Bayern 2

     

Fernweh Norwegen-Magazin

Dienstag, 26.12.2023
17:05 bis 18:00 Uhr

BAYERN 2

Winterfeeling zwischen Polarlicht und Polarnacht
Ein Streifzug durch Nordnorwegen
Moderation: Andrea Zinnecker

Wiederholung von 10.05 Uhr
Die Sendung ist 7 Tage nachzuhören in der BR Radio App bei Bayern 2.

In Fernweh am Feiertag nehmen wir Sie mit in Norwegens Norden, in die Region rund um Tromsø am 70. Breitengrad. Wohl keiner, der da nicht sofort die extravagante Eismeer-Kathedrale vor Augen hat. Dreieckig und ummantelt mit weißem Aluminium symbolisiert sie das Licht mitten in der langen Dunkelheit des Winters.
Zimtschnecken, Rentiere und der Weihnachtsmann, Wale und Elche, Fjorde und Fjälls, Schnee und Einsamkeit, wilde und gezähmte Wildnis, Stabkirchen, Joik und Sami-Kultur. Unzählige Bilder tauchen beim Stichwort Norwegen vor dem inneren Auge auf: Bilder zwischen Romantik und Realität. Wir blicken auf beides, auf die norwegische Winterwunderwelt ebenso wie auf arktische Problemzonen in Zeiten des Klimawandels und das schwierige Leben der Sami in der Gegenwart.
Als Skitouren-Ziel ist Norwegen in den letzten Jahren immer beliebter geworden: die Landschaft, die Fjorde, die Schneesicherheit - für Bergmenschen ein "place to be". Nach den Lofoten sind vor allem die Lyngenalpen in der Nähe von Tromsø mit das beliebteste Ziel für Skitourengeher. Allerdings stellt sich schon die Frage, ob es in Zeiten der Klimaerwärmung eine gute Lösung ist, in schneearmen Wintern bei uns zum Skitourengehen nach Norwegen zu fliegen.
In Norwegen wird nicht nur der Lawinenstatus in der Wetter-App angezeigt, es gibt auch extra Apps für das Nordlicht. "Aurora borealis" hat eine mysteriös-mystische Aura, und so wundert es nicht, dass sich im Laufe der Zeit viele Mythen und Legenden gebildet haben. Allerdings hat die kosmische Energie des Nordlichts auch einen störenden Einfluss auf die moderne Technologie im Weltraum.
Die polare Dunkelheit wirkt sich bei allen Lebewesen auf die innere Uhr aus. Dr. Gabriela Wagner aus Innsbruck lebt seit zehn Jahren in Tromsø, arbeitet dort als Chronobiologin am Norwegischen Institut für Bio-Ökonomie-Forschung (Nibio) und forscht über die zeitliche Taktung von physiologischen Prozessen und Verhaltensmustern bei Rentieren. Neben Licht und Dunkelheit beeinflusst auch der Klimawandel die innere Uhr der Rentiere. Nibio versucht Strategien zu erarbeiten, wie man die Rentierhaltung der Klimaänderung anpassen kann. Das Recht Rentiere zu halten hat in Nordnorwegen nur das Urvolk der Samen. Über weite Strecken ist Nordnorwegen keine arktische Wildnis, sondern eine Kulturlandschaft der Samen, ähnlich der alpinen Almwirtschaft.
Als einziges europäisches Urvolk pflegen die Sami die Gesangskultur des Joik, der auch eine religiöse Bedeutung hat, früher oft mit schamanischen Praktiken kombiniert und von der Kirche deshalb verboten und verteufelt wurde. 1990 hat Norwegen zwar als bisher einziges Land mit samischen Siedlungsgebiet die "ILO-Konvention 169" über verbindliche Rechte der Urbevölkerung ratifiziert, doch mit neuen Windparks mitten in alten Rentiergebieten entsteht eine Art "grüne Kolonialisierung" auf Kosten der Sami, eine Verletzung der Menschenrechte im Zuge der Klimawende.