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Pro und Contra Autobahnen privat finanzieren?

Bund und Länder sind sich einig, dass eine zentrale Gesellschaft künftig Deutschlands Fernstraßen finanzieren, planen und bauen soll. Der Finanzminister Wolfgang Schäuble setzt dabei stark auf private Investoren - ist das sinnvoll? Zwei Meinungen

Von: Rigobert Kaiser und Felix Lincke

Stand: 15.11.2016

Symbolbild: Autobahnschild "zu verkaufen" | Bild: picture-alliance/dpa

Zwei Meinungen zur Autobahnfinanzierung

Pro - Der Staat ist lästige Verpflichtungen los

Privat finanzierte Autobahnen werden schneller und effektiver gebaut. Die öffentliche Verwaltung wird entlastet und der Staatssäckel zunächst geschont. Diese Vorteile lassen sich an der ersten privat gebauten deutschen Autobahn erkennen, der A8 zwischen München und Ulm. Da die Unternehmen auch für Erhalt und Ausbau zuständig sind, bekommen sie 30 Jahre lang die Einnahmen aus LKW-Maut. Der Bund bleibt Eigentümer, ist aber viele Verpflichtungen los. So lange die Eigentümer-Frage zugunsten der öffentlichen Hand geklärt ist, ist gegen eine private Finanzierung nichts einzuwenden. Doch der clevere Bundesfinanzminister Schäuble verfolgt mit seinen neuesten Überlegungen noch andere Ziele. Er will die angeschlagene Finanzbranche retten. Schäuble ist der große Profiteur der ultralockeren Geldpolitik der EZB. Er spart Jahr für Jahr Zinsen in zweistelliger Milliardenhöhe, während gleichzeitig viele Banken und Versicherungen ihre hohen Versprechen aus der Vergangenheit auf Dauer nicht erfüllen können. Millionen von Bürgern bekommen keine Zinsen mehr auf ihre Sparguthaben, ihre Lebens- und Rentenversicherungen werden unrentabel. Die Altersvorsorgen ganzer Generationen sind in Gefahr. Das hat Schäuble richtig erkannt: Wenn er nicht für künftige Pleiten verantwortlich gemacht werden will, muss er etwas von seinen hohen Einsparungen zurückgeben. Weil er an seiner geliebten "Schwarzen Null" im Staatshaushalt festhalten will, kommen für ihn Steuersenkungen nicht in Frage. Also leitet er künftige Einnahmen aus der LKW-Maut um.  Das ist clever – und für die Bürger besser als nichts! (Von Rigobert Kaiser)

Contra - Nicht lanfristige staatliche Einnahmequellen an Großanleger abgeben

Ausgerechnet die Autobahnen, mit denen der Staat seit Einführung der LKW-Maut gutes Geld verdient, will der Bundesfinanzminister an Investoren abgeben. Den weitgehend unprofitablen Rest des Straßennetzes würden Bund, Länder und Gemeinden behalten. Das macht aus Sicht der Eigentümer, also der Allgemeinheit, der Bürger absolut keinen Sinn. Dass Investoren wie Banken und Versicherer sich für die Filetstücke von Wolfgang Schäubles Verkehrsinfrastruktur interessieren, kann man aus deren Sicht verstehen. Die Investoren müssen mit Renditen von mehreren Prozent kalkulieren, damit der Deal sich für sie lohnt. Der Staat könnte es sich dagegen locker leisten, die Autofahrer weiter zum Nulltarif fahren zu lassen. Er muss ja auf absehbare Zeit keine Zinsen zahlen. Im Gegenteil: die negativen Einlagezinsen der Europäischen Zentralbank und deren Anleihekäufe sorgen sogar für negative Zinsen, wenn der Staat Schulden macht. Schäuble sollte diese ungemein günstige Situation ausnutzen für langfristige Investitionen wie in Straßen, Schulen oder Universitäten. Wann wird ein Bundesfinanzminister je wieder die Gelegenheit bekommen, zum Nulltarif für die Zukunft vor zu sorgen? Daraus könnte Schäuble wirklich etwas machen. Stattdessen will er die langfristigen Gewinne des Staates ein paar gierigen Großanlegern in den Rachen werfen. Und die könnten dann auch noch die Autofahrer abkassieren. Das muss nun wirklich nicht sein und ist Finanzpolitik von vorgestern. (Von Felix Lincke)


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