Bayern 2 - radioTexte


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Gestatten: "Dottienz!" Stefano Massini im Rausch neuer Worte

Nach dem Motto, Sprache sei wie Lava und darum in ständiger Bewegung, hatte Stefano Massini keine Scheu vor einem bizarren und wunderbar unterhaltsamen Buch der Wortneuschöpfungen, inspiriert von bekannten historischen Persönlichkeiten - von Dorothy Parker bis Leonardo da Vinci. Lesung mit Thomas Loibl

Von: Kirsten Böttcher

Stand: 18.11.2020 | Archiv

Der italienische Autor und Theaterregisseur Stefano Massini, fotografiert von Serena Fornari | Bild: Serena Fornari / Hanser Verlag

"Die Wörter werden von den Menschen auf der Straße erfunden, nicht von Akademikern an einer Universität. Die Verfasser von Wörterbüchern fangen sie viel zu spät ein und balsamieren sie in einer alphabetischen Reihenfolge ein, wenn der wahre Grund ihrer Entstehung in vielen Fällen bereits verloren gegangen ist."

Gabriel García Márquez

Es lässt sich nicht leugnen, dass Stefano Massini ein Akademiker ist, schließlich studierte er Altphilologie in Florenz. Doch sein "neues Buch der fehlenden Wörter" ist dann doch eher unorthodox und gar nicht wissenschaftlich: Massini ließ sich von mehr oder minder berühmten Persönlichkeiten der Geschichte inspirieren, um der Welt neue Wortkreationen zu präsentieren. Ein Beispiel vielleicht?

"Dottienz, Subs., die, gebildet nach dem Spitznamen „Dottie“ der Kritikerin Dorothy Parker. Bezeichnet den überwältigenden Vorteil eines Menschen, der jede Art Drama, Unglück oder Vorurteil in eine komische Szene verwandeln kann und somit immer triumphiert."

(Stefano Massini)

Dorothy Parkers "teuflischste Feder von New York" war für Stefano Massini ein großer Quell der Inspiration. Seine Neuschöpfung: "Dottienz".

Ein Kapitel des Buches hat der Theaterregisseur und Autor der „teuflischsten Feder von New York“ gewidmet, Dorothy Parker, für ihn eine einzigartige Inspirationsquelle: „Jedes Mal, wenn ich auf ein Vorurteil stoße, denke ich, dass Dottie da sein müsste, um es zu vernichten. Ihr Humor war eine ätzende Säure, die jede Voreingenommenheit zersetzen konnte“, schreibt er. In wunderbar szenischen Anekdoten taucht Massini ab in die Lebenswelt von „Dottie“ und weiterer (todes-)mutiger Frauen, um letztlich die „Dottienz“ aus der Taufe zu heben.

Von A wie Annonayiker bis Z wie Zeissiteur

"Ich habe ein bizarres Buch geschrieben. Wahrscheinlich das seltsamste Buch, das ich je geschrieben habe. Das Buch der fehlenden Wörter, das verrät bereits der Titel, enthält Begriffe, die nicht existieren: Attachose, Caransebisch, Mapuchieren, Nasinieren. Diese Begriffe sucht man vergeblich in den Wörterbüchern, weil ich sie erfunden habe! Diese Wortschöpfungen verdanke ich realen Personen und Orten. Meine Idee war, Wörter, die uns nützlich sein könnten, aus den Geschichten von Personen herzuleiten, die es tatsächlich gegeben hat." (Stefano Massini)

Wussten Sie von Leonardos Liebe zur Kochkunst? Stefano Massini erzählt mehr dazu.

Vom Fahrradfahren in der Antarktis bis zu Leonardo Da Vincis geheimer Leidenschaft fürs Kochen – Stefano Massini erzählt ebenso wahre wie verblüffende Geschichten zu Gefühlslagen, die jeder kennt, für die es aber (noch) keine Namen gibt. Kennen Sie das Gefühl, dem Ziel seiner Wünsche ganz nahe zu sein und es trotzdem zu verpassen? Für diese zweizeilige Erklärung gibt es jetzt, Massini sei Dank - einen Begriff: ‚Birismus‘ - nach dem verkannten Erfinder des Kugelschreibers László Biró, dessen unglückliche Geschichte Stefano Massini erzählt. Sein „Buch der fehlenden Wörter“ ist eine erkenntnisreiche, kreative und sehr unterhaltsame Reise durch Raum und Zeit, die uns unsere Sprache und Geschichte mit neuen Augen sehen lässt!

Stefano Massini, 1975 in Florenz geboren, ist ein italienischer Romanautor, Essayist und Dramatiker. Seine Werke, u.a. sein erfolgreiches Stück "Lehman Brothers. Aufstieg und Fall einer Dynastie", wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und international von renommierten Regisseuren aufgeführt. Für seinen Roman "Qualcosa sui Lehman" (Mondadori 2016) wurde er mit dem Premio Selezione Campiello, dem Premio Super Mondello, dem Premio De Sica, dem Prix Médicis Essai sowie dem Prix Meilleur Livre Étranger ausgezeichnet. Bei Hanser erschien zuletzt "Das Buch der fehlenden Wörter".

Wortkreativwelten mit Stefano Massini

Lesung mit Thomas Loibl am 8. Dezember um kurz nach 21.00 Uhr in den radioTexten am Dienstag auf Bayern2

"Das Buch der fehlenden Wörter", aus dem Italienischen von Annette Kopetzki, mit Illustrationen von Magda Wel, ist bei Hanser erschienen.

Moderation und Redaktion: Antonio Pellegrino

Unsere Lesungen können Sie immer und überall nachhören: auf dieser Seite im Stream, als Download im Podcast-Center des Bayerischen Rundfunks und überall, wo es Podcasts gibt.


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