Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Die bayerische Bürokratie

Finanzbeamter bei der Arbeit | Bild: dpa-Bildfunk

Samstag, 26.03.2016
08:05 bis 09:00 Uhr

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BAYERN 2

Seid fruchtbar und mehret euch!
Eine kurze Geschichte der bayerischen Bürokratie
Von Thomas Kernert
Als Podcast verfügbar

Wie der Papst ist sie unfehlbar, wie Gott unsterblich und wie Akne allgegenwärtig: die bayerische Bürokratie. Was vor knapp 1500 Jahren eher mickrig begann, ist heute ein Prachtweib. Oder eher ein Prachtkerl? Ist die Bürokratie ihrem Wesen nach weiblich oder männlich? Oder beides? Ihre Fertilitätsrate jedenfalls beeindruckt selbst Kaninchen: Spätestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts ist die Bürokratie denn auch der heimliche Souverän Bayerns.

Mögen die Agrarflächen immer kleiner werden, das bayerische Landwirtschaftsministerium wächst und gedeiht. Mögen die Fleischskandale im Freistaat kein Ende nehmen, das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz erfreut sich bester Gesundheit. Mögen die Bildungsinhalte und -formen rapide verkümmern, das bayerische Kultusministerium räkelt sich in einer sündteuren Papierflut. Mit Vorschriften, Verordnungen und Steuergeldern schafft sich die göttliche Bürokratie so ein Bayern nach ihrem Ebenbild: gesund, muskulös und 100-prozentig geist- und humorlos. Daran werden auch ein paar hunderttausend Flüchtlinge künftig nichts ändern können. Mögen Politiker und Journalisten die Nerven verlieren, der Hardcore-Bürokrat leckt sich schon die Finger und träumt von wollüstigen Papierorgien.

Thomas Kernert, ein begeisterter Aktenleser, versucht das Unmögliche: das verborgene "Sexualleben" einer der vermeintlich trockensten Materien der Welt unterhaltsam und leidenschaftlich darzustellen.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.