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Historische Bergsteiger-Unterkunft auf Bayerns höchstem Berg 125 Jahre Münchner Haus auf der Zugspitze

Das Münchner Haus auf dem Westgipfel der Zugspitze in 2959 Meter Höhe ist Deutschlands höchstgelegene DAV-Hütte und steht zusammen mit dem Wetterturm unter Denkmalschutz. Vor 125 Jahren, am 19. September 1897, wurde das Münchner Haus eröffnet.

Author: Andrea Zinnecker

Published at: 17-9-2022 | Archiv

Das Münchner Haus auf der Zugspitze | Bild: BR; Georg Bayerle

Man kann es sich kaum noch vorstellen, wie es damals aussah, als der Zugspitzgipfel noch nicht rundum verbaut war und nur eine kleine flache Hütte den Gipfel gekrönt hat. Heute wirkt die traditionelle Bergsteiger-Unterkunft eher wie ein Fremdkörper inmitten der High-Tech-Architektur und des ganzen hochalpinen Touristen-Rummels behauptet – noch, denn es gibt Gerüchte, dass die Hütte bald an eine Brauerei verkauft werden soll …

Das Modell des Münchner Hauses

Am Anfang stand ein Streit. Der Bau einer Hütte auf Bayerns höchstem Berg war umstritten, sagt der ehemalige Präsident des Vereins zum Schutz der Bergwelt, Christoph Himmighoffen. "Ökoterroristen", so Himmighoffen, wollten damals Infrastruktur am Berg verhindern und erreichen, dass es keinen Anreiz gab, einen Berg zu besteigen. Doch der Grundstein fürs Münchner Haus wurde 1894 gelegt. In der Folge kam es zu einem Zerwürfnis innerhalb der Sektion München des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins und daraufhin zur Abspaltung und Gründung der Sektion Bayerland, die es immer noch gibt wie auch das Münchner Haus.

Hans-Jörg Barth ist seit bald 40 Jahren Hüttenwirt. Seit fast 100 Jahren wird das Münchner Haus von der Familie Barth bewirtschaftet, ein alpiner Generationenvertrag sozusagen, und kaum einer kennt das Haus, seine Geschichte und den Wandel so gut wie Hans-Jörg Barth - ein Grantler mit Herz und einer, der den Finger in die Wunde legt und das Münchner Haus im Socialmedia-Zeitalter davor bewahrt, zum schnöden Insta-Hotspot inklusive Hochzeitsdestination zu werden. Denn nach wie vor hat das Münchner Haus ab- und jenseits des Turnschuh- und Flipflop-geprägten Tagestourismus seine Bedeutung als hochalpine Unterkunft nicht verloren: für alle, die den Jubiläumsgrat machen wollen, die den langen Anstieg aus dem Reintal heraufgehen oder sich beim Zustieg übers Höllental verkalkulieren und erst am Abend den Gipfel erreichen. An die 1.500 Übernachtungen pro Jahr werden gezählt.

Alter Muli-Sattel für die Güter-Versorgung des Münchner Hauses

Der Alltag ist arbeitsintensiv und das Hüttenwirtsdasein auf dem Münchner Haus kein Zuckerschlecken, aber man ist stolz darauf, so Sepp Kümmerle, der ehemalige Leiter des Museums Werdenfels, dass die Adresse des Münchner Hauses lautet: Hausnummer 1, Partenkirchen. Im Museum sind einige Objekte aus der Anfangszeit zu sehen: Fotos von der Grundsteinlegung, ein Hüttenmodell, das erste originale Hausschild aus Zink und ein alter Muli-Sattel. Mit schwer bepackten Maultieren wurde einst die Versorgung des Hauses mit Lebensmitteln und allen anderen notwenigen Gütern gesichert, der Weg ging durch das Reintal bis aufs Zugspitzplatt, von da aus mussten dann Zweibeiner alles auf den Westgipfel hochtragen.

Ansicht fast wie vor 125 Jahren

Im Münchner Haus findet sich bis heute noch viel originale Substanz, freut sich Hans-Jörg Barth - und kaum einer weiß, dass es sogar noch die erste Unterkunftshütte der Bauarbeiter von 1895 gibt, die heute von der Wirtsfamilie als Depot für Gartenstühle und ruhiger Platz fürs Feierabendbier genutzt wird. 1911 wurde das Münchner Haus um ein Stockwerk mit 20 Schlafplätzen erweitert. Aus dem Jahr 1938 stammen noch die Matratzenschoner im Schlafraum der Wirtsleute, als damals die Flugabwehr auf Deutschlands höchstem Berg Position bezog.

Ahnengalerie der Barths

Dokumente von der Eröffnung am 19. September 1897 besitzt Hans-Jörg Barth übrigens keine mehr, sie wurden nach dem Krieg von den Amerikanern mitgenommen, auch das ist ein Stück Zeitgeschichte. Für museale Nostalgie sorgt die holzgeschindelte Fassade, und so wirkt das Münchner Haus nach 125 Jahren ein wenig aus der Zeit gefallen, wie ein liebenswerter Fremdkörper inmitten kalter High-Tech-Gipfel-Architektur samt infernalischem Overtourism - Klimawandel inklusive, denn erst in jüngster Zeit fühlen sich auch vermehrt Fliegen und Wespen wohl oben im Münchner Haus.


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