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Hass im Internet Online-Strafanzeigen in Bayern nicht möglich

Wer Opfer von Hate-Speech im Internet wird, der kann versuchen, die Kommentare zu ignorieren. Oder in die Offensive gehen, damit die Polizei gegen die Hetzer ermittelt. Am einfachsten wäre das, wenn die Anzeige gleich online rausgeschickt wird. In einigen Bundesländern ist das schon möglich – in Bayern jedoch nicht.

Von: Elias Drost | Online-Fassung: René Gröger

Stand: 11.11.2019

Symbolbild: Hass im Netz | Bild: Lukas Schulze/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Es braucht nicht viele Klicks, um im Internet auf Hasskommentare zu stoßen: In einem Post der Bayern-AfD von letzter Woche, geht um einen Geflüchteten, der in einer Asylunterkunft Polizisten mit einem Messer bedroht hat. Ein User schlägt vor: "Dienstwaffe zücken - Ruhe im Stall."Dafür bekommt er 36 Likes und zwei bestärkende Antworten. Das Phänomen ist zwar nicht neu, aber es hat sich verstärkt. Laut einer aktuellen Studie sind drei Viertel der Deutschen schon Mal auf einen Hasskommentar gestoßen, das sind 10 Prozent mehr als noch vor vier Jahren. Angezeigt werden solche Kommentare laut der Studie aber in den allerwenigsten Fällen: nur ein Prozent gibt an, schon Mal die Polizei kontaktiert zu haben.

Immer mehr Hass in Sozialen Netzwerken

Katharina Schulze von den Grünen.

Besonders Frauen sind Opfer von Hass-Attacken im Netz. Für die bayerische Grünenchefin Katharina Schulze, die selbst oft Hassnachrichten bekommt, liegt der Grund auf der Hand: "Der Hetzer sitzt gemütlich auf seinem Sofa und schreibt seinen Müll und wenn ich als Betroffene das anzeigen will, ist es sehr kompliziert. Ich muss zur Polizei gehen, das ist alles unglaublich kompliziert.", sagte die Grünen-Politikerin im Tagesticket-Podcast.

Kaum Online-Anzeigen möglich

Bayern gehört zu den wenigen Bundesländern, in denen Online-Hasskommentare nicht online angezeigt werden können. Außer Thüringen und Bremen haben alle anderen Länder sogenannte Internet- oder Online-Wachen eingerichtet. Niedersachsen ist eines der Bundesländer, wie Innenministeriumssprecher Werner Steuer erklärt: "Über unsere Online-Wache können Bürgerinnen und Bürger sämtliche strafrechtlich relevanten Sachverhalte anzeigen, sie können uns Hinweise geben, sie können sich aber auch beschweren." Wem dagegen auf einem bayerischen Sofa online Hass entgegenschlägt, der muss aufstehen und auf die Polizeiwache gehen. Bisher können nämlich nur drei Gruppen von Straftaten in Bayern online angezeigt werden: Betrug bei Online-Auktionen, Sachbeschädigungen von Fahrrädern und deren Entwendung, sowie Diebstähle im Zusammenhang mit Fahrzeugen.

Online-Strafanzeigen in Bayern

Für folgende drei Straftaten kann man in Bayern bisher online Anzeige erstatten:

- Online-Auktionsbetrug
- Straftaten im Zusammenhang mit Fahrrädern
- Straftaten im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen

Weitere Informationen zu Online-Anzeigen in Bayern finden Sie hier.

Bearbeitung der Polizei notwendig

Dass Bayern bei den Netzanzeigen etwas hinterherhinkt, hat seine Gründe: "Wir haben ganz bewusst uns beschränkt auf wirklich einfache Straftaten, weil nämlich die Polizei bei so Online-Anzeigen nicht sofort reagieren kann, und das wäre eben bei komplexeren, schwierigeren Sachverhalten problematisch.", sagt der Sprecher des bayerischen Innenministeriums, Michael Siefener. Gerade bei akuten Drohungen kann aber schnelles Handeln erforderlich ein. Online-Anzeigen würden aber möglicherweise erst am nächsten Morgen bearbeitet. In Niedersachsen wurde dieses Problem gelöst, indem die Anzeigen rund um die Uhr bearbeitet werden.

Prüfung der bisherigen Ergebnisse

Hetzer im Netz bleiben oft anonym. Eine strenge Online-Strafverfolgung könnte die Täter abschrecken.

Die Bearbeitung von Anzeigen sei jedoch komplex, sagt Michael Siefener: "Mit dieser Online-Anzeige darf nicht die Erwartung verbunden sein, dass sie mit einem Klick bei der Polizei fix und fertig bearbeitet werden kann." Oft müsse man trotzdem noch persönlich auf die Wache kommen, etwa um den Strafantrag zu stellen. Gerade werden die bisherigen Erfahrungen mit den bayerischen Online-Anzeigen im Innenministerium ausgewertet. Dann soll entschieden werden, ob künftig auch Hasskommentare im Internet angezeigt werden können.


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