Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Der Heimatabend

Bayerische Trachtengruppe feiert fröhlich auf Tischen und Stühlen stehend bei Heimatabend in Marquartstein, Chiemgau. | Bild: picture-alliance / paul mayall | Paul Mayall

Sonntag, 04.12.2022
20:05 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Der Heimatabend
Sehnsucht nach der heilen Welt
Von Elisabeth Tworek

Wiederholung vom Samstag, 8.05 Uhr
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App bei Bayern 2 und ist als Podcast verfügbar.

Für manche Menschen ist der Heimatabend eine rückwärtsgewandte Unterhaltungsform und hat etwas "Ranziges"; für andere ist er die Gelegenheit, Sommerfrischlern und Einheimischen "unverfälschtes, urwüchsiges Brauchtum" zu vermitteln: Platteln, Blasmusik, Dreigesang und Bauerntheater. Fest steht, dass die Geschichte dieser inszenierten Heimatkunde eng mit der Entwicklung des Fremdenverkehrs im 19. Jahrhundert in den Alpen zu tun hat. Zunächst hieß diese Art von Brauchtumsabend "Bayerischer Abend" oder "Tiroler Abend". Mit dem Nationalsozialismus setzte sich der Begriff "Heimatabend" flächendeckend durch und erlebte seit den 1960er Jahren mit dem Massentourismus seine höchste Blüte. Heimatfilme, Heimatklänge und Heimatabende stillen seither die Sehnsucht nach einer heilen Welt. Die Wurzeln des Heimatabends liegen in Darbietungen zu Ehren von Monarchen. Als 1838 die Kaiserin von Russland in Wildbad Kreuth zur Kur weilte, ehrten die Einheimischen sie mit einem Schuhplattler. Zwanzig Jahre später tanzten ergebene Untertanen in Miesbach vor ihrem König Max II., als er durch die bayerischen Alpen reiste.

Welches Heimat-Bild wird beim Heimatabend vermittelt? Worin liegt das Erfolgsgeheimnis seiner langjährigen Geschichte? Was sind zeitgemäße Vermittlungsformen von "Heimat" in Musik, Tanz und Theater? Hat der Heimatabend eine Zukunft?

Elisabeth Tworek hat sich in Briefen und Tagebüchern von Heinrich Heine, D. H. Lawrence und Lion Feuchtwanger auf Spurensuche begeben und mit den Musikern Christoph und Michael Well, der Kabarettistin Luise Kinseher und dem Tourismusexperten Paul Rösch gesprochen. Entstanden ist ein bunter Strauß an Bildern, genauso vielfältig und individuell wie das Gefühl von Heimat.

BR 2015

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