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BR Heimat - Habe die Ehre! Dombaumeister Andreas Böhm vom Ulmer Münster

Andreas Böhm | Bild: Andreas Böhm

Donnerstag, 01.04.2021
10:05 bis 12:00 Uhr

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Bei Föhn kann man vom Turm des Ulmer Münsters sogar die Alpen sehen. Es geht auch hoch hinaus: 161,53 Meter ragt er in den Himmel und ist damit noch immer der höchste Kirchturm der Welt. Der aber viel Pflege braucht, wie Dombaumeister Andreas Böhm im Ratsch mit Bettina Ahne erzählt.

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Dass Gebäude immer höher und spektakulärer werden sollen, ist kein neues Phänomen. Schon im 12. Jahrhundert wollten sich die mittelalterlichen Städte gegenseitig überbieten und bauten ihre Kirchen in immer neue Höhen. Außerdem wollten die Baumeister Licht in den Kircheninnenraum bringen. Doch das stellte sie vor Probleme: Denn dicke, tragfähige Mauern sollten durch Glasfenster ersetzt werden - und es sollte eben höher, immer höher werden. Aber der Mensch ist immer auf der Suche nach Lösungen und so entstand mit der Gotik eine neue Architektur: Bögen trugen das Dach, das Gebäude wird zum Skelett. Das Bürgertum kommt zu Wohlstand und will diesen auch zeigen, zum Beispiel in Ulm. Die Kaufleute nahmen mit dem Tuchhandel viel Geld ein. 1377 wurde der Grundstein für das Münster gelegt, die Ulmer Stadtchronik erwähnt nicht ohne Stolz, dass die Bürger ihre Kirche selbst bauen, ohne die Unterstützung von Kirche und Adel. Und so gehen die Ratsherren bei der Grundsteinlegung voran.
Die Rechnungsbücher auf dem Mittelalter zeigen, dass die Steinmetze von überall herkamen und dass die Spezialisten eng vernetzt waren. Die mittelalterlichen Baumeister wussten, was auf der Baustelle in Straßburg geschah - und andersrum.
Bis der Turm allerdings in seiner vollen Höhe über Ulm errichtet war, sollten fast 500 Jahre vergehen. Die reine Bauzeit war nicht ausschlaggebend, es gab wegen politischer Umbrüche eine Pause von 300 Jahren: Ulm wurde 1531 protestantisch und da war so ein großes Kirchengebäude nicht mehr gefragt. Das Geld wurde knapp, die Prioritäten verschoben sich, 1543 kam der Baustopp. Weiter ging’s dann erst 1844 und 1890 war der Turm mit seinen 161,53 Metern fertig. Bei einem verheerenden Luftangriff im Dezember 1944 wurde er glücklicherweise nicht beschädigt.
Ein gotisches Bauwerk ist filigran und macht viel Arbeit. Wind und Wetter setzen dem Sandstein zu, die feinen Wasserspeier und Figuren sind anfällig. Und trotz der luftigen Bauweise hat der Turm ein immenses Gewicht - das im Keller mit Stahlstäben gestützt wird. Andreas Böhm kennt sich hier bestens aus, denn er ist Dombaumeister am Ulmer Münster. In seinem Büro hängen Pläne der Kirche, 4500 Steine sind gelb und blau markiert. Sie müssen beobachtet und ausgetauscht werden. Man sagt, dass es 100 Jahre dauert, bis alle Arbeiten abgeschlossen sind - und dann kommen die nächsten 100 Jahre.
Andreas Böhm wird uns im Ratsch mit Bettina Ahne einen Einblick in seine Arbeit als Dombaumeister geben und uns mitnehmen ins Ulmer Münster - die größte evangelische Kirche Deutschlands mit dem weltweit höchsten Kirchturm. Und über den Ulmer Spatz, der auf dem Dach des Kirchenschiffs sitzt, wird er uns auch was erzählen.