NSU-Prozess


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182. Verhandlungstag, 04.02.2015 Wie weit reichte die Wucht der Bombe?

Wie weit reichte die Zerstörungskraft der Bombe in der Kölner Keupstraße? Das muss das Oberlandesgericht klären. Zum einen geht es darum, wie viele Menschen die Bombe hätte töten, verletzen oder schädigen können. Zum anderen ist wichtig, welche Anwohner zu den direkten Opfern zählen und damit zur Nebenklage berechtigt sind.

Von: Thies Marsen

Stand: 04.02.2015 | Archiv

NSU-Prozess: Straßenschild Kölner Keupstraße | Bild: picture-alliance/dpa

Bei dem Nagelbombenanschlag am 9. Juni 2004 war die vor allem von Migranten bewohnte Straße im Kölner Osten in ein Trümmerfeld verwandelte worden. 22 Menschen wurden zum Teil schwerst verletzt. Hunderte Zimmermannsnägel waren durch die Wucht der Explosion durch die Straße geschleudert worden, wie durch ein Wunder wurde niemand getötet.

Eine Ärztin eines Kölner Krankenhauses berichtete heute vor Gericht, wie sie einem der Verletzten mehrere Glasscherben aus dem Unterarm operierte. Ihr Patient habe noch Glück gehabt, denn er habe nur oberflächliche Verletzungen erlitten.

Die Keupstraße aus der Vogelperspektive

Das Reporter-Tagebuch

Julian von Löwis | Bild: BR zum Artikel 182. Verhandlungstag, 04.02.2015 Dem Tag ist der Stoff ausgegangen

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Vor allem aber sagte heute ein pensionierter Sachbearbeiter des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen aus, der anhand von Fotos eine Computer-Collage der Keupstraße aus der Vogelperspektive erstellt hatte. Ein sogenanntes "planparalleles Bild", das maßstabsgetreu Entfernungen aufzeigt. Darauf zu sehen: eine schwarze Asphaltfläche übersäht mit Trümmerteilen, daneben Geschäfte mit zerstörten Schaufensterscheiben - ein Bild der Verwüstung.

Anhand dieses Computerbildes errechnete der Zeuge dann die genaue Entfernung der einzelnen Häuser zu dem Punkt, an dem die NSU-Terroristen das Fahrrad abgestellt hatten, auf dem die Bombe befestigt war. Zeitweise führten sie Aussagen allerdings eher zu Verwirrung als zu Aufklärung, aufgrund von diversen Rechenfehlern und Missverständnissen.

Jugendfreund von Böhnhardt bleibt Verhandlung fern

Und manchmal sorgte der pensionierte Polizist auch für Heiterkeit. etwa mit Sätzen wie: "Da das vom Tatort weggeht, steigt die Entfernung an." Woraufhin Richter Manfred Götzl nur trocken erwiderte: "Das hätte ich jetzt laienhaft auch sagen können."

Am Nachmittag sollte eigentlich ein Jugendfreund des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt vor dem Oberlandesgericht aussagen, der Zeuge erschien jedoch nicht, warum ist unklar.


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