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425 Jahre Geschichte und Geschichten Der Straubinger Kalender

Kalender gehören neben der Bibel zu den ersten Druckwerken seit der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert. Der älteste deutsche Heimatkalender ist der Straubinger Kalender. Er erscheint 2021 bereits in der 425. Auflage.

Von: Birgit Fürst

Stand: 25.11.2020 | Archiv

Früher waren Kalender in vielen Haushalten das einzige Buch. Sie dienten als Lesestoff und Notizblock zugleich. Außer den Monatstabellen enthielten sie Geschichten und Erzählungen aus dem Alltag der Menschen. Und sie hatten eine pädagogische Funktion. Kalender sollten vor allem die Landbevölkerung religiös-moralisch erziehen und eine allgemeine Bildung vermitteln. Bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gab es im 18. Jahrhundert eine eigene Kalenderkommission, die sich mit der Qualität der Texte befasste.

Ein Stück bayerische Volkskultur

Um die Inhalte des Straubinger Heimatkalenders kümmert sich heute Dorit Krenn. Sie stellt den Kalender zusammen und ist als Archivarin auch zuständig für die Sammlung ab 1765. Frühere Exemplare des Kalenders gibt es nicht mehr.

"Man hat es auch als Einwickelpapier genommen, als Klopapier. Das ist unser Problem, warum wir so wenige alte Kalender haben. Weil das dann einfach irgendwann wiederverwendet worden ist. Papier war kostbar."

Dr. Dorit Krenn, Leiterin des Straubinger Stadtarchivs

Trächtigkeitskalender und Aderlassmännchen

Die wichtigsten Inhalte des Kalendariums waren das Namenstagsverzeichnis, die Übersicht der Festtage und die Mondphasen. Dazu kamen Markttermine und Uhrzeiten, wann die Stadttore auf- und zugesperrt wurden. Bis heute hat sich der so genannte Trächtigkeitskalender erhalten, der anzeigt, wie lange landwirtschaftliche Nutztiere ihren Nachwuchs austragen.

Das Aderlassmännchen ist aus dem Straubinger Kalender allerdings verschwunden. Es hat den Lesern mit Hilfe astronomischer Zeichen die besten Termine für einen Aderlass genannt. Jahrhundertelang galt dieses Verfahren als Heilmittel bei allen möglichen Krankheiten.

Heimatgeschichten und Mundartgedichte

Das Besondere am Straubinger Kalender sind die vielen Kurzgeschichten und Gedichte aus der Region. Die meisten sind freiwillige Zuschriften aus der Leserschaft. Aber auch junge Autorinnen und - Autoren veröffentlichen ihre Texte in dem Kalender. Von der Straubinger Lyrikerin Verena Ullmann stammt das Gedicht "Blitzschlog":

"D Luft druckts oba. Du hast nix zum sogn.
S braut sie ebs zam. Und i wui ned fragen.
Wird scho wieder wern. Oder ned.
Mogst mi gern. Oder ned.
Segn ma dann.
Geht no lang so dahi. Du und i.
Und sogst du irgendwann:
miaß ma redn.
Isses gwen."

Verena Ullmann


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