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Der Gipfel Wo sind denn die Trommeln?

Von: Michael Kubitza

Stand: 08.06.2015

Ein Trachtler und eine Polizistin, aufgenommen in Krün vor dem Besuch der Bundeskanzlerin und des US-Präsidenten.  | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, Tag des Herrn und der Frau Merkel. Gestern noch spielte die Musik dreihundert Meter neben unserem Online-Container, wo "die größte Demo in der Geschichte Garmisch-Partenkirchens" stattfand - so formuliert das unverzagt "Stop-G7"-Sprecher Simon Ernst in unsere Kamera. Heute verwandelt sich die Klangcollage aus Internationale, Bongos und Dancehall in Blasmusik und verabschiedet sich via Krün in die Elmauer Hochsicherheitszone. Hier hat für den Bayerischen Rundfunk nur Marcus Bornheim Zutritt - für zwei Tage der begehrteste Mann des BR. Was uns Onliner ab jetzt mit Merkel, Obama & Co verbindet: eine überwiegend sitzende Tätigkeit und das Studium vieler (hier: elektronischer) Papiere.

Wir vermissen ein wenig die Stimmung mit Musik und Samba von gestern. Dieser Satz stammt nicht von uns, sondern aus dem Twitterkanal der Polizei. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (ab sofort 45) reklamiert in Krün nach der Erfindung derr Alpen und der Maut erneut Übermenschliches für die Staatsregierung: "Das muss man erst hinkriegen - gestern die Demonstranten wegschwemmen und heute so ein Wetter."

Wei’s wurscht is

Gut, den Termin fürs Gruppenfoto müssen die Gipfeldramaturgen drastisch vorverlegen, um potentiell symbolträchtige schwarze Wolken über den Staatschefs zu vermeiden. Sonst aber passt alles. Der US-Präsident fängt an mit "Grüß Gott" und hört auf, bevor er „NSA“ sagen muss.

Bayer brauch Bart: Max Rohrmair in staatstragender Mission

Falls sein Geheimdienst in ihm den Verdacht geweckt haben sollte, dass gar nicht alle Bayern Dirndl und Gamsbart tragen, werden sie schon morgens um Sieben (!) am Münchner Flughafen ausgeräumt. Horst Seehofer lässt jedem Staatsgast den Trachtler Max Rohrmair ins Bild schieben lässt - "vielleicht, weil ich so einen wüsten Bart habe", meint Rohrmair.

Selbst das vieldiskutierte Problem, ob Obama Leberkas oder Weißwurscht oder doch lieber Chlorhühnchen frühstücken wird, kann gelöst und durch die selbstlose Mitwirkung des brandenburgischen Quantenchemikers und Merkel-Gatten Joachim Sauer formvollendet aus der Welt geschafft werden: Einfach der Länge nach durchschneiden, Haut abziehen, zerstückeln, runter damit. Fotografieren lässt Obama sich dabei allerdings nicht.

Die Geschichte vom Pferd

Zur Erholung darf Obama mit alten Freunden einen Sommerspaziergang durch die blühenden Almwiesen von Elmau machen. Dann sind die Bilder auf einmal weg. Alle anderen Probleme werden hinter verschlossenen Türen gelöst. Wir fragen Marcus Bornheim: Was kriegen die "Insider" davon mit?

Marcus Bornheim vorm Gipfelschloss: Für den Aufsager darf das Akkreditierungsbändchen kurz mal runter.

Gibt es, wie Clemens Verenkotte von den Gipfeln früherer Tage berichtete, noch zufällige Fahrstuhlbegegnungen mit französischen Staatspräsidenten? Bornheim: "Eher unwahrscheinlich. Die meiste Zeit sind die Journalisten etwas entfernt vom Schloss. Es gibt aber immer wieder Interviews zwischen Staatschefs und kleinen Journalistengruppen. Da kommen wir den Mächtigen dann schon sehr nah."

Noch näher sind Mächtigen sich selbst. Wenn die Türen zu sind, wissen genau sieben Menschen, was gesprochen wird - plus die anwesenden Simultandolmetscher und Berater, die "Sherpas". Was Bornheim weiß: es geht locker zu, man duzt sich, es wird gefrotzelt. Die Inhalte haben die Sherpas ja schon vorbereitet, und was draus wird, zeigt sich eh erst nach dem Gipfel.

Ach ja: die Sicherheitsvorkehrungen in Elmau überschreiten sogar noch das, was wir im Garmischer Medienzentrum erleben.

"Natürlich müssen wir unsere Akkreditierungspässe ständig um den Hals tragen. Wir sind aber nicht allein. Selbst Pferde, die sich in der Sicherheitszone aufhalten, brauchen so einen Pass – mit Lichtbild."

Marcus Bornheim


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