Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Welschen Die Frammersbacher Geheimsprache lebt wieder auf

Die Menschen aus Frammersbach haben ihre eigene Geheimsprache: das Welschen. Sie ist Jahrhunderte alt. Vermutlich haben Fuhrleute aus Angst vor Überfällen damit einst ihre Routen verabredet. Die Sprache drohte fast auszusterben. Nun lebt sie wieder auf.

Von: Josef Lindner

Stand: 17.05.2023 | Archiv

Vor 60 Jahren hat Sylvia Ludwig von ihrer Mutter die Geheimsprache gelernt und diese Tradition auch an ihre Tochter weitergegeben. Das Welschen verbindet die beiden und macht auch heute Sinn. So sprechen sie beispielsweise Geschenke ab, ohne dass andere wissen, wovon die Rede ist. Allerdings können nur noch wenige in Frammersbach im Landkreis Main-Spessart welschen. Doch das soll sich ändern.

Lerngruppe Welschen im Wirtshaus

Sylvia Ludwig hat Freunde zusammengetrommelt und ins Wirtshaus geladen. Manche kennen die Geheimsprache durch ihre Großeltern, verstehen tun sie allerdings nichts. Nur Einheimischen erklärt Sylvia Ludwig das Prinzip. Anderen verrät sie nur so viel: "Beim Welschen wird praktisch das Wort zerteilt. Ein Teil wird hinten hingehängt, ein Buchstabe wird verändert, ein Buchstabe wird dazu gehängt. Es ist ein ganz bestimmtes Prinzip, nachdem die Wörter verändert werden. Das heißt, wenn Du einmal dieses Prinzip kennst, dann kannst Du jedes Wort verändern und welschen. Aber es gehört viel Übung dazu." Das Lernen empfinden die Anfänger als Gehirnjogging. Das Buchstabenpuzzle lässt die Köpfe rauchen. Es wird aber auch viel gelacht.

Geheimsprache der Fuhrleute

Bild eines Frammersbacher Fuhrmanns

Der genaue Ursprung der Geheimsprache ist unbekannt, jedoch gibt es eine Spur: Vermutlich reichen die Wurzeln der Geheimsprache auf das späte Mittelalter zurück. Seit 1430 sind Frammersbacher Fuhrleute nachweisbar. Sie lieferten Waren in die Wirtschaftsmetropolen Antwerpen, Augsburg und Frankfurt. Deshalb waren die Fuhrleute immer recht wohlhabend. Ein kleines Museum mitten in Ort erzählt die Geschichte der Fuhrleute. "Sie bildeten aus Angst vor Überfällen Fuhrgemeinschaften", berichtet Burkhard Büdel vom Museumsverein Frammersbach. "Und um ihre teils wertvollen Ladungen abzusichern, haben sie ihre Routen vermutlich in der Geheimsprache verabredet."

Ähnlichkeiten zu anderen Geheimsprachen

Das Welschen wurde bereits von Sprachwissenschaftlern der TU Darmstadt untersucht. Es gibt Ähnlichkeiten zu anderen Geheimsprachen, wie die Schlüsselsprache der Hamburger Hafenarbeiter. Auf der ganzen Welt gibt es Orte, an denen Geheimsprachen existieren. Nur werden diese selten gesprochen. Das soll sich nun in Frammersbach ändern. Sylvia Ludwig hat ein Lied übersetzt. Und so singen ihrer Schülerinnen und Schüler nach der ersten Lehrstunde sogar auf Welsch.

Diese Sendung ist eine Wiederholung vom 17.04.2022.


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