BR Heimat

Bayerisches Feuilleton Auschwitz, Comics, Rock’n’Roll

Samstag, 03.02.2024
08:05 bis 09:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BR Heimat

Auschwitz, Comics, Rock’n’Roll
Das Obszöne und die 1950er Jahre
Von Renate Eichmeier
BR 2024

Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr, Bayern 2
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App bei Bayern 2 und ist als Podcast verfügbar.

Erotikheftchen? Schmutz! Comics? Schund! Rock 'n' Roll? Obszön! In den 1950er Jahren lösen aufkommende Popkultur und erotische Texte tiefsitzende Ängste aus: Vor einer Gefährdung der deutschen Jugend, der deutschen Kultur, ja, der deutschen Nation. Konservative Wertevorstellungen bestimmen das gesellschaftliche Leben der Adenauerzeit, es herrscht restriktive Ordnung, moralischer Mief durchzieht den öffentlichen Raum. Frauen tragen Röcke, Männer Hosen, die Haare sind korrekt gescheitelt. Man verdrängt die Verbrechen der Nazizeit, arbeitet am Wirtschaftswunder, produziert moralische Aufgeregtheiten um Obszönitäten alle Couleur und fordert Verbote.

Einer, der sich vehement dagegen wehrt, ist Ludwig Marcuse, Philosoph, Schriftsteller, Emigrant während der NS-Zeit. Eine absolute Ausnahme. Ansonsten toben angesichts erotischer Anspielungen oder Rock'n'Roll Fieber moralische Entrüstungs-Tsunamis durch die Bundesrepublik. Die ungeheuerlichen Grauen der zeitlich noch sehr nahen NS-Zeit dagegen versinken in den Untiefen gesellschaftlichen Schweigens - und mit ihnen die Frage, ob nicht massenhafter Mord durch SS-Einsatzgruppen obszöner ist als die entblößte Brust von Hildegard Knef im Skandalfilm "Die Sünderin".

Ein Bayerisches Feuilleton von Renate Eichmeier.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.