Bayern 2 - Gedanken zum Tag


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Johanna Haberer Gedanken zur Osterzeit

Das Leben nach dem Tod, von dem an Ostern die Rede ist, ist eine Glaubenssache.

Stand: 05.04.2024

Gedanken zur Osterzeit | Bild: BR

05 April

Freitag, 05. April 2024

Das Leben nach dem Tod, von dem an Ostern die Rede ist, ist eine Glaubenssache. Die einen glauben, dass mit dem Tod alles aus ist. Die anderen, dass der Tod nur der Anfang eines neuen, ganz anderen Lebens ist. Zwei Arten zu glauben stehen sich gegenüber und es ist schwer zwischen diesen unterschiedlichen Zugängen zum Leben, zum Tod und zur Welt eine Brücke zu bauen. Die einen glauben, der Mensch ist eine zufällige Zusammensetzung aus Wasser und Sauerstoff, aus Metallen und Nichtmetallen. Dann ist noch Kohlenstoff dabei, Natrium. Wenn ein Mensch stirbt, löst sich sein Körper auf und verschwindet beinahe spurlos. Für die anderen ist jeder Mensch ein Gedanke Gottes: Einzigartig, wie sein Fingerabdruck ist jeder Mensch. Das Lächeln, die Ohrmuschel, der unverwechselbare Ausdruck in den Augen, der im Augenblick des Todes verglimmt und erlischt, wie ein Licht. Ich denke beide Arten zu glauben haben ihr Recht. So wie die Physik und die Chemie recht haben, wenn sie die Gesetze formulieren, die in der Natur herrschen. Genauso ein Recht hat auch z. B. die Musik: Sie erfüllt unsichtbar den Raum. Sie entführt uns in Welten. Nicht berechnen oder vermessen können. Der Glaube daran, dass wir nicht nur aus Kohlenstoff und Stickstoff bestehen, sondern auch aus Freude und Dankbarkeit und Liebe, bringt uns dazu zu hoffen, dass wir mehr sind als nur Materie und dass man sich im Leben und im Tod immer zweimal begegnet.

Johanna Haberer / unveröffentlichter Text


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