Bayern 2 - radioWelt


1

Ende der Welt - Die tägliche Glosse Wählen und quälen

Österreichs Sozialdemokraten sind dabei, sich selbst zu zerrütten: parteiinterner Streit, Umfragewerte im freien Fall, und dann diese Panne beim Parteitag: Der frisch gewählte Parteichef war, äh, also: der andere. Eine Glosse von Gregor Hoppe.

Von: Gregor Hoppe

Stand: 07.06.2023

Wählen scheint immer schwieriger zu werden. Vor allem in der Politik. Das hängt damit zusammen, dass es Wahlsysteme gibt – etwa in den USA – wo die Kandidatin verlieren kann, die, auf die Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen bezogen, mehr Ja-Stimmen bekommt als der gegnerische Kandidat. So war das bei Hilary Clinton gegen Donald Trump. Von der Wahl zwischen Al Gore und George W. Bush junior zu schweigen. 

Seit neuerer Zeit kommt hinzu: Wer wissen will, was wirklich geschah an den Urnen, muss aus dem Ergebnis das Eingreifen ganzer Hackerarmeen rausrechnen – und wer kann das schon leisten, wo doch nicht einmal klar ist, wo die Hacker sitzen, oder für wen oder was sie sich einsetzen? Und darüber hinaus sind vielleicht auch Hacker, wenn sie noch Menschen sind, und nicht schon Automatikintelligenzeinheiten, auch nicht frei von Fehlern. Genauso wenig wie die Spezialkräfte, die die AI einst mit Daten gefüttert haben.

Verglichen hiermit standen die österreichischen Sozialdemokraten auf ihrem Parteitag in Linz am vergangenen Samstag vor einer übersichtlichen Aufgabe. Zur Wahl für den SPÖ-Parteivorsitz traten an: der SPÖ-Chef im Burgenland und der Bürgermeister von Traiskirchen in Niederösterreich. Der Burgenländer, so schien es zunächst, gewann.

Aber als man auf die Suche ging nach fehlenden Stimmen, also vielleicht ungültigen, bemerkte die Wahlkommission, dass die Stimmen ZITAT „verkehrt zugeordnet“ worden waren. Und zwar beim Übertragen der Stimmen in eine Excel-Tabelle. Das ist aber auch nicht einfach. Viele durchschnittlich intelligente Menschen können das auch nicht!

War es wieder eine b´soff´ne G´schicht?

Oder war es wieder eine b´soff´ne G´schicht? Wie damals, als der Innen- und Verfassungsminister von der FPÖ die Alpenrepublik auf Ibiza an eine vermeintliche Oligarchennichte verscheppern wollte? Keineswegs. Natürlich ist es auch von den österreichischen Sozialdemokraten zu verlangen, dass sie ein innerparteiliches Wahlergebnis von 317 zu 280 bei 5 Ungültigen auszuzählen in der Lage sind. Aber dass der Verlierer erstmal wie der Sieger dasteht, an sowas haben sich unverdrossene Beobachter der Weltpolitik seit Längerem schon gewöhnt.

Immer wichtiger wird es dagegen, sicher zu wissen, wer man selbst ist. Denn das Internet fordert uns Menschen, und das ganz ohne Excel, doch mehrmals täglich auf, „kurz zu bestätigen, dass Sie es sind“. Darauf möchte man doch vorbereitet sein.   


1