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Mythos Evangelische Theologie So ist das Studium angehender Pfarrer wirklich!

Jeden Tag beten, kein Sex vor der Ehe und Alkohol gibt's nur beim Abendmahl - so sieht das Leben eines Theologie-Studenten aus - oder sind das alles nur Mythen!? Campus Magazin nimmt fünf der gängigsten Klischees unter die Lupe.

Author: Anna Kemmer

Published at: 16-12-2019 | Archiv

Mythos Evangelische Theologie: So ist das Studium angehender Pfarrer wirklich!

Sie sind schlechtangezogene, schüchterne Bücher-Würmer, furchtbar fromm und konservativ, tragen grundsätzlich dicke Kreuz-Ketten um den Hals und gehen – natürlich – jeden Sonntag in die Kirche: So stellten sich Studierende der Uni München in unserer Umfrage den „typischen“ Theologie-Studi vor.

Leonie, Frank, Nicolas und Vinzenz wundert das nicht wirklich. Wenn sie auf einer Party erzählen, dass sie an der Uni München Evangelische Theologie auf Pfarramt studieren, werden sie oft mit solchen Klischees und Vorurteilen konfrontiert. Eine Reaktion fand Vinzenz besonders heftig: „Der meinte, er würde sich lieber die Pulsadern durchschneiden, als Theologie zu studieren und sein Leben einer Institution wie der Kirche zu opfern.“ Wir konfrontieren Vinzenz und die anderen mit fünf Mythen über ihr Studiengebiet, um herauszufinden, wie es wirklich ist, das Studium der Evangelischen Theologie.

​Mythos 1: Theologie-Studierende glauben alle wirklich an Gott

„Ich würde schon behaupten, dass die Leute, die Theologie studieren, an Gott glauben“, meint Leonie. Für manche sei das mehr der biblische Gott, andere würden ihn eher etwas philosophischer sehen. Frank sagt: „Man zerlegt diesen ganzen Glauben so sehr, dass man auch mal ins Zweifeln kommt.“ Nicolas meint: „Man wird erst mal davon abgebracht, aber dann entdeckt man ihn irgendwie ganz neu. Das ist für mich das Spannende an der Universität, dass man eben nicht sagt ‚so müsst ihr glauben’, sondern, dass es ein Prozess ist, dass der Glaube wächst und sich wandelt.“

Was man als Studierender der Evangelischen Theologie auf jeden Fall spätestens zur Magister-Prüfung sein muss, ist: Mitglied der evangelischen Kirche. Und: kein Sprachen-Muffel! 

Mythos 2: Theologie-Studierende sind alle Sprachen-Freaks

Sagen wir so: Ganz abgeneigt vom Sprachenlernen darf man bei diesem Studium nicht sein: Latein, Altgriechisch und Hebräisch stehen auf dem Stundenplan. Im Lektüre-Kurs Altes Testament beim Dozenten Jonathan Rodrian üben Leonie, Vinzenz, Frank und Nicolas das Übersetzen biblischer Originaltexte: „Wenn ich nur eine Übersetzung nehme“, sagt Jonathan Rodrian, ,,dann wird die nicht beliebige Offenheit des Textes stark eingeschränkt.“ Indem man auf den hebräischen Urtext schaut – die größten Teile des Alten Testaments sind auf Hebräisch verfasst – könne man nachschauen, auf welche Art und Weise spätere Übersetzer diese Offenheit schon eingeschränkt haben. Ganz abgesehen davon: „Es ist natürlich ein super Eisbrecher auf jeder Party, wenn man den Mädels etwas auf Hebräisch rezitieren kann“, lacht Vinzenz.

Mythos 3: Das Theologie-Studium besteht hauptsächlich aus Beten

Neben den Sprachen sind die zentralen Fächer im Studium der evangelischen Theologie: Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische Theologie und Praktische Theologie. Auch Religionswissenschaften und Philosophie stehen auf dem Stundenplan. Gemeinsames Beten oder Gottesdienste kommen im Uni-Alltag eher selten vor, sagt Prof. Jörg Lauster von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der LMU München: „Tatsächlich machen wir sehr wenig Spiritualität. Wir arbeiten sehr viel mit Fakten, aber Religion oder Religiosität im Studium selber kommen kaum bis nicht vor. Gottesdienste oder ein Gemeindeleben ist Privatsache der Studierenden.“

Nach fünf bis sieben Jahren steht die Magister-Prüfung an. Wer Pfarrerin oder Pfarrer werden möchte, muss zusätzlich zum Magister auch noch eine Prüfung bei der Kirche ablegen und dann ein zweijähriges Vikariat in einer Kirchengemeinde absolvieren. Wer Religionslehrerin oder Religionslehrer werden möchte, studiert Theologie nicht auf Magister, sondern macht am Ende seines Lehramtsstudiums das Staatsexamen.

Mythos 4: Theologie-Studierende trinken höchstens mal Messwein

Leonie und Nicolas sitzen inzwischen mit einigen Kommilitonen im Fachschaftszimmer. Heute steht ein Planungstreffen für den „Theo-Ball“ an – eine Tanz-Party, die jedes Jahr in der Uni-Kirche steigt. Wie wild geht es auf so einer Theologen-Party eigentlich zu? Dorothea aus dem Planungsteam lacht über das Klischee, dass Theologie-Studierende nicht wirklich feiern können: „Ich sag mal so: Man theologisiert auch sehr gut mit 1 Promille.“  Mit dem Theologie-Studium, sagt sie, tritt man schließlich nicht in ein Kloster ein. Das gilt auch für das Thema Sexualität.

Mythos 5: Theologie-Studierende haben keinen Sex vor der Ehe

„Das stimmt auf gar keinen Fall“, meint Dorothea. „Aber wir werden oft konfrontiert damit: Ihr dürft ja nicht. Ihr könnt ja gar nicht. Ihr dürft ja gar nicht heiraten. Vollkommener Quatsch!“ Und übrigens: Jeden Sonntag gehen auch nicht alle Theologie-Studierende in die Kirche! Leonie war sogar erst ein paar Mal in diesem Jahr dort. 

Auch wenn sie sich immer wieder solche Klischees und Vorurteile anhören müssen: Leonie und die anderen würden sich immer wieder fürs Fach Theologie entscheiden: „Diese allumfassende Bildung, die man erlangt, das ist, finde ich, sehr besonders für unseren Studiengang.“ Und er ist für viele auch ein Eisbrecher, sagt Leonie. Sie erlebt es oft, dass Menschen sich ihr anvertrauen, dass sie durch ihren Studiengang auf eine besondere Weise mit Menschen in Kontakt kommt. Und sie hat ein Fach mit exzellenten Job-Chancen gewählt: Für angehende Pfarrer gibt es mehr Stellen als Bewerber.


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