Bayern 2

     

Bayern 2 - an Ostern Abschied vom ungläubigen Thomas

Sonntag, 27.03.2016
18:05 bis 19:00 Uhr

BAYERN 2

Der Glaube, die Philosophie und die Literatur
Von Andreas Trojan
BR 2015

Der "ungläubige Thomas" ist einer der Apostel. Doch da er nicht dabei war, als Jesus nach seiner Auferstehung den Jüngern leiblich erschienen ist, will er nicht glauben. Dann aber erscheint Jesus auch dem Thomas: "Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben."

Der ungläubige Thomas ist ein Abbild des modernen Menschen: Was er nicht sieht, was er nicht überprüfen kann, glaubt er nicht. Der "Tod Gottes", den Nietzsche provokant proklamierte, hat aber einen "leeren Platz" hinterlassen. Und es scheint, dass wir diese Leere heute mehr denn je spüren.
Jürgen Habermas, ein Philosoph in der Tradition der Aufklärung, hat dies als einer der ersten erkannt und beschäftigt sich seit den 1990er Jahren mit religiösen Themen. Doch welcher Philosoph ist ihm gefolgt? In erster Linie Giorgio Agamben, der die paulinischen Texte als philosophisch relevante gelesen hat. Es gibt Schriftsteller, die ihr Glaubensbekenntnis in ihre Literatur eingearbeitet haben, die sich nicht scheuen, die Bedeutung religiösen Denkens hervorzuheben - ohne dabei zum Parteigänger einer der Religionsgemeinschaften zu werden. Wer glaubt, hat heute nicht nur einen schweren Stand, sondern er wird auf seltsam spirituelle Weise zum Ketzer, der gegen den Götzendienst namens Turbokapitalismus protestiert. Es lohnt sich also, beim Glauben in heutiger Zeit etwas genauer hinzuschauen.