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BR Heimat - Habe die Ehre! "Vater des Euro" Theo Waigel

Montag, 15.05.2023
10:05 bis 12:00 Uhr

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Theo Waigel kann auf ein bewegtes Politikerleben zurückblicken. Erst kürzlich wurde ihm von der Uni Augsburg die Ehrendoktorwürde verliehen. Der Mittelschwabe und Wahl-Allgäuer ist bei Johannes Hitzelberger zu Gast.

Musikzusammenstellung: Johannes Hitzelberger

11.00 Nachrichten, Wetter, Verkehr

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Für seine außergewöhnlichen wirtschaftspolitischen Leistungen bei der Schaffung der deutschen Wirtschafts- und Währungsunion und der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion wurde dem ehemaligen Bundesfinanzminister, Theo Waigel, von der Universität Augsburg die Ehrendoktorwürde verliehen.
Doch noch ein Thema liegt dem Mittelschwaben und Wahl-Allgäuer am Herzen. Die "Joseph-Bernhart-Gesellschaft". Dr. Theo Waigel ist Protektor und sagt, dass Joseph Bernhart ihm in allen Schwierigkeiten seines Lebens ein "Wegweiser" gewesen sei, ein Mann, der in vielen Situationen und Entscheidungen seines Lebens "mutig geblieben war wie kein Zweiter".

Joseph Bernhart führt ein außerordentliches Leben: 1881 wurde er im mittelschwäbischen Ursberg geboren. 1904 erhält er die Priesterweihe für das Bistum Augsburg, studiert davor katholische Theologie und Philosophie in München. In beiden Fachgebieten brilliert er. 1910 erfolgt die theologische Promotion an der Universität Würzburg über mittelalterliche Mystik (1928 eine weitere in Philosophie).
Die Kaplansjahre, die er in verschiedenen schwäbischen Landpfarreien zubringt, lassen ihn schon bald an seiner Berufung als Seelsorger zweifeln.
Die innere Auseinandersetzung mit der Unterordnung unter kirchliche Autoritäten und Zölibat bringen ihn dazu, "Der Kaplan. Aufzeichnungen aus einem Leben" zu schreiben.
Das prägende Ereignis seines Lebens: Er lernt Elisabeth Nieland kennen und lieben. Seine Bemühung um eine Laisierung bleibt ohne Erfolg, und so entschließt sich das Paar 1913 nach einer schweren Entscheidungsphase, standesamtlich in London zu heiraten. Das Paar lebt ab da in geheimer Ehe in München, bis es 1918 deswegen zu Bernharts Exkommunikation kommt - sie wird erst 1942 aufgehoben.

Von da an ist ihm nur noch die Arbeit als freier Schriftsteller möglich. Er wird u.a. Mitarbeiter der Zeitschrift "Hochland", die ein reformkatholisches Forum bietet und später maßgeblich an der Kritik der NS-Ideologie mitwirkt. Nicht belletristische Werke bilden das Zentrum seines Schaffens; sein Schwerpunkt liegt vielmehr im Bereich der Fachprosa über theologische, philosophische und geschichtliche Themen.
Neben wirtschaftlichen Gründen sind es die befürchteten Nachstellungen der nationalsozialistischen Machthaber, die ihn ein Jahr nach der Machtergreifung dazu bewegen, mit seiner Frau von München nach Türkheim zu ziehen.
Seine Ablehnung der NS-Ideologie mündet in einem radikalen Schreib- und Redeverbot.

Nach dem Krieg entfaltet Joseph Bernhart eine weitreichende Vortragstätigkeit, um Wege einer ehrlichen Aufarbeitung der Vergangenheit aufzuzeigen, sich den entsetzlichen Verbrechen und Greueltaten zu stellen und die Basis für einen geistigen Neuaufbau der Gesellschaft auf christlichem Fundament zu bereiten.
1952 wird er zum Honorarprofessor für Geistesgeschichte des Mittelalters in der Philosophischen Fakultät der Universität München berufen.
Zahlreiche Ehrungen werden ihm zuteil. Viele seiner Werke sind erschienen im Anton H. Konrad Verlag Weißenhorn.

In Türkheim hat die Joseph-Bernhart-Gesellschaft ihren Sitz.
Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Lebenswerk des Schriftstellers Joseph Bernhart zu erhalten. Dazu will der Verein sämtliche literarischen Werke von Joseph Bernhart sammeln, sichten und nach Möglichkeit publizieren.

Der Mittelschwabe und Wahl-Allgäuer Theo Waigel wird im Ratsch mit Johannes Hitzelberger über Leben und Werk des schwäbischen Theologen, Philosophen, Dichters und Kulturhistorikers erzählen. Und natürlich auch aus seinem eigenen bewegten Politikerleben.