Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Wie Grünwald zur Filmstadt wurde

Sonntag, 14.01.2024
20:05 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Stuart Webbs trifft auf die Trutze von Trutzberg
Wie Grünwald zur Filmstadt wurde
Von Friedemann Beyer
BR 2023

Wiederholung vom Samstag, 8.05 Uhr
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App bei Bayern 2 und ist als Podcast verfügbar.

Napoleons Ende in Oberbayern? Gangsterjagd vor den Toren Münchens? Hitchcock an der Isar? Das gab es tatsächlich! 1919, ein Jahr nach dem Ersten Weltkrieg, stieg das kleine Dorf Grünwald im Süden von München zur bayerischen Traumfabrik auf - mit Studios, Stars und Sternchen. Motor dieser frühen Filmindustrie made in Bavaria war die Münchner Lichtspielkunst, kurz EMELKA. Ein Kinokonzern, der der Berliner Ufa Konkurrenz machte: mit Filmproduktionen ganz eigener, süddeutscher Art: Heimatdramen aus der Feder Ludwig Ganghofers, Liebe, Eifersucht und Verrat vor Alpenkulisse - gedreht auf dem neu gebauten Studiogelände im Grünwalder Gemeindeteil Geiselgasteig.

Aber die Konkurrenz für die EMELKA kam schnell - und direkt vor die eigene Haustür: mit dem Wahlmünchner Ernst Reicher, der auch gleich einen der populärsten deutschen Filmhelden der 1920er Jahre mitbrachte: Stuart Webbs, Gentleman-Detektiv nach englischem Vorbild, ein früher großer Leinwandheld, verkörpert von Reicher selbst - und gedreht im eigens errichteten Glasatelier. Als Autor, Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller drehte Reicher in und um Grünwald seine Action-Krimis. Und die waren mit ihrer Weltläufigkeit ein echter Kontrast zu den eher biederen Heimatfilmen der EMELKA. Münchens neues Hollywood am Isarhochufer lockte an den Wochenenden zahlreiche Schaulustige an, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten. Einheimische verdingten sich als Statisten, andere vermieteten ihre Häuser für Dreharbeiten. Der Erfolg Reichers schien kein Ende zu kennen - bis ein tragischer Unfall seine Karriere unterbrach. Neue Besitzverhältnisse brachten russische Filmschaffende nach Grünwald und sogar der junge Alfred Hitchcock drehte dort zwei seiner ersten Werke.

Friedemann Beyers Bayerisches Feuilleton unternimmt eine Zeitreise zu den Anfängen der Bayerischen Filmindustrie, die von Aufbruchstimmung und rauschenden Erfolgen ebenso geprägt war wie von teuren Flops und persönlichen Katastrophen. Ein prallbuntes, lebensnahes Porträt der Stummfilmzeit an der Isar.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

Das Bayerische Feuilleton erzählt keine Geschichten, die schon 100 Mal erzählt wurden. Alle Spielarten von Geschichte hinter den Geschichten sind möglich. Wir nutzen die Chance für Spott, Scherz, Satire und Ironie. Uns interessieren Themen, in denen sich reale Ortschaften mit Literatur und Kunst verbinden. Wir schätzen Originale in der schönen neuen Medienwelt der "Unauffälligen". Wir bieten radiophone Geschichten mit Gedankenstoff und Spielraum für Gefühle. Als journalistisches Genre hat das Bayerische Feuilleton eine anspruchsvolle Tradition.