Bayern 2

     

radioTexte am Dienstag "Mein Schatten in Dachau"

KZ Dachau; Befreiung 1945 | Bild: picture-alliance/dpa

Dienstag, 21.04.2015
21:05 bis 22:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Dachauer Konzentrationslagers
Gedichte von ehemaligen Häftlingen

Die zum Gemeinplatz entwertete Behauptung von Theodor W. Adorno, nach Auschwitz seien keine Gedichte mehr möglich, hat nicht nur vielfältigen Widerspruch herausgefordert, sondern ist selbst von Betroffenen immer aufs neue widerlegt worden: "Mama, ich kehre nicht zurück, Gott hat es mir gesagt. Die Hölle, ohne Gefühle der Seele, so habe ich sie erlebt …", so lauten die ersten Verse des Gedichts "Mein Schatten in Dachau" von Nevio Vitelli, der als 16-Jähriger in das oberbayerische KZ deportiert wurde. "Im Leid ist das Lied der Poesie wie ein Gesang, der befreit und bis zum Grund der Wahrheit vordringt", schreibt Fabien Lacombe, französischer Journalist und Überlebender des Konzentrationslagers Dachau über Gedichte, die in einer Extremsituation menschlicher Existenz entstanden sind. Seit sie Dachau zu ihrem Wohnort auserkoren hat, hat sich die gebürtige Berlinerin Dorothea Heiser mit der dunklen Geschichte der Großen Kreisstadt auseinandergesetzt. Dank ihrer jahrelangen Recherchen konnte sie Kontakte mit ehemaligen Gefangenen des Konzentrationslagers Dachau knüpfen, den biografischen Kontext ihrer lyrischen Zeugnisse erforschen und sie unter dem Titel "Mein Schatten in Dachau. Gedichte und Biographien der Überlebenden und der Toten des Konzentrationslagers" mit dem Comité International de Dachau herausbringen und kommentieren. Diese Gedichte, einige nur in Gedanken memoriert, weil es im KZ weder Papier noch Bleistift gab, sind Zeugnisse des Überlebenswillens und der geistigen Freiheit des Menschen. Sie sind aber auch Jahrzehnte lang nach der Befreiung Dachaus und Deutschlands vom NS-Terror Lebenshilfe und Mahnung zugleich für die nachfolgenden Generationen. Die von der Autorin vorgestellten Gedichte von ehemaligen Häftlingen aus Frankreich, Belgien, Italien und Polen werden in deutscher Übersetzung, teils von den Verfassern selbst auch in der Originalsprache, vorgetragen. Für ihr unermüdliches kulturelles und soziales Engagement ist Dorothea Heiser 2009 mit der Bezirksmedaille Oberbayern ausgezeichnet worden.

Sprecher: Helga Roloff und Achim Höppner