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Die Bewahrer der Saaten Das Saatgutfestival in Iphofen rettet alte Sorten

Saatgut ist heute ein globales Multi-Milliarden-Geschäft, das sich große Konzerne wie Monsanto, Du Pont oder Syngenta teilen. Sie haben für ihre Saatgut-Sorten, für Mais, Kartoffeln oder das Patent, für das wir alle teuer bezahlen. Doch es gibt eine Gegenbewegung: Die Bewahrer und Hüter alter Saatgutsorten. Sie trafen sich kürzlich im unterfränkischen Iphofen (Lkr. Kitzingen).

Author: Jürgrn Gläser

Published at: 6-3-2016 | Archiv

Die Karl-Knauf-Halle in Iphofen – ein Samstag im Februar. Schon kurz nach 10 am Vormittag drängen sich viele Besucher, und die kommen beileibe nicht nur aus Bayern:

"Wir sind eine Gruppe und wir kommen aus Südtirol. Wir freuen uns sehr, dass wir kommen durften. Denn es ist so, dass wir Saatgutvermehrerinnen sind."

Barbara Keller

Saatgutfestival: In Iphofen treffen sich Bewahrer der Saaten

Saatgutvermehrer: Auch Barbara Keller aus Mainstockheim bei Kitzingen hat vor Jahren so angefangen - mit Zuckermais-Saatgut, das sie in ihrem Garten selber gewonnen hat.

"Und dann kam die Gentechnik und dann ging des nicht mehr und dann war ich ziemlich stinkig und hab' mir gedacht, so geht des nicht. Wir brauchen weiterhin unsere eigenen Saaten und dann hat scich aus dem Widerstand dann auch die öffentliche Arbeit für Saatgut entwickelt."

Barbara Keller

Und so entstand das Saatgutfestival, das es so seit 2011 gibt. Barbara Keller bietet damit den Saatgut-Multis die Stirn:

"Etwa drei Viertel des weltweiten Saatgutmarktes sind in der Hand von zehn großen Konzernen. Die bieten in erster Linie Hybridsaatgut an, weil man das dann immer jedes Jahr bei ihnen neu kaufen muss. Wir suchen die alten Sorten, weil sie geschmackvoller sind, weil sie einfach auch im Garten besser reinpassen. Wir finden die sind das Saatgut der Zukunft."

Barbara Keller.

Dieses "WIR-Gefühl" eint die Saatgutvermehrer und -bewahrer. Einer von ihnen ist der Öko-Gärtner Veit Plitz aus Schwarzach im Landkreis Kitzingen. Seit Jahren sammelt er alte Tomatensorten. 350 verschiedene sind es bis heute. Kunden und Kollegen schicken ihm Samen – sogar aus Lettland.

"Es gibt zum Beispiel die Berner Rose, damit hat es angefangen bei uns, das ist eine Fleischtomate , die zergeht wie Butter auf der Zunge."

Veit Piltz

Viele der alten Tomatensorten gelangten mit Auswanderern einst nach Amerika – und von dort kommen sie heute zurück:

"Die Menschen konnten damals nicht viel mitnehmen und deswegen haben sie ihre Familiensorte - und früher wurde alles selber vermehrt - mitgenommen und in Hutkrempen oder Rocksäume eingenäht und die kommen jetzt wieder als .German Gold zu uns zurück."

Veit Plitz.

Beim Saatgutfestival in Iphofen findet man neben Veit Plitz auch den Stand von Arche Noah aus Niederösterreich, gegründet vor 25 Jahren. Heute ist Mara Müller stolz auf 13.000 Mitglieder weltweit:

"Wir erhalten Saatgut, alte Sorten. Die Arche Noah ist eine Erhalterorganisation. Wir haben in Schiltern eine Genbank mit etwa 6.000 Sorten, bzw. Herkünften, wobei das eine Obstsammlung umfasst, Gemüse, Nutzpflanzen und Kartoffeln."

Mara Müller.

Wer Mitglied ist, teilt sein Saatgut mit Arche Noah. So wird die Vielfalt erhalten. Ein paar Meter weiter findet sich der Stand von  Frank Schellhorn aus Südthüringen. Er ist  Pomologe, ein Bewahrer alter Apfelsorten: Gold-Parmäne, Grüner Stettiner – über 100 Sorten präsentiert er auf einer langen Tafel. Es sind Namen, die ein Supermarkt-Kunde niemals zu Gesicht bekommt:

"Hier haben wir einen Apfel von der Krim: Kandil Sinap. Das ist auch ne Sorte, die hier bei uns überraschenderweise sehr gut ankommt. Ich habe meine Wiesen in 400 Metern Höhe, und Kandil Sinap, die eine wärmeliebende Sorte ist, hat keine Schwierigkeiten damit, keine Schorfanfälligkeit, ist was, das aus meiner Sicht eine Zukunft hat, klimawandelmäßig, irgendwie kann die damit, die Sorte."

Frank Schellhorn aus Südthüringen

Und so ist dieses Saatgutfestival in Iphofen ein großer Marktplatz für Menschen, die sich anders und bewusst ernähren wollen. Die in ihrem Garten Paprika, Erbsen, Tomaten, Salat, oder Rettich selber anbauen und ihr eigenes Saatgut gewinnen wollen. Ist diese Entwicklung nicht ermutigend? Wächst da nicht eine Gegenbewegung zu Konzernen, wie Monsanto und Co?

Mara Müller von Arche Noah antwortet eher zögerlich, denn in den letzten hundert Jahren sind schon 70 Prozent der Sortenvielfalt verloren gegangen ist.

Barbara Keller, die Initiatorin des Saatgutfestival, ist zuversichtlicher. Als bei ihr im Landkreis Kitzingen im Jahr 2008 versuchsweise Genmais angebaut wurde, war sie alarmiert. Heute ist sie Monsanto dafür schon beinahe dankbar - aus einem einfachen Grund.

"Denn wenn die uns diesen Impuls nicht gegeben hätten, dann wären wir vielleicht nicht so aktiv geworden, wie wir jetzt sind und hätten uns vielleicht auch nicht so zusammengeschlossen."

Barbara Keller

Wenn Sie einmal selber im unterfränkischen Iphofen im Landkreis Kitzingen sind, dann empfehlen wir Ihnen den Ausflug ins wenige Kilometer entfernte Markt Herrnsheim. Dort führt ein Streuobst-Erlebnisweg rund um das ganze Dorf. Und da lernen auch Kinder, warum die Bienenkörbe zwischen den Streuobstbäumen so wichtig sind und woher ein gesunder Apfel kommt.


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