Bayern 2

     

radioTexte - Das offene Buch "Denk ich an Deutschland …"

José F.A. Oliver  | Bild: picture-alliance/dpa

Sonntag, 21.11.2021
12:30 bis 13:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu, Antje Rávik Strubel, die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2021 und der Dichter und Heinrich-Böll-Preisträger José F. A. Oliver denken nach über Demokratie und welche Rolle die Literatur darin spielt. Lesung mit der Schauspielerin Wiebke Puls, den Autoren und der Schriftstellerin. Und Gespräche.

"Denke ich an Deutschland, bin ich froh, dass ich hier leben darf und nicht unter Verhältnissen, wo ich nicht mehr sagen kann, was ich denke und was ich fühle", meint José F. A. Oliver, der badisch-andalusische fernlautmetz, mit Blick auf Polen, Ungarn, die Türkei.
Ein Dichter und poeta ludens, der mit der deutschen Sprache spielt, der spanische Vokabeln hineinflicht und sein Sprachspiel immer mit einer humanen Ästhetik verbindet. Hier zu hören in gedruckten und noch unveröffentlichten, exklusiven Versen. Seine Gedichte handeln von der Migration des Vaters, der als Gastarbeiter nach Deutschland kam. Und in seinem Poem "würde. 1 konjunktiv" erinnert er an Terror von Rechts und den Mord am Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Am 26.November 2021 erhält José F. A. Oliver den Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln.

"Zum Wesen der Demokratie gehört für mich, dass alle, die daran beteiligt sind und die gleiche Berechtigung haben, mitzusprechen und mitzuwirken am öffentlichen Diskurs, also, eigentlich an der Fabrikation dieser Gesellschaftsform oder überhaupt an der Fabrikation des Alltags, der gesellschaftlichen Wirklichkeit", sagt Antje Rávik Strubel und verweist auf queere Menschen oder Menschen nicht-weißer Hautfarbe und auf Frauen, die noch immer als "das Andere" markiert werden, wenn etwa von "Menschen- und Frauenrechten" die Rede ist. Antje Rávik Strubel liest aus ihrem preisgekrönten Roman "Blaue Frau".

Und Feridun Zaimoglu, der vom türkischen Gastarbeiterkind zum erfindungsreichen und gefeierten deutschen Schriftsteller wurde, folgt in einem seiner Porträts in "Die Frauen" der Fabrikantentochter Lisette in einen Politischen Club im Jahr 1849, als das Wahlrecht für Frauen in weiter Ferne lag. Zur Lage heute sagt er: "Ihr Lieben, die ihr draußen auf Identitätspolitik setzt, tut bitte nicht so, als hätte man erfolgreich den Feminismus ausgefochten. Tut doch nicht so, als gehörte zur deutschen Normalität dazu, dass die Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer. Da muss man doch Tomaten auf den Augen haben."

Provokante Thesen von Feridun Zaimoglu, Antje Rávik Strubel, José F.A. Oliver. Zwei Literaten und eine Literatin zeigen: Literatur spiegelt das Leben und den Alltag von Menschen, innere und äußere Landschaften und ist ein Seismograph für die Sprache, die Vielfalt, die demokratischen Zustände dieses Landes.

Lesungen: Wiebke Puls, Antje Rávik Strubel, José F.A. Oliver
Im Gespräch: Feridun Zaimoglu, Antje Rávik Strubel, José F.A. Oliver
Moderation und Redaktion: Cornelia Zetzsche

Mit freundlicher Genehmigung der Verlage können wir die Sendung bis 28. November 2021 als kostenlosen Podcast anbieten.