Internet-Fakes Unter falscher Flagge
Immer wieder kommt es im Netz zu "False-Flag-Operationen": Hetzer stehlen aus echten Meldungen Fotos, schreiben einen neuen Text und erfinden ein passendes Medium dazu, um dann den positiven Artikel in Frage zu stellen.

Eigentlich ist es eine ganz schöne Meldung, die da auf Facebook geteilt wird: "Junge Flüchtlinge mit Herz schenken obdachloser deutscher Frau ihre Einkaufsgutscheine". Dazu ein Foto der Obdachlosen Marlies T., die die Gutscheine in die Kamera hält. Der Link unter der Nachricht führt auf die Webseite des Bergheimer Tageblatts. Die Kommentare unter dem Link sind weniger schön: "Die haben doch die dicken Scheine im Sack" oder "Die klauen doch sowieso überall", heißt es dort.
Das Problem: Der Artikel ist eine Fälschung. Und noch dazu eine schlechte. Es gibt weder eine Obdachlose Marlies T., noch ein Bergheimer Tageblatt. Das Foto ist gestohlen, von der Webseite des Deutschlandradios. Die Journalistin Ellen Häring hatte dort vor über einem Jahr in einem Selbstversuch über Einkaufsgutscheine für Asylbewerber berichtet. Neben dem Bericht: Ein Foto von Häring vor einem Supermarkt: "Die Verfälschung war jetzt, dass eine rechtsradikale Gruppe das Foto genommen hat", sagt Häring.
"Man sieht die Gutscheine, mein Gesicht ist etwas verpixelt. Und die Message steht darunter: Die Obdachlose Marlies T. -also ich- hat drei Lebensmittelgutscheine von Asylbewerbern geschenkt bekommen. Weil die es ja nicht nötig haben, ist der Subtext, sich mit Lebensmittelgutscheinen zu versorgen."
Ellen Häring
Stimmung gegen Asylbewerber und Medien
Auch wenn die Meldung frei erfunden ist, hat der Fälscher sein offenkundiges Ziel erreicht: Stimmung gegen Flüchtlinge und Medien zu machen. Und im Netz finden sich immer mehr solcher Falschmeldungen. Der Verein Mimikama hat einige davon dokumentiert. Meistens werden dabei Flüchtlinge im positiven Licht dargestellt, zum Beispiel weil sie angeblich Geldbeutel oder Koffer finden und als ehrliche Finder zurückgeben.
In rechtsextremen Blogs und Facebookseiten werden die Links dann geteilt, als Beweis für die vermeintliche Lügenpresse und ihre angebliche Propaganda:"Lassen Sie sich nicht verarschen, von dieser schmierigen Mitleids-Aktion der Medien", heißt es etwa in einem der Blogs.
Die Fälle häufen sich
Ein anderer Fall, eine andere Facebookgruppe, aber wieder die gleiche Masche: "Flüchtling aus Syrien findet 50 Euro und übergibt sie feierlich dem Rathaus", heißt es in etwas krummem Deutsch unter einem Link der zu "Spieglein.de" führt. Dazu ein Foto, auf dem "Hassan B. aus Damaskus" den Schein in die Kamera hält. Doch auch diese Nachricht ist gefälscht. Das Foto zu dem Artikel wurde von der Webseite des Westfalen-Blatts gestohlen und zeigt in Wahrheit einen Flüchtling aus Eritrea, dem eine Busfahrt verweigert wurde. Aber hier gehen die Fälscher noch einen Schritt weiter: Sie stellen den Originalartikel daneben und zweifeln dann den Wahrheitsgehalt ihrer eigenen Fälschung an. Der Schuldige wieder: die bösen Medien. Auf Facebook wird der Artikel jetzt so geteilt: "Das ist doch das Foto mit dem 50-Euro-Finder? Werden wir schon wieder mal von der Systempresse verarscht?"
"Besondere Perfidie"
Experten nennen solche Fälschungen "False-Flag-Operationen", also Aktionen unter falscher Flagge. Die Hetzer stehlen aus echten Meldungen Fotos, schreiben einen neuen Text und erfinden ein passendes Medium dazu, um dann den positiven Artikel in Frage zu stellen. Der Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität sagt:
"Diese False Flags haben natürlich eine besondere Perfidie, da hier den Massenmedien unterstellt wird, gute Meldungen über Asylsuchende zu fälschen. Dabei sind die Fälschungen von diesen rechtsextremen Kreisen selbst erstellt, um dann darauf aufbauend Kritik zu äußern und diesen Lügenpressenvorwurf, der nun schon seit einiger Zeit kursiert, zu erhärten."
Christoph Neuberger
Die Konfusion ist offenbar gewollt. Der User soll am Ende nicht mehr wissen, was nun echt ist und was falsch. Und die Wahrheit bleibt dabei auf der Strecke. Deshalb gilt: Wer Artikel über Asylbewerber findet, sollte lieber zweimal überprüfen, ob der Text echt ist. Selbst wenn die Nachricht noch so positiv ist.
Kommentieren
Rainer Pullwitt, Mittwoch, 12.August 2015, 16:04 Uhr
17. Kommentar
Wie wäre es mal wenn ARD, ZDF und all die anerkannten Medien mal Ihre eigenen False Flags dokumentieren
Antwort von Sascha Pallenberg, Donnerstag, 13.August, 06:14 Uhr anzeigen
welche denn zum Beispiel? Warum so hohle Phrasen dreschen lieber Rainer Pullwitt? Einfach mal ein paar Beispiele nennen. Ich freue mich
Antwort von Tobias, Donnerstag, 13.August, 14:48 Uhr anzeigen
Ui, da bin ich aber gespannt, was es da für Beispiele gibt.
Antwort von Pegidis, Donnerstag, 13.August, 21:41 Uhr anzeigen
Man könnte zumal darauf hinweisen, dass seit 2007 500 Milliarden Schulden gemacht wurden.
Truderinger, Mittwoch, 12.August 2015, 13:47 Uhr
16. Lügenpresse-Lüge
Es ist schon bemerkenswert, mit welch primitiven Mitteln sich rechte Biedermänner manipulieren lassen. Sie fallen blind vor Wut und mit Schaum vorm Mut auf simpelste Tricks der NS-Propaganda rein und verwehren sich dagegen, Nazis zu sein. Damit nicht genug, man bezeichnet sturköpfig zweifelsfrei bewiesene Wahrheiten auch noch als Lüge. Zum Glück handelt es sich dabei um eine Minderheit. 5% Vollidioten muss eine Demokratie dann halt doch ertragen. Dank an den BR für die Aufdeckung!
Antwort von Thilo, Mittwoch, 12.August, 21:36 Uhr anzeigen
Es reicht doch, wenn man nur die Wahrheit sagt. Wozu Propaganda?
Antwort von Horst Pfosten, Donnerstag, 13.August, 07:49 Uhr anzeigen
Ich glaube sie sind so doof, sie schwimmen sogar in Milch.
Antwort von Wendedemokrat, Freitag, 14.August, 09:27 Uhr anzeigen
Aber nicht doch. Truderinger ist nun mal so - vielleicht kriegt er seine Ergüsse auch nur gut bezahlt!
Peter, Mittwoch, 12.August 2015, 13:35 Uhr
15.
Etwa in der Mitte steht ein Link zu "mimikama" , dort wird zu "PInews" verlinkt, dort wird zu den erwähnten Artikeln von Focus und CO verlinkt.
Hab ich aber auch so geschrieben und meine kleine Nichte hat es auf Anhieb kapiert.
Stimmt, 10:00 Uhr ist vermutlich doch für manche zu früh ;)
Aber dieser Artikel ist ein Musterbeispiel für einen schlechten Artikel der einem Qualitätsmedium unwürdig ist.
Eine These mit anderen Thesen und Behauptungen ohne den geringsten Beleg zu untermauern... Das ist schon sehr fragwürdig.
Ich erwarte ja keine lückenlose Beweiskette bi in höchste Kreise der NPD, aber hier wird ja wirklich nur vermutet und spekuliert.
Komischerweise genau das was hier angeprangert wird!?!
Ein etwas umfangreicherer und besser dokumentierter Folgebeitrag wäre wünschenswert.
MfG
H.-G. Seefried, Mittwoch, 12.August 2015, 12:54 Uhr
14. Einseitigkeit
Ich möchte wirkliche Fälschungen nicht in Schutz nehmen. Doch die tatsächlichen strafwürdigen Vorkommnisse, welche durch Flüchtlinge, Asylbewerber und Migranten verursacht werden, findet man eher in Polizeiberichten denn bei Ihnen. Insofern ist Ihre Berichterstattung eher geschönt und einseitig. Dieser Kommentar wurde von der BR-Redaktion entsprechend unseren
Kommentar-Richtlinien bearbeitet.
Antwort von Medienskeptiker, Mittwoch, 12.August, 18:30 Uhr anzeigen
Und wenn mal was Positives im Netz steht, was nicht von den Öffentlich-Rechtlichen kommt, wie immer bei denen üblich zu diesem Thema, da ist es noch angeblich von den "Rechten" reingesetzt. Ich glaube, mein Schwein pfeift endgültig...
Stephan D., Mittwoch, 12.August 2015, 12:32 Uhr
13. Sollen wir hier hinter die Fichte geführt werden?
Also, wenn im Netz über Asylanten was Positives berichtet wird, dann sind das Ihrer Meinung nach "Rechte"? Wer sowas glaubt, der muss doch sehr weltfremd sein! Das sind mit Sicherheit Linke, die den Bürgern wegen allgemeinen Frustes in der Bevölkerung ein gutes Bild vermitteln wollen! Wer gibt sich denn sonst Mühe damit? Vor allem noch deswegen, da auf solche Artikel hin doch die Anerkennung viel größer sein müsste, wie merkwürdige und miesmachende Reaktionen! Also, das ist eine Ente - oder?
Antwort von Alexander, Mittwoch, 12.August, 13:15 Uhr anzeigen
Moment. Auf Facebookseiten, die sich generell gegen Flüchtlinge richten, wird ein Artikel über eine positive Sache berichtet, die ein Flüchtling angeblich getan hat. Dann wird auf denselben Seiten behauptet, dass der Artikel von der „Systempresse“ gefälscht worden sei. Auf linken (Facebook-)Seiten hingegen taucht der Artikel niemals so auf. Und Sie behaupten ernsthaft, dass der Artikel von Linken stammt?
Nebenbei sind die Fälschungen lächerlich (zumindest die auf Mimikama). Die Rechtschreibung ist unterste Schublade, das Schriftbild gleicht einem Anfänger.
Antwort von Weird, Mittwoch, 12.August, 13:34 Uhr anzeigen
Nein!
Es wird gesagt, man sollte die Quelle prüfen, da es eine Fälschung sein kann!
Da ist sogar ein doppeltes Dilemma.
1. Solche gefälschen Artikel bekommen eine zusätzliche Problematik, weil sie einerseits den Rechten die möglichkeit geben ihren Hass auf die Medien zu steigern.
Ihre Reaktion bedeutet aber auch:
2. Werden solche Artikel als fälschungen erkannt, steigen Leute aufs dach, die dahinter irgendwelche Linke vermuten um Auslandern in ein "unberechtigt" gutes Licht darstellen wollen. Und wieder andere vermuten eine Zensur von positiven bzw. negativen Meldungen.
Das ist quasi die perfekte Hetze. Man erkennt sie nicht als solche und dennoch werden ALLE Gruppen aufgehetzt.
Meine Meinung dazu: Lasst euch verdammt noch mal nicht von IRGENDWELCHEN Artikeln beeinflussen. Lernt jeden dieser Menschen lieber selbst kennen - soweit wie ihr wollt. Dann wisst ihr auch, wer okay und wer "kriminell" ist.
Antwort von Krause, Donnerstag, 13.August, 16:50 Uhr anzeigen
Danke!
Antwort von Wendedemokrat, Freitag, 14.August, 09:27 Uhr anzeigen
Wem nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen!