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Prof. Dr. Louisa Kulke Wie sich Aufmerksamkeit entwickelt

Die Flexibilität der Augen hat einen entscheidenden Anteil daran, dass wir Menschen auf unsere Umwelt adäquat reagieren können. Die Entwicklungspsychologin Louisa Kulke zeigt, wie sich die Flexibilität der Augen mit zunehmendem Alter verändert und wie sie trainiert werden kann.

Stand: 31.10.2021

In jedem Moment prasseln zahlreiche Informationen auf uns ein und wir Menschen sind in der Lage, unsere Aufmerksamkeit gezielt auf diejenigen Dinge zu richten, die für unsere zukünftigen Handlungen am relevantesten sind. Diese Fähigkeit muss sich aber erst entwickeln. Säuglinge sind noch nicht in der Lage, ihre Aufmerksamkeit zu verschieben – im Gegenteil: sie starren diejenigen Dinge an, die gerade in ihr Blickfeld fallen und haben Schwierigkeiten, sich davon zu lösen. Die Befähigung, Aufmerksamkeit flexibel zu verschieben, entwickelt sich erst im Säuglingsalter und wird in unserer Forschung mittels Eye-tracking (zur Untersuchung von Augenbewegungen) und Elektroenzephalographie (EEG, zur Messung von Hirnströmen) untersucht. Diese Kompetenz spielt auch in sozialen Interaktionen eine Rolle: während es beim Netflix schauen auf der Couch völlig in Ordnung ist, den Schauspielern in die Augen zu sehen, ist es gesellschaftlich weniger anerkannt, fremde Menschen im Bus anzustarren. Das flexible Bewegen der Augen spielt also sowohl für Aufmerksamkeit als auch für soziale Interaktionen eine wichtige Rolle. EEG Befunde zeigen, dass sich die Gehirnmechanismen der Aufmerksamkeit vom Säuglings- zum Erwachsenenalter verändern und automatisieren, sodass Erwachsene flexibel kontrollieren können, wohin sie sehen.

Kurzvita

Prof. Dr. Louisa Kulke studierte Psychologie an der Universität Göttingen und promovierte am University College London (Großbritannien) in Psychologie und Neurowissenschaften. Neben Forschungsaufenthalten an der Cambridge University (Großbritannien) und der University of California San Diego (USA) forschte sie als Postdoc an der Universität Göttingen in der Entwicklungspsychologie und der affektiven Neurowissenschaft. Seit August 2020 ist sie Juniorprofessorin für Neurokognitive Entwicklungspsychologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und erforscht dort emotionale und soziale Aufmerksamkeit bei Säuglingen und Erwachsenen. Sie ist Botschafterin für Open Science und setzt sich für zuverlässige, transparente Wissenschaft und Replikationen ein.

Auszeichnungen: Cecily De Monchaux Forschungspreis, University College London „Innovations Award“, Associate Fellowship of the Higher Education Academy, Gewinnerin der „Preregistration Challenge“ des Center for Open Science


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