NSU-Prozess


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29. Verhandlungstag Zschäpe auf der Flucht mit ihren Katzen

Im NSU-Prozess hat eine ehemalige Nachbarin geschildert, wie sie Beate Zschäpe nach der Explosion des Hauses in Zwickau mit Katzenkörben davonlaufen sah. Den Tod einer Seniorin im Haus habe die Angeklagte in Kauf genommen, so eine weitere Zeugin.

Stand: 30.07.2013 | Archiv

Auch am 29. Verhandlungstag waren ehemalige Nachbarn der Hauptangeklagten vor dem Oberlandesgericht (OLG) München geladen. Die Zeugen, die gegenüber gewohnt hatten, äußerten sich zur Explosion des Hauses am 4. November 2011 in der Zwickauer Frühlingsstraße 26, in dem Zschäpe zusammen mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gelebt haben soll. Dabei schilderte eine Zeugin, sie habe nach dem Knall Zschäpe mit zwei Katzenkörben in der Hand weglaufen sehen. Sie habe einen roten Mantel angehabt und sei in schnellem Laufschritt weggegangen. "In jeder Hand eine Katzenbox, mehr habe ich nicht gesehen", berichtete die 18-Jährige. Dann habe sie die Feuerwehr alarmiert.

Den Tod einer Seniorin riskiert?

Neben der 18-jährigen hörte das Gericht auch deren Großmutter und Schwester. Die Aussagen sind vor allem unter einem Aspekt von Bedeutung: In der Frühlingsstraßen-Wohnung neben der der mutmaßlichen Rechtsterroristen lebte eine 89-jährige Frau - die Urgroßtante der 18-Jährigen. Deren Tod soll Zschäpe in Kauf genommen haben, als sie am 4. November 2011 nach Mundlos' und Böhnhardts Selbstmord die gemeinsame Wohnung angezündet haben soll. Außerdem soll Zschäpe auch noch den Tod zweier Handwerker, die normalerweise im Haus tätig waren, in Kauf genommen haben. Deshalb ist Zschäpe auch wegen Mordversuchs angeklagt.

Die Großmutter der 18-Jährigen berichtete, wie sie sofort nach der Explosion bei der 89-Jährigen anrief. "Ich hab' ihr gesagt: 'Geh' raus, nebenan brennt's.' Dann hat sie das Fenster aufgemacht und geguckt, ob's wirklich brennt." Die Großmutter sei dann über die Straße gelaufen, um ihrer Tante zu helfen. Ihre Schwester sei schon drüben gewesen und habe die alte, gehbehinderte Frau herausgeführt. "Sie hat erst im Laufe des Abends kapiert, was los war." Die Nachbarin glaubt, dass Zschäpe den Tod ihrer Tante riskierte: "Sie wusste, dass die Frau nebenan da ist, dass sie auch ganz schlecht zu Fuß rauskonnte. Es hätte ja auch noch schlimmer ausgehen können."

Kaffeekränzchen im Glück

Möglicherweise hatte Zschäpe auch Glück, dass nicht noch mehr Menschen gefährdet wurden: Üblicherweise trafen sich der Zeugin zufolge die Nichten immer Freitagnachmittags zum Kaffeekranz bei ihrer Tante; an diesem Tag waren sie später dran als sonst. Die alte Dame soll ihren Nichten auch gesagt haben, dass noch jemand an der Tür geklingelt habe. Aber bis sie am Fenster war, sei niemand mehr dagewesen. Ob es Zschäpe war, die sie warnen wollte - wie es die Fragen ihres Verteidigers Wolfgang Stahl wohl andeuten sollten? Die Sprechanlage habe die schwerhörige Frau jedenfalls nicht benutzt. Inzwischen lebt sie in einem Heim, es ist zweifelhaft, ob sie als Zeugin aussagen kann.


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