Bayern 2 - radioWelt


1

Ende der Welt - Die tägliche Glosse Alle brauchen Geld

Alle Herrscher dieser Welt brauchen eins - und das ist Geld. Die Frage ist nur, wo das Geld herkommen soll. Der 21. Dezember ist für dieses herrschaftliche Beschaffungs-Problem ein wesentliches Datum. Dafür gibt es zwei Gründe. Eine Glosse von Severin Groebner.

Von: Severin Groebner

Stand: 21.12.2023

Alle Herrscher dieser Welt brauchen eins - und das ist Geld. Die Frage ist nur, wo das Geld herkommen soll. Und für dieses herrschaftliche Beschaffungs-Problem ist der 21. Dezember - also heute - ein wesentliches Datum. Aus zwei Gründen.

Der erste führt uns ins schöne Italien. Wer dort unterwegs ist und plötzlich Druck auf der Blase verspürt, wird Ausschau halten nach öffentlichen Toiletten oder „Vespasiani“ wie sie auf italienisch heißen. Benannt nach Kaiser Vespasian, der - um seine klamme Finanzlage zu lindern - auf die Idee kam, die - seinerzeit zur Ledererzeugung überall in Rom aufgestellten - Urin-Sammel-Behälter zu besteuern. Frei nach dem Motto: Jeder muss mal müssen. Und dieser Vespasian trat sein Amt als Kaiser, Imperator und Erfinder des Klo-Schillings im Jahr 69 nach Beginn unserer Zeitrechnung an. Und zwar am 21. Dezember.

Und der zweite Grund ist der österreichische Herzog Leopold, mit der Ordnungsnummer Fünf, der begnete seiner schlechten Haushaltslage am selben Tag, nur 1123 Jahre später, mit etwas brachialeren Methoden. Er lies nämlich am 21. Dezember 1191, den vom Kreuzzug auf dem Heimweg befindlichen englischen König Richard Löwenherz fest setzen. Und „Festsetzen“ ist ein schönes altes deutsches Wort für „Kidnappen“.

Und mit so einem in der Burg Dürnstein an der schönen, blauen Donau eingesperrten König lässt sich gut Lösegeld erpressen. Geld, das wiederum Löwenherz’ Bruder Prinz John aus der englischen Bevölkerung heraus holen musste. Wodurch es zu Aufständen kam, in deren Folge der Legende nach ein gewisser „Robin Hood“ sein Finanzunwesen betrieben haben soll.  

„Pecunia non olet“ - Geld stinkt nicht

Ohne österreichische Herzöge also kein Kevin Costner in Strumpfhosen. Aber die wahre Innovation von Leopold V. war nicht ein Bogenschütze mit Umverteilungsagenden, sondern die Idee, nicht nur die heimische Bevölkerung zur Kasse zu bitten, sondern auch den Durchreisenden mit sanftem Druck um seine Habseligkeiten zu erleichtern. So darf man diesen Herzog aus dem Lieblingsnachbarland der Bayern wohl mit Fug und Recht als Stammvater der Vignette - aber auch der gesamten österreichischen Tourismusindustrie betrachten.

Wer also demnächst am Weg zum Wintersportort auf einer Autobahnraststätte seinen Obolus entrichtet, um schnell seinem natürlichen Bedürfnis nach gehen zu können, möge daran denken, dass er gerade dabei ist gleich zwei großen Herrschern - im wahrsten Sinn des Wortes - Tribut zu zollen, in dem er sein „Geschäft verrichtet“.

Denn wie erklärte Vespasian seinem Sohn Titus die neue Abgabe so schön: „Pecunia non olet“ - Geld stinkt nicht.


1