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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Affenhochzeit

Sie wollen jemandem was Gutes tun? Oder gar sich selbst? Vielleicht sogar heiraten? Und haben noch keine Location dafür? Aber es soll was ganz Besonderes sein für den allerschönsten Tag im Leben? Auf nach Osnabrück! Eine Glosse von Ralf Thume.

Von: Ralf Thume

Stand: 05.06.2023

Was schenkt man jemandem, der schon alles hat, aber trotzdem was braucht – kein Ding, nicht noch irgendein Trumm, keine materielle Zuwendung, aber halt was mit Gefühl, weil’s mitmenschlich vielleicht grad nicht so läuft? Vielleicht mal was Fastmenschliches. Was Tierisches. Aber Vorsicht: nicht gleich mit einem Tier ins Haus fallen! Prüfe, bevor du jemanden ewig bindest an Hund oder Katz oder auch nur ein paar Jahre lang ans Hamsterrad.

Wie wär’s stattdessen mit einem Rendezvous beim Lieblingstier – mit einem Tête-à-tête im Zoo? Der Münchner Tierpark bietet so was an. Da kann man sich zum Beispiel von Lamas über die Schulter spucken lassen, toi, toi, toi, oder bewundernd aufschauen zu den Giraffen. Dann rücken sich die Perspektiven zurecht und die Welt sieht gleich wieder ganz anders aus.

Das ist so verführerisch, dass man dann doch am liebsten sofort einen Schritt weiter ginge. Übers Rendezvous hinaus. Auf die Idee ist man in Osnabrück gekommen. Der Zoo dort hat jetzt Trauungen im Affenhaus im Angebot. Bei den Schimpansen. Bei – nicht mit! Ein Zimmer richtet man dafür eigens ein vor der Scheibe. Tierschützer heulen auf. Sehen unsere engsten Verwandten zu einer lebendigen Kulisse herunterzeremoniert.

Manchem Pärchen ist solche Verwandtschaft doch bestimmt viel lieber als die eigene Sippschaft

Ja, aber vielleicht war’s ganz anders gemeint. Denn zumindest aus allzu menschlicher Sicht spricht einiges für die Affenhochzeit: Manchem Pärchen ist solche Verwandtschaft doch bestimmt viel lieber als die eigene Sippschaft. Und wenn man beim Catering mit einem Ameisenhaufen und ein paar Bananen davonkommt, bleibt bestimmt was übrig für die Hochzeitsreise in die Serengeti.

Keine Frage, natürlich leiden Menschenaffen unter Gefangenschaft. Genauso, wie ein Mensch darunter leidet, leiden würde, wenn er oder sie zum Beispiel die Falsche oder den Falschen heiraten würde. Also schadet vor dem Ja-und-Amen-Wort ein letzter Blick durch die hoffentlich auch etwas reflektierende Scheibe unter Umständen gar nicht. Ist das nicht auch ein Blick in die eigene Zukunft? Will man das wirklich? Warum blecken die Trauungszeugen so die Zähne? Die lachen uns doch nicht aus? Wer ist da überhaupt jenseits und wer diesseits der Scheibe? Ist die Ehe die artgerechte Haltung für den Menschen? Erkenne dich selbst. Mach dich nicht zum Affen. Schimpansen sind übrigens streng polygam.


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