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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Nie aufgeben – oder warum scheitern blöd ist

Von Samuel Beckett stammt: "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." Aber wie blöd ist das denn? Was soll denn besser sein, wenn man bspw. zum 27. Mal scheitert. Wie ein Chinese, der mit 56 Jahren immer noch versucht die Hochschul-Aufnahmeprüfung zu bestehen. Markus Söder ist da viel weiser. Er hat einmal versucht Kanzler zu werden und hat es nicht geschafft. Ein zweites Mal will er es nicht versuchen, denn wie sollte er auch besser scheitern als Armin Laschet? Eine Glosse von Astrid Himberger.

Von: Astrid Himberger

Stand: 09.06.2023

Ich traf letztens eine alte Freundin. Zwei Kinder, trotzdem schlank, guter Job, einen liebevollen Mann, ein breites Lächeln im Gesicht, erzählte sie mir, dass sie jetzt regelmäßig ins Sportstudio gehe um sich fit zu halten. Schön für sie dachte ich mir! Ich dagegen ärgerte mich gerade darüber, dass ich auch diese Woche wieder nicht joggen war, wie die letzten 2,3, 17 - 35 Wochen auch.

Sie dagegen strahlte mich an, sagte, das macht doch nichts und zitierte Samuel Beckett: ZITAT „Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.“ Und da sehen wir doch, dass auch große Schriftsteller sich irren. Denn was um Himmels Willen soll denn „besser scheitern“ sein? Das ist doch genauso sinnlos wie statt „hinfallen“ „besser hinfallen“ oder statt „versagen“ „hey heute hast du viel besser versagt als gestern, Glückwunsch“. Toll wir sind stolz auf dich.

Sind wir doch mal ehrlich scheitern ist blöd. Und schon sind wir bei der EU. Deren regelmäßiges Scheitern beispielsweise in der Migrationspolitik macht es nicht mit jedem Mal besser, sondern nur trauriger. Oder fragen Sie mal die bayerische SPD, die scheitert seit Jahrzehnten mit dem Versuch in Bayern gewählt zu werden – und freut die sich jedes Mal, wenn sie wieder nicht gewählt wurde? Und die Liste könnte noch länger sein: Digitalisierung, Bildungspolitik, Verkehrswende – alles Themen, bei denen die Politik scheitert und das macht gar nichts besser.

Apropos Scheitern

Aber vielleicht geht es ja weniger um das „besser scheitern“ – sondern eher um das immer wieder versuchen. Da gibt es ja durchaus unermüdliche Charakter und Parteien – siehe die SPD in Bayern. In China wiederum hat gerade ein 56jähriger Man zum 27. Mal an der Hochschul-Aufnahmeprüfung teilgenommen. Den ersten Versuch hatte er mit 16 unternommen. Das nenne ich echt wieder versuchen und sehr oft scheitern – ob da allerdings, dass 4. Mal Scheitern besser war, als das 3. Mal oder das 21. Mal besser als der 20. Mal? Wer weiß.

Apropos Scheitern. Nachdem Markus Söder ja versucht hat Bundeskanzler zu werden und da an Armin Laschet gescheitert ist und der wiederum an Olaf Scholz, hat Söder ja letztens behauptet es als Bundeskanzler nicht nochmal versuchen zu wollen. Vermutlich hat sich Söder auch gedacht, wie kann man als Kanzlerkandidat der Union besser scheitern als Armin Laschet. Gut, dass wird vermutlich Friedrich Merz herausfinden dürfen, denn der ist schon an vielen gescheitert – an Angela Merkel, dem 21. Jahrhundert - aber noch nie am Kanzleramt.

Aber zurück ins Hier und Jetzt und der Überlegung, ob ich das mit dem Joggen doch nochmal versuchen sollte. Vielleicht ziehe ich mir einfach meine Turnschuhe schon mal an. Und wenn ich dann am Ende doch auf dem Sofa sitzen bleiben, kann ich tatsächlich sagen, ich bin dieses Mal besser gescheitert – nämlich in Turnschuhen statt in Hausschuhen. 


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