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E-Zigarette, Rauchen E-Zigarette: Gesünder als Tabakzigaretten?

Die elektronische Zigarette ist im Trend, denn sie gilt gerade bei jungen Menschen als gesünder und harmloser als herkömmliche Tabak-Zigaretten. Doch ist das wirklich so? Die Verunsicherung nach Todesfällen von Konsumenten von E-Zigaretten in den USA ist groß, Experten streiten sich über die Schädlichkeit.

Von: Veronika Scheidl

Stand: 19.11.2019

E-Zigarette: Gesünder als Tabakzigaretten? | Bild: BR

2017 nutzten nach Angaben von statista rund 3,7 Millionen Menschen in Deutschland die E-Zigarette. Doch ihre Beliebtheit hat einen Dämpfer bekommen, nachdem vor kurzem in den USA mehr als 40 Menschen an akutem Lungenversagen gestorben und über 2000 an der Lunge erkrankt sind, nachdem sie E-Zigaretten konsumiert hatten. Seither sind die Umsätze in Deutschland spürbar eingebrochen, klagen auch die Inhaber von E-Zigarettenläden in München.

E-Zigaretten: erhöhtes Risiko durch Schwarzmarkt-Produkte?

Das Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, sieht nach den Vorfällen in den USA aber kein erhöhtes Risiko für deutsche Konsumenten, die ihre Produkte im Fachhandel kaufen. Denn nach den bisherigen Erkenntnissen hatten die Opfer aus den USA illegale Schwarzmarkt-Produkte genutzt. Die Liquids, die in der E-Zigarette gedampft werden, waren unter anderem gestreckt mit THC, Ölen und Vitaminen, Stoffe, die nicht zum Inhalieren geeignet sind. Die sind in den Liquids in Deutschland verboten, sagt Elke Pieper, Risikobewerterin für Tabakprodukte vom BfR.

"Vitamin E Acetat wird zum Beispiel häufig zugesetzt, um die Liquids zu strecken oder zu verdünnen. Und dieses Acetat konnte bei einigen Patienten in der Lungenflüssigkeit nachgewiesen werden. Es wird diskutiert, ob der Stoff dafür verantwortlich ist, dass es zu den schweren Lungenerkrankungen kam."

Dr. Elke Pieper, Chemikalien- und Produktsicherheit, Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin

E-Zigarette: Streit über Schädlichkeit  

Wie schädlich die E-Zigaretten sind, darüber wird viel diskutiert. Der Markt an Produkten ist groß, die Geräte und Liquids sehr verschieden. Im Prinzip bestehen E-Zigaretten aus einem Mundstück, dem elektrischen Verdampfer, einem Akkuträger und Akku.

E-Zigarette: Nur vernebelte Liquids?

In die fertig zusammengebaute E-Zigarette wird ein Liquid, also eine Flüssigkeit gefüllt. Das Liquid wird beim Ziehen am Mundstück vernebelt und dann als Dampf inhaliert. Liquids bestehen aus den Vernebelungsmitteln Propylenglykol und Glyzerin, Aromastoffen und aus dem Nervengift Nikotin. Es gibt aber auch nikotinfreie Liquids zu kaufen.

Können krebserregende Stoffe beim Verdampfen entstehen?

Lungenärzte und auch das Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, weisen darauf hin, dass beim Verdampfen neue Stoffe entstehen können.

"Durch das Erhitzen kommt es zu Zersetzungsprodukten, die eingeatmet werden. Darunter können auch krebserregende Stoffe sein wie Formaldehyd und Acetaldehyd. Das hängt aber stark vom Gerät ab oder vom Benutzer. Gerade Geräte mit höherer Leistung und bei denen man die Temperatur erhöhen kann, weisen höhere Risiken auf."

Dr. Elke Pieper, Chemikalien- und Produktsicherheit, Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin  

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, DGP, sieht die E-Zigarette besonders kritisch und warnt davor, dass die Liquids gesundheitliche Risiken bergen können.

"Wenn die Liquids inhaliert werden, dann wird das in kleineren Substanzen, kleinere ultrafeine Partikel verändert. Diese Partikel können bis in die äußersten Bereiche der Lungen vordringen, von da aus in das Gefäßsystem übergehen und dort für Veränderungen sorgen."

Prof. Dr. med. Robert Loddenkemper, Pneumologe, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Berlin

Unsicherheitsfaktor: Aromastoffe in Liquids  

Versuche an Zellkulturen hätten zudem gezeigt, dass auch die Aromastoffe in den Liquids Nebenwirkungen haben können.

"Diese Aromastoffe sind zugelassen für das Essen, als Geschmackstoff. Da sind sie ungefährlich, in der Regel jedenfalls. Aber was sie an der Lunge ausrichten, ist in den meisten Fällen nicht bekannt."

Prof. Dr. med. Robert Loddenkemper, Pneumologe, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Berlin

Auch das BfR weist darauf hin, dass viele Aromastoffe inhalations-toxikologisch nicht untersucht sind. Es seien einige Fälle bekannt, bei denen Aromastoffe wie Zimt, Citrus oder Anis zu Unverträglichkeiten geführt hätten.

E-Zigarette: Erfolg vor allem bei jungen Konsumenten

Besonders bei jungen Menschen kommt die E-Zigarette gut an, vor allem wegen der Aromastoffe in den Liquids.

"Es schmeckt auf jeden Fall viel besser als eine Zigarette. Du hast so richtig viele Liquids mit unterschiedlichen Geschmäckern, es gibt so gut wie alles, von Ananas bis Kaktus-Feige."

Marko aus München.

Vier Jahre lang war er Tabak-Raucher, jetzt ist er komplett auf E-Zigarette umgestiegen. Das sei gesünder, sagt Marko, und er bekomme wieder mehr Luft.

Liquids für E-Zigaretten: Warnung vor eigenen Mischungen

Auch die 22-jährige Studentin Iwona greift seit kurzem zur E-Zigarette. Wie Marko will sie langfristig von Tabakzigaretten wegkommen. Die Studentin mischt sich ihre Liquids zudem oft selbst, das ist etwas günstiger. Das BfR warnt davor, dass gerade Unerfahrene die Liquids besser nicht selbst mischen sollten. Es bestehe die Gefahr, dass verunreinigte und qualitativ schlechte Stoffe verwendet werden, die nicht zum Dampfen geeignet sind.

E-Zigarette: Geeignet zur Rauchentwöhnung?

Kann die E-Zigarette helfen, sich von Tabakzigaretten zu entwöhnen? Während die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie das verneint und zudem warnt, dass E-Zigaretten sogar eher der Einstieg in die Tabak- und Nikotinsucht verursachen können, hat der Suchtforscher Tobias Rüther vom Uniklinikum München positive Erfahrungen gemacht.

"Für manche ist es einfacher, zunächst auf etwas weniger Schädliches umzusteigen, sich aber trotzdem Nikotin durch Inhalieren zuzuführen. Die meisten E-Zigaretten haben ein geringeres Suchtpotenzial, machen also weniger abhängig. Durch den Konsum der E-Zigarette kann man die Sucht verlernen und dann hört man ganz auf."

Dr. med. Tobias Rüther, Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie, Klinikum der Universität München

Werbeverbot für E-Zigaretten

Tobias Rüther sieht den Konsum von E-Zigaretten trotzdem sehr kritisch. Gerade wenn junge Menschen zu ihr greifen.

"Wir müssen höllisch aufpassen, dass das nicht coole, trendige Produkte werden. Drum bin ich für ein starkes Werbeverbot, aber vor allem auch für Prävention. Das heißt, die Leute informieren und ihnen klarmachen, was das für gefährliche Produkte sind und die Verfügbarkeit einschränken."

Dr. med. Tobias Rüther, Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie, Klinikum der Universität München

Dr. Rüther spricht sich zudem aus, E-Zigaretten und Liquids teurer zu machen.


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