläger vor der Sommerpause bereits mit Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben und Carsten S. beschäftigt hatten, nahm man heute die Unterstützer Andre E. und Holger G. ins Visier. Und dann gab es auch noch einen Tumult im Gerichtssaal.

Von: Alf Meier

Stand: 31.08.2017 | Archiv

Jochen Weingarten, Bundesanwalt | Bild: pa/dpa/Peter Kneffel

Andre E. ist als Unterstützer des NSU angeklagt. Er soll für das Trio unter anderem eine Wohnung angemietet, für Bahncards gesorgt und auch Wohnmobile auf seinen Namen gemietet haben, um diese dann Mundlos und Böhnhardt zum Beispiel für Raubüberfälle zur Verfügung zu stellen. E. habe bereits kurz nach dem Abtauchen des Trios engen Kontakt zum Trio gehabt und von Anfang an die Gesinnung und die Ziele der drei geteilt, sagte Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten in seinem Plädoyer. Er habe gewusst, dass die drei mit Schusswaffen und Sprengstoff Migranten töten wollten und ihren Lebensunterhalt mit Überfällen bestritten.

Bundesanwaltschaft: Andre E. vollumfänglich überführt

Zwischen dem Trio und Andre E. habe sich früh eine Freundschaft entwickelt, die sich über die Jahre intensiviert habe, sagte Weingarten. E. habe ein exklusives Vertrauen genossen. Ideologisch sei er absolut  kompatibel gewesen. Andre E. sei  zwar nie bei der genauen Tatplanung dabei gewesen, habe aber immer gewusst was die Rechtsterroristen vorhatten.

Weingarten: Auch Holger G. der Unterstützung überführt

Die Bundesanwaltschaft hält auch Holger G. für überführt. Auch er ist wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt. G. soll dem NSU nicht nur einen Führerschein, Krankenkassenkarten und andere Papiere verschafft haben, sondern auch eine Waffe. G. habe die Taten eingeräumt, sagte Jochen Weingarten in seinem Plädoyer. Er habe allerdings behauptet, nichts von Mordanschlägen gewusst zu haben und nur einen Freundschaftsdienst erweisen zu wollen. Das sei laut Weingarten jedoch als widerlegt anzusehen. Er habe vielmehr damit gerechnet, dass das Trio terroristische Taten im Sinne ihrer Ideologie begehen wollten.

Tumult im Gerichtssaal

Begonnen hatte der Verhandlungstag mit einem Tumult. Eine Handvoll Aktivisten skandierte unmittelbar nach Verhandlungsbeginn von der Zuschauertribüne aus. Die Demonstranten der Aktionsgruppe NSU-Tribunal riefen unter anderem: "Wir klagen die Bundesanwaltschaft wegen der Darstellung des NSU, wegen der Leugnung des terroristischen Netzwerks und institutionellem Rassismus an." Außerdem warfen sie Papierschnipsel von der Tribüne in den Verhandlungssaal. Darauf war ihre Email-Adresse notiert sowie Namen von Ermittlungsbeamten aus dem NSU-Komplex. Der Senat unter Vorsitz von Manfred Götzl verließ den Saal, Justizwachtmeister brachten die Aktivisten raus. Ihnen droht nun ein Ordnungsgeld.

Schlussvorträge in zwei Wochen

Spätestens übernächste Woche will die Bundesanwaltschaft mit ihren Plädoyers zu Ende kommen. In der nächsten Woche wird nicht verhandelt  und am 12. September könnte Bundesanwalt Herbert Diemer die Schlussvorträge halten und die Anträge stellen. Für Beate Zschäpe wird wahrscheinlich eine lebenslange Haftstrafe wegen der Mittäterschaft an zehn Morden, zwei Bombenanschläge und mehrerer Raubüberfällen gefordert werden.

Danach haben die Nebenkläger das Wort. Ihre Plädoyers werden Wochen in Anspruch nehmen.


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