Bayern 2 - Zeit für Bayern


8

Bayerische Jugend ohne Grenzen Anbandeleien im internationalen Ferienlager

Die langlebigsten Freundschaften werden oft in der Jugend geschlossen. Umso besser, wenn solche Beziehungen über nationale Grenzen hinausgehen. Gegründet werden sie zum Beispiel in deutsch-französischen Ferienlagern, wie in Wasserburg.

Von: Ulrike Zöller und Ulrich Trebbin

Stand: 09.04.2017 | Archiv

Dass Deutschland und Frankreich ihre Ressentiments nach den Weltkriegen überwinden und wieder Freunde werden konnten, ist dem Idealismus engagierter Menschen beidseits der Grenze zu verdanken. Die kleinen Schritte der Annäherung sind dabei oft wichtiger als die großen politischen Verträge. Es war der Pariser Jesuitenpater Jean du Riveau, der vor 70 Jahren die deutsch-französischen Jugendbegegnungen begründete.

Bonjour Bavière

Aus der Initiative du Riveaus, französische Jugendliche in deutsche Familien und umgekehrt zu vermitteln, entwickelten sich die beiden Schwestervereine "bureau internationale de liaison et de documentation"', BILD, und die "Gesellschaft für übernationale Zusammenarbeit", GÜZ. Sie bieten in mehreren deutschen und französischen Orten Jugendbegegnungen an, unter anderem in Berchtesgaden und in Wasserburg am Bodensee. Autor Ulrich Trebbin war vor 25 Jahren selbst Animateur solcher Begegnungen.

"Die deutschen und französischen Teenager sind den ganzen Tag zusammen. Sie haben Unterricht, treiben Sport, lernen die Gegend bei Schnitzeljagden und Nachtwanderungen kennen, feiern Party und müssen in 6-Bettzimmern miteinander auskommen. Dabei achten die Animateure darauf, dass die Gruppen national immer gemischt sind. So entstehen große Nähe und das Gefühl, zu einer großen Gruppe zu gehören."

Ulrich Trebbin, Autor der Zeit für Bayern

Als vor 70 Jahren der deutsch-französische Jugendaustausch seinen Anfang nahm, bemühte sich gerade ein bayerisches Jugendlager, seine NS-Vergangenheit zu bewältigen.

Jugendsiedlung Hochland

1936 wurde das ehemalige Hochlandlager bei Königsdorf in Oberbayern gegründet. Es diente während der Kriegsjahre als Ausbildungslager der Hitlerjugend. Tausende Kinder und Jugendliche haben dort ihre Ferien verbracht.

"Man muss wissen, dass alle Jugendverbände verboten waren. Wo sind die Jugendlichen hin? Ins Hochlandlager. Da waren sie im Sommer drei Wochen von zu Hause weg. Da gab es gutes Essen. Ein Zeitzeuge hat erzählt, da bekam er sein erstes eigenes Hemd. Da war zwar ein Hakenkreuz drauf, aber es war sein eigenes Hemd."

Josef Birzele, Leiter der heutigen Jugendsiedlung Hochland

"Ich machte eine Radtour mit zwei Freundinnen und wollte meinen Bruder besuchen im Hochlandlager. Und da habe ich eine gruselige Erinnerung. Da war dieser Thingplatz mit einer Bühne, auf der mit großen Lettern stand: Wir sind zum Sterben für Deutschland geboren."

Aglaya von Reininghaus, Zeitzeugin, Jahrgang 1922

Das ehemalige Hochlandlager Königsdorf, das nach dem Krieg als Lager für "displaced persons" genutzt wurde, dient heute wieder als Jugendbegegnungsstätte und als Bildungszentrum. Seine NS-Geschichte ist Teil des eigenen Programms.


8