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Mathias Tretter Spielfreudiger Gesellschaftskritiker

Einst zählte der gebürtige Würzburger gemeinsam mit seinen Kollegen vom "Ersten Deutschen Zwangsensemble" zu den jungen Wilden des Kabaretts. Zahlreiche Auszeichnungen später gehört Mathias Tretter zu den etablierten Kräften auf den deutschen Bühnen. In seinem aktuellen Soloprogramm "Selfie" geißelt er den allgegenwärtigen Zwang zur Selbstinszenierung in der digitalen Welt – um sich daraufhin, nach dem Inhalt befragt, selbst angemessen zu inszenieren: "Le Cabaret c'est moi!"

Stand: 13.06.2016

Pressefoto zu "Selfie" | Bild: Julia Kobalz

Kritisch mit den neuen Medien

Ohne das Internet und die sozialen Medien geht es heute einfach nicht mehr. Auch der Kabarettist Mathias Tretter braucht eine Website, um sich in der schönen neuen digitalen Welt behaupten zu können. Anders als viele seiner Zeitgenossen aber setzt er sich kritisch mit den neuen Medien auseinander. Mathias Tretter weiß um die demokratisierende Kraft des Internets und um die Gefährdung unserer Privatsphäre.

Kabarettist des Digitalzeitalters

Während sich Mathias Tretter in seinem Programm "Staatsfeind Nr. 11" (2008) noch um die politische Zukunft der Bundesrepublik sorgt, beobachtet er mittlerweile den kollektiven Hang zur virtuellen Selbstoptimierung sehr genau und distanziert sich in seinem letzten Programm "Mathias Tretter möchte nicht dein Freund sein" (2011) dezidiert von der inflationären Zunahme virtueller Bekanntschaften. So fürchtet er um unsere Privatsphäre in den digitalen Weiten des Internets. Auch sein aktuelles Solo "Selfie" (2014) ist ein Kabarettprogramm, das wie die Faust aufs Auge des Digital-Zeitalters zielt. Darin führt er seinen satirischen Feldzug gegen die Selbstinszenierung fort und geißelt den allgegenwärtigen Zwang zur hemmungslosen Ich-Darstellung.

"Politik, Wirtschaft, Medien, Kultur, aber auch das Private sind zunehmend Schauplatz der schamlosen Überhöhung des eigenen Ichs. Selbst Systemadministratorinnen und Kindergärtner präsentieren heute Lebensläufe und Hobbys, wie man sie vormals aus der Gala kannte. Dazu werden Selbstporträts ins Netz gestellt, die Kate Moss und George Clooney aussehen lassen wie fränkische Jugendherbergseltern."

Mathias Tretter

Die Laufbahn des "jungen Wilden"

Mathias Tretters analoge Laufbahn als Kabarettist beginnt in seiner Heimatstadt Würzburg. Als Pflege-Zivi beim Arbeiter-Samariter-Bund schreibt er seine ersten satirischen Texte. Während seines Studiums in Würzburg, Heidelberg und Edinburgh verfasst er neben Seminararbeiten in Germanistik und Anglistik Kabarett-Nummern, die er in der Würzburger Comedy Lounge erstmals präsentiert. Nach seinem Uni-Abschluss nimmt die Kabarett-Karriere richtig Fahrt auf: "Die Brille zur Macht" (2003), sein erstes Bühnenprogramm, betrachtet die Welt durch die Augen des biestigen Gefängnisbibliothekars Lorenz Lauer. Ein Jahr später konstatiert Mathias Tretter das "endgültige Scheitern der sozialen Integration".

Vollzeit-Kabarettist

Er ist nun Vollzeit-Kabarettist und mittlerweile als Wahl-Leipziger auch Vollzeit-Ostdeutscher. Im WM-Sommer 2006 betätigt sich Mathias Tretter als Spielverderber: Anstatt eines Sommermärchens präsentiert er den Zuschauern sein zweites Programm "Deutschland – ein Gummibärchen". In "Nachgetrettert" blickt er außerdem durch die satirische Brille auf den jeweils vergangenen Monat zurück – bitterböse Seitenhiebe auf die kleinen und großen Unzulänglichkeiten im politischen Berlin. 2008 erhält Mathias Tretter als "Senkrechtstarter" den Bayerischen Kabarettpreis Mittlerweile tourt er mit seinem fünften Solprogramm quer durch die Republik.

Erstes Deutsches Zwangsensemble

Nebenbei nimmt sich Mathias Tretter Zeit für das "Erste Deutsche Zwangsensemble" – eine Art Task Force des jungen deutschen Kabaretts. Gemeinsam mit Claus von Wagner und Philipp Weber sagt Mathias Tretter den "Nachwuchsdampfplauderern" den Kampf an. Die drei sind dabei nach eigener Aussage "zynisch im Blick auf die Welt, kompromisslos in der Wahl der Mittel und einsam im Kampf um das Wahre". Für seine "raffinierte Form des Ensemble-Kabaretts" und seine "ungebremste Spielfreude" erhält das Trio unter anderem  2010 den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte "Kabarett".

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