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Die bayerischen Guillotinen Problematisches Erbe

Seit 2014 ist bekannt, dass sich die verschollen geglaubten bayerischen Guillotinen im Depot des Bayerischen Nationalmuseums unter Verschluss befinden. Darunter auch die Stadelheimer Guillotine, auf der unter anderen Sophie Scholl hingerichtet wurde. Wir fragen: Darf man Guillotinen ausstellen? Muss man es vielleicht sogar?

Von: Ulrich Trebbin

Stand: 23.02.2023 | Archiv

Warnung!

Die folgenden Zeilen handeln vom Tod. Davon, wie Menschen im Bayern früherer Zeiten mit einer Guillotine geköpft worden sind. Und das noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, in dem die meisten von uns geboren sind. Wir kennen die Namen der Toten. Ihre Kinder und Enkel leben noch.

Maschineller Tod

München, 22. Februar 1943, Gefängnis München-Stadelheim.


Der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof Berlin.

Betrifft: Vollstreckung des Todesurteils des Volksgerichtshofs Berlin vom 22. Februar 1943 an der Sofie Scholl.

Der Hinrichtungsraum war gegen den Einblick und Zutritt Unbeteiligter vollständig gesichert. Die Fallschwertmaschine war - durch einen schwarzen Vorhang verdeckt - verwendungsfähig aufgestellt. Um 17 Uhr wurde die Verurteilte durch zwei Gefängnisbeamte vorgeführt. (…)  Die Gehilfen des Scharfrichters führten sie an die Fallschwertmaschine, auf welcher sie unter das Fallbeil geschoben wurde. Scharfrichter Reichhart löste sodann das Fallbeil aus, welches das Haupt der Verurteilten sofort vom Rumpfe trennte. Der Gefängnisarzt überzeugte sich vom Eintritt des Todes. Die Verurteilte war ruhig und gefasst. Von der Übergabe an den Scharfrichter bis zum Fall des Beiles vergingen 6 Sekunden. Der ganze Hinrichtungsvorgang, der sich ohne Zwischenfall vollzog, dauerte vom Verlassen der Zelle an gerechnet 48 Sekunden.

Sophie Scholl

Mit der Guillotine von München-Stadelheim sind nicht nur die Widerstandskämpfer der Weißen Rose enthauptet worden: die Geschwister Hans und Sophie Scholl, Alexander Schmorell, Christoph Probst, Willi Graf und Professor Kurt Huber. Zwischen 1934 und 1945 starben im Gefängnis München-Stadelheim 1.188 zum Tode verurteilte Menschen – unter ihnen 75 Frauen. Viele von ihnen waren im Widerstand gewesen oder hatten angeblich das Ansehen des deutschen Volkes herabgesetzt. Bis auf sehr wenige Ausnahmen wurden sie alle mit der Guillotine von München-Stadelheim geköpft.

Nach Kriegsende war die Guillotine wie vom Erdboden verschluckt. Angeblich wusste niemand, wo sie geblieben war.

"Die offizielle Lesart, die immer wieder kolportiert wurde, ist, dass 1945 bei Kriegsende die Guillotine auf einem Lastwagen mit 40 noch einsitzenden Todeskandidaten nach Straubing verschickt worden ist und dass dort die Guillotine in der Donau versenkt worden sei. Die Donau ist aber schon mehrfach abgesucht worden, nichts gefunden, was bei Objekten dieser Größe doch recht erstaunlich ist."

Sybe Wartena, Bayerisches Nationalmuseum

Es ist jedoch zu vermuten, dass man das Stadelheimer Fallbeil mit voller Absicht verschwinden ließ. Nach Abschaffung der Todesstrafe 1949 stand es zunächst 25 Jahre auf dem Speicher der JVA Regensburg. Die Öffentlichkeit wurde darüber nicht informiert. Sollte das Corpus Delicti des tausendfachen Justizmordes, dieses Mahnmal der Schande vor der Nachwelt verborgen werden? Wollte man die Öffentlichkeit vor diesem grauenhaften Gegenstand, an dem das Blut Tausender geklebt hatte, bewahren?

Es gibt wohl keine Antworten mehr auf diese Fragen. 1974 zog die Guillotine dann auf Wunsch des Bayerischen Justizministeriums ins Depot des Bayerischen Nationalmuseums um - wieder ohne Wissen der Öffentlichkeit. Erst im Jahr 2014 deckte der BR-Autor Ulrich Trebbin auf, dass es die Guillotine noch gibt und wo sie verwahrt wird.

"Bei einem meiner ersten Gänge durchs Depot sagte der Depotwart, ja übrigens: Das hier ist die Guillotine, von der gesagt wird, es ist die der Geschwister Scholl. Das war doch ein ziemliches Gruseln, weil das sind Objekte, die unter die Haut gehen. Und dann habe ich angefangen zu recherchieren, was es mit den Stücken auf sich hat."

Sybe Wartena, Bayerisches Nationalmuseum

Im Depot werden die Reste der bayerischen Guillotinen in Einzelteilen aufbewahrt: Unter anderem zwei Kopfkörbe, zwei Messer, drei Halsbretter, fünf Anschnallbretter und fünf Guillotinenbänke, die wohl aus Augsburg, Straubing, Regensburg und München stammen. Die Münchner Bank trägt die Nummer M1. An ihr fehlt das Kippbrett, an dem die Todeskandidaten festgeschnallt wurden. Der Stadelheimer Henker Johann Reichhart hatte es abmontieren lassen, um die Hinrichtungen zu beschleunigen. An der Wand lehnt das Hauptstück der Sammlung: das zur Münchner Guillotine gehörende 2 Meter 56 hohe Eisengestell, an dem das Fallbeil aufgezogen wird und das ebenfalls die Nummer M1 trägt.

"An der Seite wird eine Kurbel aufgesteckt, die Kurbel liegt hier, und das Messer ist in den kleinen geführten Rahmen eingeschraubt und wird dann gehalten von einem Haken, der dann durch einen Hebel zum Aushaken gebracht wird und dann fällt natürlich das Messer mit einer riesigen Wucht runter, weil das ein schweres, massives Eisenteil ist, in dem das Messer gehalten ist, das Messer alleine hat schone in Gewicht von vielleicht 15 Kilogramm, und das ist eine Fallhöhe von 1 Meter 50, die dann ihre fatale Wirkung tut."

Sybe Wartena, Bayerisches Nationalmuseum

Bei seinen Recherchen hat Kunsthistoriker Sybe Wartena schnell herausgefunden, dass die Geschichte der bayerischen Guillotinen weit in die Zeit vor dem Nationalsozialismus zurückreicht:
Am 18. Mai 1854 steht in München die Hinrichtung des 19 Jahre alten Sattlergesellen Christian Hussendörfer an. Er soll seinen Lehrmeister ermordet und ausgeraubt haben. Bei der Richtstätte auf dem damaligen Marsfeld in der Nähe der Hackerbrücke - etwa dort, wo sich heute der Augustinerkeller befindet - hat sich jede Menge Volk eingefunden, um dem Spektakel beizuwohnen. Doch diese Enthauptung wird ein über die Maßen abscheuliches Schauspiel, denn der Scharfrichter Lorenz Scheller sieht sich seiner Aufgabe offenbar nur mit einem beträchtlichen Alkoholspiegel gewachsen und ist demzufolge so schwer betrunken, dass er - wie er später zugibt - zwei Köpfe sieht und nicht weiß, welchen er abschlagen soll. Am Ende braucht er sieben Schwerthiebe, bis die Hinrichtung vollzogen ist.

Die Schaulustigen empören, wollen auf den Henker losgehen und lassen sich nur mit Mühe zurückhalten. König Maximilian II. ist dennoch besorgt. Der bayerische Monarch will schließlich keinen Aufruhr riskieren, zu sehr stecken ihm noch die Revolutionen von 1848 in den Knochen. Sein Justizministerium ist bald derselben Ansicht und schreibt:
"Die Todesstrafe ist an und für sich schon für das begangene Verbrechen die größte der irdischen Strafen. (…) Durch den Tod ist das Verbrechen gesühnt, und den Anforderungen des Staates genügt. Wenn aber nicht die Art des Todes, sondern der Tod selbst als die Strafe erachtet werden muss, so erwächst hieraus für den Staat die Verpflichtung, diejenige Art des Todes zu wählen, welche am sichersten und schnellsten den Tod bringt."

Also ringt man sich durch, zum Zwecke der Humanisierung in Bayern die Guillotine einzuführen. Diese "Errungenschaft" der Aufklärung und der französischen Revolution, die allen Verurteilten einen gleichen und vor allem qualfreien Tod garantieren sollte, hatte im monarchistischen Bayern bis dato wenig Freunde gefunden. Drei frühere Versuche, eine "Fallschwertmaschine" einzuführen, waren gescheitert. Unter anderem deswegen, weil es sich bei der Guillotine um ein revolutionäres Mordinstrument handelte und unter ihr in Frankreich auch königliche Häupter gefallen waren.

Jetzt beauftragte man den Münchner Erfinder und königlich-bayerischen Turmuhrenbauer Johann Mannhardt, eine "Fallschwertmaschine" zu konstruieren - man vermeidet wohlweislich den französischen Ausdruck "Guillotine". Ein Jahr später sind die Instrumente fertig.

Obwohl fortan in sieben bayerischen Städten mit dem Fallschwert geköpft werden soll, werden nicht sieben vollständige Guillotinen geordert, sondern nur zwei: eine für München und eine für Würzburg. Für Augsburg, Straubing, Amberg, Bayreuth und Ansbach werden lediglich die Bänke angeschafft, auf die die Delinquenten gelegt werden. Der Scharfrichter soll bei seiner Anreise aus München oder Würzburg das senkrechte Eisengestell mit dem Messer mitbringen. Vor Ort wird es an die jeweilige Bank geschraubt.

Nach den Vorstellungen der damaligen Gesellschaft war die Todesstrafe ein zeitgemäßes und legitimes Mittel, um Mörder, Raubmörder oder Sexualmörder zu bestrafen und ihre Taten zu sühnen. Dennoch wurde die Todesstrafe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vergleichsweise selten angewendet - in den Archiven findet sich pro Jahr eine niedrige einstellige Zahl. In einigen Jahren finden gar keine oder nur eine Hinrichtung statt. In den 18 Jahren zwischen 1912 und 1929, in die der 1. Weltkrieg, die Revolution und die turbulente Nachkriegszeit fallen, werden in Bayern 94 Menschen hingerichtet, das sind im Durchschnitt fünf pro Jahr.

Ein Mordinstrument

Die Münchner „Fallschwertmaschine“ (hier im Depot des Bayerischen Nationalmuseums) brachte während des Nationalsozialismus tausendfachen Tod“

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 steigt die Zahl der Hingerichteten rapide. Besonders während des Krieges. Darf man eine Maschine öffentlich ausstellen, mit der zu Lebzeiten unserer Eltern und Großeltern tausende von Menschen geköpft worden sind? An der möglicherweise noch DNA-Spuren ihres Blutes, Knochenmarkes, ihrer Nackenmuskulatur oder Speiseröhre zu finden sind? Würde das eine Würdigung der Opfer darstellen oder eine Entwürdigung? Darf man den Angehörigen und der Öffentlichkeit diesen grausigen Gegenstand zumuten? Und: Würde die Ausstellung dieser Guillotine überhaupt helfen, das NS-Unrecht besser zu begreifen?

Diese Diskussion ist 2014 nach der Entdeckung der Guillotine nur sehr kurz geführt worden: Der damalige bayerische Kunstminister berief einen Runden Tisch ein, an dem Historiker, Museumsexpertinnen, Ethiker und Angehörige der Opfer saßen. Teilnehmer des Gespräches erzählten hinterher, dass das Ergebnis ihrem Eindruck nach schon vorher festgestanden habe. Der Minister entschied jedenfalls im Anschluss an die Sitzung, dass die Guillotine im Depot des Nationalmuseums verbleiben und nicht ausgestellt werden soll. Argumente waren die Würde der Opfer und ein befürchteter Voyeurismus durch Besucher. Eine tiefgreifende Debatte in der Gesellschaft ist jedoch ausgeblieben. Die Guillotine ist zu einem Tabu geworden.

Dabei könnten viele Menschen ihre Gedanken zu der Frage beitragen: Erfahrene Politiker, Historikerinnen, Pädagogen, Kulturschaffende, Museumsleute, Psychologinnen, die Nachkommen der Opfer, interessierte Bürgerinnen und Bürger und unter ihnen vor allem die heranwachsende Generation.

Für und Wider 1

Die Guillotine hat eine besondere Suggestivkraft, weil sie uns unausweichlich vor die Situation stellt, dort wird der Kopf festgemacht und das Beil saust herunter und das Leben ist grausam zu Ende gebracht von Staatsterroristen. Diese Wirkung sollten die Leute, die immer abstrakter und schamloser über die Verbrechen des Dritten Reiches reden und sie mit der heutigen Maskenpflicht vergleichen oder dem Judenstern, den sich Leute selber anheften, um sich als Märtyrer zu gebärden. Da muss mit aller Deutlichkeit die Brutalität der Realität gezeigt werden.
Christian Ude, Altoberbürgermeister der Landeshauptstadt München
Ude hat eine Ausstellung im Münchner Stadtmuseum abgesagt,
weil mithilfe von Objekten, die nicht ausreichend in ihren Kontext eingebettet waren,
ein unkritisches Bild vom Nationalsozialismus zu entstehen drohte.

Ich halte es grundsätzlich für höchst problematisch, Zeugnisse aus der nationalsozialistischen Zeit auszustellen, die im Zusammenhang mit den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen als Objekte der Täter dienen. Bei einem Fallbeil ist aber die Gefahr noch viel größer, dass hier doch das Voyeuristische überwiegt, dass der Gruseleffekt überwiegt, und es ist nicht mehr aufklärerisch … Was sagt es uns, wenn ich ein Messer, wenn ich eine Zyklon B-Büchse, wenn ich ein Fallbeil ausstelle? Welchen Mehrwert gewinne ich dadurch, dass ich diese Instrumente, die zum Töten benutzt worden sind, die zum Morden benutzt worden sind, wenn ich sie ausstelle? Aus meiner Sicht überhaupt keinen.
Johannes Tuchel, Politikwissenschaftler
Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin,
zu der auch die Gedenkstätte Plötzensee gehört.

Ich habe da eine ganz klare Meinung, dass man so etwas den Schülern und dem Publikum zeigen sollte. Es ist eine Zeitzeugenschaft in diesem Gerät drin. Es ist ein Anreiz, um sich damit zu befassen. Und ich denke so ein Beleg für das Grausame der Naziherrschaft tut gut, und wenn eine streitbare Diskussion da entsteht, dann tut das doppelt gut.
Michael Verhoeven, Regisseur von Filmen wie "Die Weiße Rose" (1982)

Wir sind hier der historischen Wahrheit insoweit verhaftet, als wir nicht nur das Unrecht als solches schildern, sondern auch die Mittel, mit denen das Unrecht manifestiert wurde. Von daher würde ich eher auf die Seite derer gehen, die für eine Darstellung mit der Guillotine eintreten.
Joachim Baez, Neffe des Weiße-Rose-Mitglieds Willi Graf

Dadurch dass das jetzt vor allen Dingen mit der Hinrichtung der Mitglieder der Weißen Rose in Verbindung gebracht worden ist durch Medienberichterstattung, steht das einer Auseinandersetzung mit dem Objekt im Weg, die darauf abzielen müsste, diesen zeitlich übergreifenden Aspekt in den Blick zu nehmen. Es war eben nicht ein speziell für die Hinrichtungen im Dritten Reich beschaffter Mechanismus, sondern war schon Mitte des Königreichs angeschafft worden und wurde dann nahtlos verwendet bis nach dem Zweiten Weltkrieg.
Bernhard Grau, Leiter des Bayerischen Hauptstaatsarchivs
2007 veröffentlichte er den originalen Bauplan
der bayerischen Fallschwertmaschine von 1854

Man konfrontiert sich mit so einem Mordwerkzeug, das ist nicht leicht, das ist emotional nicht einfach, und man konfrontiert sich auch immer mit den Taten, die damit begangen worden sind. Und das ist eigentlich das, was mir daran besonders wichtig ist. Wir sollten es uns nicht zu einfach machen und sagen: Wir stellen das nur ins Depot, sondern wir haben eine Verantwortung dafür, auch mit solchen Dingen öffentlich umzugehen und uns damit auseinanderzusetzen.
Sven Keller, Historiker
Institut für Zeitgeschichte München,
Leiter der Dokumentation Obersalzberg

Die Realität ist, dass die Hingerichteten der Weißen Rose und viele andere auf diesem Gerät hingerichtet worden sind. Und das braucht man nicht verstecken. Also wenn ich es mir länger überlege, ist dieses Gerät, um sich eine Vorstellung über die Grausamkeit des Justizvollzugs dieser Zeit zu machen, sicher ein wichtiger Gegenstand. Und deswegen glaube ich, sollte man es ausstellen, sollte die Gelegenheit sein, es auch anzuschauen.
Markus Schmorell, Neffe des Weiße-Rose-Mitglieds Alexander Schmorell

Die Frage, kann man das Menschen zumuten, hat ja fast was Paternalistisches, denn wenn die Antwort nein lautet, dann nimmt man Leuten die Chance sich damit auseinanderzusetzen. Und ich glaube, das können Leute auch selber entscheiden.
Mario Gollwitzer, Professor für Sozialpsychologie an der LMU München.

Man sollte aus der Weißen Rose kein Gruselkabinett machen. Dann könnte man die Guillotine auch aufs Oktoberfest stellen. Dass es nicht zu sehr sentimentalisiert wird, das ist die Gefahr, die ich mir dabei vorstelle.
Wolfgang Huber, Sohn des Weiße-Rose-Mitglieds Professor Kurt Huber

Ich denke ganz grundsätzlich, dass Objekte wichtiger werden. 254 Ich glaube, dass gerade jetzt für jüngere Leute ein zeitlicher Abstand von 70-90 Jahren sich nicht ohne weiteres einordnen lässt. Wenn ich sagen kann, da hat meine Großmutter gelebt, kann ich das eher einordnen, als wenn ich sage, das ist jetzt schon zwei Generationen zurück. 409 Und ein Objekt  hat die Möglichkeit, uns über seine Authentizität, darüber dass es aus dieser Zeit stammt, diese Zeit erlebt hat, uns damit zu verbinden, und es ist ja in den meisten Ausstellungen über den Nationalsozialismus und auch bei den neuen, die jetzt entstehen, so, dass über Objekte gearbeitet wird. Nämlich genau aus dem Grund.
Mirjam Zadoff, Leiterin des NS-Dokumentationszentrums München

Denkbare Orte für eine Ausstellung der Münchner Guillotine wären eine Gedenkstätte in oder am Gefängnis München-Stadelheim, das Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg oder das NS-Dokumentationszentrum in München, sofern in die Ausstellung eines Tages auch Objekte integriert werden. Auch der Münchner Justizpalast könnte sich als Täterort für eine Dauerausstellung zu Justizmorden im nationalsozialistischen Bayern eignen. In anderen Bundesländern wie Brandenburg oder Baden-Württemberg sind Guillotinen aus der NS-Zeit übrigens öffentlich zu sehen.

Die Todesstrafe war in Bayern wie fast überall im Reich in der Regel für Kapitalverbrechen reserviert. Zwischen 1882 und 1918 sind in Deutschland 1.721 Menschen zum Tode verurteilt worden - vier wegen Hochverrats, die übrigen wegen Mordes. Während der Weimarer Republik listet die amtliche Statistik 1.141 Todesurteile auf, von denen jedoch nur 184 vollstreckt wurden. Bis 1933 war die Todesstrafe ein von der damaligen Gesellschaft als gerecht empfundenes Mittel, Straftaten zu ahnden. Im Dritten Reich jedoch steht sie nur noch selten im Verhältnis zu den Straftaten und erreicht ein nie dagewesenes Ausmaß.

Zwischen 1933 und 1945 werden in Deutschland mehr als 16.000 Menschen zum Tod verurteilt, etwa 12.000 dieser Urteile werden vollstreckt. Dazu kommen im Zweiten Weltkrieg etwa 20.000 Hinrichtungen durch Militärgerichte. Im Gefängnis München-Stadelheim wurden in fast vier Jahrzehnten bis 1933 14 Menschen hingerichtet. In den folgenden 12 Jahren werden es fast 1.200 sein. Vor allem während des Krieges sinkt die Hemmschwelle deutscher Richter, Zivilisten dem Henker zu überantworten. Während zum Beispiel in Stadelheim im Vorkriegsjahr 1938 noch 10 Todesurteile vollstreckt werden, sind es im Jahr 1943 - also nur 5 Jahre später - 377: Mehr als 30mal so viele.

Anna Guttenberger, geboren am 3. März 1902

Als Angehörige der Roma fliehen Anna Guttenberger und ihr Mann Anton aus Rosenheim ins österreichische Bregenz. Als die Anwohner dort von ihrer Herkunft erfahren, verliert Anna - ebenso wie ihr Mann - ihre Arbeitsstelle und muss hausieren gehen. Einer ihrer Kunden -  ein NDSAP-Kreisleiter - fragt sie, ob sie für das Winterhilfswerk sammle, was sie in einer Notlüge bejaht. Er zeigt sie an, und ein Sondergericht verurteilt sie zum Tode. Am 27. Februar 1942 wird Anna Guttenberger in München-Stadelheim geköpft.

Rudolf Fritsche, geboren am 14.4.1898

Der Mitarbeiter des Landratsamts Deggendorf entwendet Lebensmittelmarken und Benzinmarken, um sie in seinem Bekanntenkreis zu verteilen. Bereichern will er sich daran nicht. Das Sondergericht München verurteilt ihn - Zitat - "wegen der besonderen Verwerflichkeit der Straftat" - und unter Berufung auf das so genannte "gesunde Volksempfinden" zum Tode. Rudolf Fritsche wird am 18. September 1942 hingerichtet.

Leo Katzenberger, geboren 1873

Leo Katzenberger leitet in Nürnberg einen Schuhgroßhandel mit zahlreichen Filialen in Süddeutschland und ist erster Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Nürnberg. Er wird denunziert, mit der Fotografin Irene Seiler ein Verhältnis gehabt zu haben, was beide bestreiten. Das Nürnberger Sondergericht lässt ihn wegen "Rassenschande" und als so genannten "Volksschädling" am 2. Juni 1942 in Stadelheim mit dem Fallbeil enthaupten.

Unter den Nazis steht die Todesstrafe nicht mehr nur auf Tötungsdelikte. Die "Verordnung gegen Volksschädlinge" vom 5. September 1939 ermöglicht die Todesstrafe nun auch für geringfügige Tatbestände wie Diebstahl, Brandstiftung oder auch nur das Hören von ausländischen Radiosendern. Aufgrund der Nürnberger Gesetze werden gelegentlich auch Fälle von sogenannter "Rassenschande" mit dem Tode bestraft. Von den 24 Münchner Hinrichtungen des Jahres 1940 findet nur noch ein Viertel wegen Tötungsdelikten statt. Der nationalsozialistischen Justiz geht es nicht mehr um Strafe und Sühne, sondern um das "Ausmerzen" von "Volksschädlingen".

Eine weitere Gruppe unter den zum Tode Verurteilten sind Frauen und Männer, die sich dem NS-Regime entgegenstellen. Viele betreiben handfesten Widerstand, andere äußern sich nur kritisch über das System oder erzählen politische Witze. Vor allem nach Kriegsbeginn werden sie gnadenlos abgeurteilt und teilweise in Blitzverfahren unter die Guillotine gelegt. Die allermeisten von ihnen sind heute weitgehend unbekannt.

Josef Bollwein, geboren am 29.6.1904 in Burgweinting bei Regensburg

Der Schreiner Josef Bollwein gehört zu einer Gruppe von Bürgern, die ausländische Radiosender abhören und sich dann regelmäßig am Regensburger Neupfarrplatz treffen, um die Informationen über den Kriegsverlauf auszutauschen. Bollwein wird im Oktober 1942 mit anderen Mitglieder der Neupfarrplatzgruppe von der Gestapo verhaftet, am 9. Juni 1943 vomVolksgerichtshof zum Tode verurteilt und zwei Monate später in München-Stadelheim hingerichtet. Er hinterlässt eine Frau und drei kleine Töchter.

Maria Ehrlich, geboren am 9. Januar 1863

Die Wiener Kunsthändlerin Maria Ehrlich lebt seit Anfang 1939 wegen einer Lungenkrankheit in Oberitalien. Sie äußerst sich bei jeder Gelegenheit kritisch über die Nationalsozialisten und wird darum von den deutschen Besatzern wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ und wohl auch wegen ihrer jüdischen Herkunft am 10. Februar 1944 in Stadelheim hingerichtet. Da ist sie 81 Jahre alt.

Bebo Wager, geboren am 29. Dezember 1905

Bebo Wager arbeitet als Dreher und Elektriker bei MAN in Augsburg, engagiert sich für die SPD und ist Mitglied der Widerstandsgruppe "Revolutionäre Sozialisten". Der Volksgerichtshof verurteilt ihn wegen Hochverrats zum Tode. Er stirbt am 12. August 1943 in München-Stadelheim. Neben seiner Frau Lina hinterlässt er drei Kinder. In seinem Abschiedsbrief schreibt er: "Meine geliebten Kinder, Heinz, Hanna, Helmut! Kinder! Den tiefsten Schmerz muß ich Euch zufügen. Unendliche Liebe trage ich auf dem letzten Gang in mir. Daß ich nicht als Verbrecher sterbe, brauche ich nicht zu sagen. Daß ich nur Gutes erstrebte. Haltet immer treu zu Eurer unvergleichlichen Mutter; (...) werdet gute, brauchbare, tapfere Menschen. (…) Mein Tod soll Euere Zukunft nicht trüben. (…) Viel Glück auf Euerem Lebensweg. Haltet mich in guter Erinnerung und seid gegrüßt und tausendmal geküßt von Eurem Vater, der nun stirbt für seine Idee. Tausend Küsse und unendliches Glück für Euch alle. In vier Stunden ist es aus."

Ab 1937 werden die Todeskandidaten in Deutschland in zentralen Hinrichtungsstätten enthauptet. Eine von ihnen wird München-Stadelheim. Ihr Herrschaftsbereich ist ganz Bayern, der Westen Österreichs und das westliche Sudetenland. Die zweite vollständige bayerische Guillotine, die König Maximilian II. für Würzburg hatte anfertigen lassen, wird ins polnische Breslau gebracht. Nach 1945 landet sie in Kiew und ist dort heute im "Nationalen Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg" zu sehen.

Für und Wider 2

Die Idee, dass man Emotionen aus einem Lernprozess heraushalten kann, das ist nicht nur psychologisch unbegründet, das ist sogar absurd. Emotionen gehören untrennbar zu motivationalen Vorgängen, zu Gedächtnisprozessen, zu Abrufprozessen, also zum gesamten Apparat der menschlichen Informationsverarbeitung gehören Emotionen notwendigerweise dazu. Und wir wissen aus der pädagogischen Psychologie, dass es viele Beispiele dafür gibt, dass das Auslösen von Emotionen Lernprozesse überhaupt nicht stören oder behindern, sondern sogar noch befördern. Also für eine wirklich tiefe Auseinandersetzung und für ein Verknüpfen eines Objekts mit mir selber - wie der Volksmund so sagt, dass es was mit mir macht - das geht nicht ohne Emotionen.
Mario Gollwitzer, Psychologe

Ich kann mir gut vorstellen, dass es Leute gibt, die sich davor stellen, ein Selfie machen und das dann verschicken: „Ich mit der Guillotine, mit der Sophie Scholl geköpft wurde“ oder ähnliches und das stelle ich mir dann doch relativ grauslich vor.
Jörg Hartnagel, Neffe von Hans und Sophie Scholl

Es ist diese Authentizität von Ort, Umgebung, Lebensumständen, Mordmaschinen, die uns das Unbegreifliche doch wenigstens näherbringen, das Entsetzliche nachfühlen lassen, und deswegen verstehe ich gar nicht, wieso alle Haken, an denen Männer des 20. Juli aufgehängt wurden, selbstverständlich gezeigt werden, die schrecklichen Öfen in Auschwitz, aber auch persönlichste Hinterlassenschaften wie diese Berge von Koffern oder die Berge von Haaren, ich verstehe das offen gesagt nicht, dass ausgerechnet bei der Guillotine jetzt eine andere Regel gelten soll, möglichst wenig Konkretes, Authentisches.
Christian Ude, Alt-Oberbürgermeister von München

Es (ist) eine reizvolle Aufgabe, sich zu überlegen, ob und wie man eine Guillotine, mit der nationalsozialistisches Unrecht exekutiert worden ist, zu zeigen, als ein Rechts- oder Unrechtsinstrument, über das Nichtausstellen auch zu sprechen, also über das Verstecken dieser Guillotine nach. Wenn man sich kluge Formen einer Annäherung, Kontextualisierung, vielleicht Irritation denkt, dann glaube ich, wird sie auch ausstellensmöglich und auch ausstellenswert.
Jörg Skriebeleit, Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg

Dass man über die Justiz im Dritten Reich mehr Aufklärung macht, das fände ich durchaus eine sinnvolle Sache. Grad auch auf die heutige Zeit bezogen. Wo führt das hin, wenn Rechtsprechung zum politischen Instrument wird? Und wenn man da einen Ort hat, wo man sich mit dieser Frage auseinandersetzen kann und dann eben auch so ein Mordinstrument gezeigt kriegt. Dann macht das irgendwo einen Sinn. 824 Wenn das ein stimmiges Konzept ist, wäre ich durchaus dafür. … Wenn ich vor dem Ding stehe, mit dem meine Tante zu Tode gebracht wurde, dann ist da natürlich schon eine sehr persönliche Betroffenheit da, das ist nicht vergleichbar, wie wenn ich jetzt eine Guillotine betrachten würde, die während der französischen Revolution im Einsatz war. Da fehlt mir halt ein bisschen die persönliche Distanz, aber das darf ich nicht zum alleinigen Maßstab machen. Die Ausstellung wird ja nicht für mich gemacht.
Jörg Hartnagel, Neffe von Hans und Sophie Scholl

Ich möchte eigentlich, dass man sich mit diesem Gerät mehr auseinandersetzt. Dass man es dann auch der Öffentlichkeit zugänglich macht. Insoweit wäre es für mich hilfreich, wenn man sich einen Hinrichtungsvorgang, den man lapidar beschreiben kann, dann auch mit einem Gerät in Verbindung bringt, wo man sagen muss, da drin hat er gelegen hineingezwängt und zum Schluss bleibt der Kopf übrig.
Joachim Baez, Neffe von Willi Graf

Wir lernen über Menschenrechte, wir lernen darüber, wie Richter instrumentalisiert wurden, sich vereinnahmen ließen von Systemen, wir lernen darüber, wie Nachrichter, nämlich diejenigen, die die Hinrichtung zu vollziehen hatten, sich instrumentalisieren ließen, wir lernen, wie verdrängt wurde, und wir lernen schließlich: Zu den Menschenrechten gehört, dass jederzeit sich jemand bessern kann.
Hermann Schäfer, Gründungspräsident des Hauses der Deutschen Geschichte in Bonn
Autor des Buches "Deutsche Geschichte in einhundert Objekten",
in das er auch das Stadelheimer Fallbeil aufgenommen hat.

Ich hatte neulich eine Schulklasse bei mir in der Ausstellung, die hatten das, ich glaube im Ethikunterricht, diskutiert, ob man wieder zuürck zur Todesstrafe. Die Leute sagen: Ja, die werden ja alle viel zu lasch behandelt und die Gerichte verteilen ja nur noch Bewährungsstrafen und man sollte doch viel härter durchgreifen. Wenn Sie jetzt vor so einer Guillotine stehen, dann verstummen diese Argumente ganz schnell. Denn das ist leicht hergesagt, aber wenn man damit konfrontiert wird, dass es auch umgesetzt werden kann und wie es umgesetzt wurde, reflektiert man, glaube ich, nochmal auf eine ganz besondere Art und Weise. Also ich habe noch keinen vor der Guillotine stehen gehabt, der gesagt hätte: „Und trotzdem bin ich dafür, dass wir die Todesstrafe wieder einführen“.
Susanne Opfermann, Leiterin des Strafvollzugsmuseums Ludwigsburg,
in dem ein Guillotine aus der NS-Zeit ausgestellt wird und eine von 1946,
auf der bis zur Abschaffung der Todesstrafe 1949 noch 11 Menschen hingerichtet wurden.

Der Henker

Im nationalsozialistischen Deutschland gibt es für die zentralen Hinrichtungsstätten 10 Scharfrichter und 38 Gehilfen. In München-Stadelheim kommt Henker Johann Reichhart zum Einsatz. Wegen der Masse der Hinrichtungen ist er aber nicht mehr nur in Bayern tätig, sondern auch in Württemberg, Baden, Wien und Böhmen, in Sachsen, Berlin-Plötzensee und Brandenburg-Görden.

Henker Johann Reichhart während des Spruchkammerprozesses in München: "Ich täts nie wieder"

Reichhart wird zu einem wohlhabenden Mann: Allein im Jahr 1942 bekommt er neben seinem Jahresfixum von 3.000 Reichsmark knapp 6.000 Mark Aufwandsentschädigung und 35.790 Mark Sondervergütungen für 764 Enthauptungen, denn er wird - im wahrsten Sinne - pro Kopf bezahlt. Leicht verdientes Geld war diese Akkordarbeit aber wohl nicht. Auf einem Foto sehen uns aus Reichharts zerfurchtem und gezeichneten Gesicht zwei bittere Augen an, die auf ein tief zerrüttetes Seelenleben schließen lassen. Sein Biograf Roland Ernst bescheinigt ihm ein gravierendes Alkoholproblem. Und auch der evangelische Pfarrer von Stadelheim, Karl Alt, der die Todeskandidaten zur Hinrichtung begleitete, berichtet in seinen Erinnerungen: "Staunenswert war der Scharfrichter, der unentwegt die Hunderte und Aberhunderte von Hinrichtungen vornahm (…), wobei er freilich - begreiflicherweise - sich vorher kräftig mit Alkohol versah."

In den letzten Kriegsjahren sitzen ständig zwischen 100 und 140 Todeskandidaten in den Todeszellen von Stadelheim. An jedem der beiden Hinrichtungstage pro Woche kommen mitunter über 30 Personen unters Fallbeil. In seinem Berufsleben zwischen 1924 und 1946 hat Johann Reichhart über 3.000 Menschen getötet - zu einem beträchtlichen Teil mit der Münchner Guillotine. Das zum Tode verurteilte Weiße-Rose-Mitglied Professor Kurt Huber soll bei seiner Hinrichtung in Stadelheim noch zu ihm gesagt haben: "Schämen Sie sich!"

Mit dem Krieg und den nach Deutschland verschleppten Zwangsarbeitern werden auch Polen, Tschechen, Franzosen oder Ukrainer zu Opfern der nationalsozialistischen Justizmorde. Die Urteilsbegründungen nennen als Gründe "Plünderung", "Hehlerei" oder auch nur "Herabsetzung des Ansehens des deutschen Volkes" - ein sehr dehnbarer Begriff. Zwischen 1943 und 45 sind unter den 801 Stadelheimer Hingerichteten 377 Nicht-Deutsche - also fast die Hälfte.

Für und Wider 3

Schülerinnen und Schüler des Willi-Graf-Gymnasiums München

Ich würde sie eigentlich schon gerne sehen wollen dann, wenn sie ausgestellt wird, weil es so ein wichtiger Punkt in der deutschen und bayerischen Geschichte – Justizgeschichte auch – ist. Wenn man Schülern sagt, die wurden mit einer Guillotine hingerichtet. Mei, ein Schüler kann sich das nicht bildlich vorstellen, wie die Menschen sich in dieser Situation gefühlt haben. Wenn man jetzt diese Guillotine sieht, dann kann man sich auch vorstellen, wie es den Personen dann ging, als sie auf dieser Guillotine lagen, die letzten Sekunden noch gewartet haben, bis der Henker dann eben dieses Beil fallen lässt, ist halt viel bildlicher, und man kann das dadurch viel besser nachvollziehen und dadurch auch, glaube ich, besser Aufarbeitung betreiben.
David

Es ist so ein einschüchterndes Objekt und ich finde, es repräsentiert ganz gut die Nationalsozialisten, und es als Objekt in echt zu sehen ist nochmal was anders als auf Bildern, weil es einfach greifbarer ist und nicht so beschönigend, also ich fände es wirklich wichtig, des so zu sehen in echt. Man hat immer Angst vor einer gewissen Faszination, aber ich finde, es ist auch absolut berechtigt, von so etwas fasziniert zu sein. Auch in jeder einzelnen Geschichtsstunde sind wir am Ende an dem Punkt, wo wir nicht verstehen, wie das alles passieren konnte. Da ist man einfach fasziniert, (und deshalb finde ich es auch so wichtig, dass man sich aktiv ins Gedächtnis und ins Gewissen ruft, wie brutal diese Methoden eben war und wie unmenschlich das alles geschehen ist.) 3450 Und ich finde, es ist einfach kein Argument, das deshalb nicht auszustellen, da überwiegt dieser Aufklärungsfaktor, den dieses Objekt eben hat.
Elli

Meine erste Emotion war: Wieso hab ich das bis jetzt noch nicht gesehen, das hat mir eben dieses Gefühl von Verleugnung gegeben. Ich bin der Meinung, dass eine einzige Person oder nur eine Gruppe von Personen darüber nicht entscheiden kann, wie wertvoll das ist für die Bevölkerung. Im Endeffekt konnte ich halt nicht mitbestimmen und das ist für mich halt frustrierend, weil ich es schon sehen will und - wie wir jetzt auch hier sehen - wären viele dafür, dass man es sieht.
Asra

Ich kann mir vorstellen, dass sie versuchen, die Bevölkerung zu schützen und dass es ihnen wahrscheinlich auch vielleicht ein bisschen zu aufwändig ist, dass man sich da was überlegt, dass sich jeder das anschauen kann, ohne dass er davon total angeekelt ist und damit nicht klarkommt.
Fiona

Die Guillotine aus München-Stadelheim soll auch Jahre nach ihrer Wiederentdeckung weiter im Depot bleiben und in keiner Ausstellung zu sehen sein dürfen. Das bestätigte der bayerische Kunstminister Bernd Sibler dem BR in einer schriftlichen Stellungnahme. Sibler schließt sich der Begründung seines Vorgängers von 2014 an, das Stück könne Voyeurismus und Grusel bedienen, noch lebende Angehörige und die Würde der Opfer verletzen. Eine große öffentliche Diskussion darüber steht noch aus.


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