Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Kunstland Bayern Beseelt im Musentempel

"Kirche" - das war einmal ein Synonym für "Kunst". Vom 14. bis hinein ins 18. Jahrhundert waren Kirchen die Orte, an denen die Menschen mit Kunst lebten, Kunst erlebten. Gemeinsam nahmen sie höchste Anstrengungen in Kauf, um riesige Gebäude dafür zu errichten.

Von: Tanja Gronde

Stand: 06.06.2017 | Archiv

Glyptothek München | Bild: picture-alliance/dpa

Im Barock stellte sich die Kunst ein letztes Mal in den spirituellen Dienst. Dann verselbständigte sie sich. Die Aufklärer postulierten eine neue "Kunstreligion". Jetzt wurden der Kunst selbst Tempel errichtet, Musentempel, Museen.

Die Glyptothek in München: Einer der ältesten reinen Museumsbauten Europas. Verzauberung liegt in der Luft, eine eigenartige Mischung aus Distanz und Faszination, Scheu und Freude. Und diese magische Stimmung verbreitet sich in allen 14 Sälen des Museums. Keiner traut sich hier ein Bonbonpapier fallen zu lassen oder gar zu schreien.

"Das unterscheidet es von manchen modernen Bauten, wo man nicht unterscheiden kann ob es ein Kaufhaus ist mit Kunstwerken, dass die kahlen Räume noch einen Eindruck haben. Die Räume haben eine Aura, wie es Kirchen haben. Das muss man sich als Vorbild nehmen, die Fassade, der Rundgang, der erhebt auch jemanden, erhebt jetzt im übertragenen Sinne, jeder spürt das irgendwie."

Raimund Wünsche Ltd. Direktor Staatl. Antikensammlungen a.D.

Kirche und Kunst sind sich in ihrer Botschaft ähnlich, nämlich zu begegnen, zu beseelen, und darin Raum zu geben für Gedanken und Gefühle. Die Museumsbauten wollen genauso wie Kirchen Größe demonstrieren, Platz, Weite.

"Man kann vielleicht sagen dass das Museum die Kirche in einer gewissen Weise beerbt hat. Da ist ja im Zuge einer Säkularisierung unserer Gesellschaft erst die Institution Museum entstanden. Die alte Pinakothek in München ist ja einer der frühesten Musemsbauten die als Museum gebaut wurden und nicht wie der Louvre in Paris Umwandlungen sind von Königspalästen. Die Idee dass man in ein Museum geht, in einer Anstalt in der man kontemplativ Kunst betrachtet  und mit der Hoffnung verbunden ist, dass man daraus etwas lernen kann und erzogen werden kann , wie das Schiller geschrieben hat in seinen ästhetische Briefen. Das ist eine moderne Idee und mit dieser Idee des Museums gibt es sowas wie eine säkulare Form der Lebensorientierung."

Achim Hochdörfer Direktor Museum Brandhorst, München

Ist das Museum tatsächlich ein Ersatz für die Kirche, eine Kathedrale der Neuzeit ? Tatsache ist, dass es gerade von Seiten der Kirchen ein frisches Interesse an neuer Kunst gibt. In der Münchner Paulskirche, nach dem Dom die größte Kirche der Stadt ist am rechten Seitenalter momentan die Installation "Zukunft" aufgebaut. Mehrere Meter lang, sieben Monitore auf Augenhöhe, eingerahmt in schwarzes Tuch. Sieben Jugendliche blicken beinahe unbewegt auf eine Lichtquelle. Sie bewegen sich kaum, weshalb die Videos eher wie Fotographien wirken.

"Ein Blick undefinierbar: Was ist meine  Verantwortung, meine Hoffnung mein Blick nach vorne? An Kunst glauben, das finde ich vom Ausdruck her schwierig. Aber dennoch glaube ich daran dass Kunst die Kraft hat uns etwas vollkommen Neues zu öffnen, insofern glaube ich an die Kraft der Kunst - im weiteren Sinn. Nicht als absolute Wahrheit, sondern als eine Orientierungshilfe, als Anlass um über bestimmte Ansichten und innere Einstellungen nachzudenken."

Ulrich Schäfert, Fachbereichsleiter Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising

Aeternitas - Ewigkeit. Spätestens hier treffen sich Kirche und Museum: Ersonnen für die Menschen, gedacht für die Ewigkeit. Wer sich einlässt, wird berührt sein und begegnet zumindest - sich.


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