NSU-Prozess


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135. Verhandlungstag, 6.8.2014 Mordfall Yozgat und die Rolle des Verfassungsschutzes

Am letzten Verhandlungstag vor der Sommerpause ging es erneut um den Mord in einem Kasseler Internetcafé und die Rolle des hessischen Verfassungsschutzes. Er kooperierte bei den Ermittlungen nur sehr, sehr eingeschränkt.

Von: Tim Aßmann

Stand: 06.08.2014 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR

06 August

Mittwoch, 06. August 2014

Zeugen im Verhandlungssaal: Zwei hessische Kriminalbeamte, die auch rund acht Jahre später ihren Groll und ihren Frust kaum verbergen konnten und wohl auch nicht wollten. Beide ermittelten 2006 im Mordfall Yozgat und hatten den damaligen Verfassungsschützer Andreas T. im Visier. Er behauptet ja bis heute, rein zufällig am Tatort gewesen zu sein und will von der Bluttat nichts mitbekommen haben. Die Polizisten glaubten ihm damals so wenig wie heute. "Die Sache lässt mich nicht los", sagte der ehemalige Leiter der Mordkommission nun als Zeuge im Gerichtssaal. Er wollte damals die Informanten von Andreas T. befragen. Der war zu der Zeit V-Mann-Führer für Hessens Verfassungsschutz. Doch das Landesamt stellte sich quer und war gegen eine direkte Befragung seiner Quellen durch die Polizei. Ein leitender Verfassungsschützer soll gesagt haben, wenn man der Befragung zustimme, dann sei es doch ganz einfach, V-Männer zu enttarnen: Man müsse einfach nur eine Leiche in der Nähe des V-Mann-Führers platzieren. Das erklärten beide Zeugen nun übereinstimmend - und diese zynische Aussage des Verfassungsschützers regt die Polizisten bis heute auf.

Traurig, aber wahr: In seiner Blockadehaltung wurde das hessische Landesamt für Verfassungsschutz sogar noch vom zuständigen Innenministerium unterstützt. Volker Bouffier, damals Innenminister und heute Ministerpräsident, entschied 2006: Die Polizei darf die V-Männer nicht direkt vernehmen. Diese staatliche Behinderung der Mordermittlungen im Fall Yozgat war schon bekannt. Sie nun aber im Gerichtssaal von den Polizisten geschildert zu bekommen, machte betroffen und wütend.

Woher wusste Andreas T. von der Tatwaffe?

Andreas T. machte damals, im April 2006, gegenüber einer Kollegin Angaben zur Tatwaffe beim Yozgat-Mord. Er soll demnach davon gesprochen haben, dass die Waffe zu einer bundesweiten Mordserie passte. Doch von diesem Zusammenhang konnte T. eigentlich noch gar nichts wissen. Zumindest nicht aus den Medien. So sehen es die Anwälte der Familie Yozgat und auch das Oberlandesgericht München sieht hier offenkundig noch Aufklärungsbedarf. Die Beweisaufnahme zum Fall Yozgat wird höchstwahrscheinlich noch fortgesetzt. Der NSU-Prozess macht nun erst einmal Sommerpause. Ab dem 4. September soll weiter verhandelt werden.


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