NSU-Prozess


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NSU-Prozess, 166. Tag "Ich wünsche mir präzise Fragen!"

Im NSU-Prozess war am 166. Verhandlungstag ein mutmaßlicher Unterstützer des Terrortrios als Zeuge geladen. Doch der Mann will die Hauptangeklagte Beate Zschäpe sowie Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nicht gekannt haben.

Von: Mira Barthelmann

Stand: 27.11.2014 | Archiv

NSU-Prozess 112. Prozesstag (Archivbild) | Bild: picture-alliance/dpa

Die Vernehmung des Zeugen P. begann ziemlich holprig. Der 42-Jährige wollte nur bedingt Namen preisgeben. Seine Erinnerungen an damals verschwimmen mit den Kenntnissen aus der aktuellen Presseberichterstattung. Der Senat wollte von P. erfahren, ob er das sogenannte NSU-Trio kannte und in welcher Beziehung er zu dem rechtsextremen Netzwerk "Blood and Honour" stand.

"Soll ich jetzt erzählen, wie ich geboren wurde oder was?" Dies war die erste Antwort, die P. dem Vorsitzenden Richter, Manfred Götzl, entgegenwarf. Götzl erklärte dem Zeugen ruhig, dass es in der Strafprozessordnung vorgesehen sei, dass Zeugen zunächst von sich aus zu zuvor angesprochenen Komplexen antworten sollen. Daraufhin erklärte P., dass er weder Böhnhardt noch Mundlos noch die Angeklagte Zschäpe gekannt habe. Nur zu "Sekundär"-Angeklagten habe er Kontakt gehabt. Damit meinte er den ehemaligen V-Mann S., der morgen im Zeugenstand sein wird.

"Der konnte einem nicht in die Augen schauen"

P. gab an, dass er Ende der 90er Jahre ein Geschäft betrieben hat, "das sich mit Musik und Klamotten beschäftigt hat". Es habe sich um ganz normale Kleidung gehandelt, die auch von Punks und sportlichen Leuten getragen worden seien. Der V-Mann S. habe um die Jahrtausendwende bei ihm ein knappes Jahr gearbeitet. Er habe ihm aber nicht getraut. "Der konnte einem nicht in die Augen schauen. Erst dachte ich, der hat Geld unterschlagen. Aber das hat er nicht." Dann sei S. plötzlich verschwunden, er habe ihm eine Kündigung hinterherschicken wollen. Dann sei aufgeflogen, dass er S. als V-Mann gearbeitet hat.

Empörung über "Aktiv-Kader"

St. aus Chemnitz, ein "Blood and Honour"-Aktivist und ehemalige Vertrauensperson, war dem heutigen Zeugen P. ebenfalls suspekt vorgekommen. P. empörte sich darüber hinaus über den "Aktiv-Kader". Er meint damit Personen, die nicht nur beobachtet und dann den Behörden berichtet haben, sondern die zuvor aktiv in der Szene gehandelt haben. "Es haben sich Spitzel in lokale Gruppierungen reingeschlichen und dann die Führung übernommen." P. habe das damals schon so gespürt, später habe es sich dann als wahr erwiesen.

"Suchen Sie sich einen Rechtsbeistand"

P. hatte zwar Kontakt zu Leuten vom "Thüringer Heimatschutz", "... die sahen martialisch aus". Die politische Einstellung der Mitglieder seien ihm zu extrem gewesen. Immer wieder betont der Zeuge, dass er zwar noch mehr wisse, aber damit seine Ex-Frau belasten würde. Der Richter fragt nach: "Ist denn gegen Ihre Ex-Frau ein Verfahren anhängig?" Der Zeuge verneint das. Götzl klärt ihn über die Rechte im Zeugenstand auf und weist darauf hin, dass länger zurückliegende Taten verjährt seien. Nach einer kurzen Unterbrechung teilt der Senat dem Zeugen P. mit, dass er sich bis Freitag einen Rechtsbeistand suchen soll. Am 16. Dezember säße er dann an der Seite eines Rechtsanwalts erneut im Zeugenstand.


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