NSU-Prozess


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NSU-Prozess Schwere Vorwürfe gegen Verfassungsschutz

Der 135. Verhandlungstag im NSU-Prozess war der letzte vor der Sommerpause. Dabei sagten zwei Kriminalbeamte aus, der hessische Verfassungsschutz habe sie bei den Ermittlungen im Kasseler Mordfall Yozgat behindert.

Stand: 06.08.2014 | Archiv

Die beiden Zeugen untersuchten den Mord vom April 2006 an Halit Yozgat, Besitzer eines Kasseler Internet-Cafés. Die Tat war die letzte einer Serie von neun Morden, bei denen Gewerbetreibende mit türkischen oder griechischen Wurzeln getötet wurden. Dieser Mord gilt als besonders brisant, weil sich um die Tatzeit herum Andreas T., Beamter des hessischen Verfassungsschutzamtes, in dem Internet-Café aufhielt. Gegen diesen Beamten war kurz nach der Tat wegen Mordverdachts ermittelt worden, allerdings ergebnislos.

Zeugenvernehmung verweigert

Die beiden Kripo-Ermittler berichteten nun vor dem Oberlandesgericht (OLG) München, dass der Verfassungsschutz ihnen nur Einblick in ausgewählte Akten erlaubte und die Vernehmung von Zeugen verweigerte. Bei den Zeugen handelt es sich um V-Leute, die Andreas T. führte. Stattdessen hätten leitende Verfassungsschutzbeamte vorgeschlagen, die Kripo-Ermittler dürften mit falscher Identität und getarnt als Verfassungsschützer an Gesprächen mit den V-Leuten teilnehmen. Das hätten sie nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft abgelehnt, sagte einer der beiden Polizisten: "Wir können ja keine Zeugen täuschen."

Opferanwalt sieht V-Mann-Führer belastet

Opferanwalt Thomas Bliwier

Auch Thomas Bliwier, einer der Anwälte der Opfer-Familie, warf dem hessischen Verfassungsschutz vor, er habe die Ermittlungen der Kripo "massiv behindert". Seiner Meinung nach ist nach der Aussage der beiden Kripo-Ermittler jetzt "bewiesen", dass Andreas T. Insiderwissen zur Tatwaffe besessen habe. Eine der beiden Waffen war auch in Kassel die Pistole vom Typ Ceska, die bereits bei den acht vorangegangen Morden der Serie verwendet worden war. Andreas T. hatte als Zeuge an einem früheren Termin vor dem OLG geltend gemacht, er habe das Internet-Café kurz vor dem Mord verlassen. Bliwier hält diese Aussage jetzt für widerlegt. Der Beamte sei "als Täter verstrickt" oder habe "als Augenzeuge Wahrnehmungen gemacht, die er nicht kundtut."

Der NSU-Prozess geht nun in die Sommerpause. Nächster Verhandlungstag ist der 4. September.


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