Bayern 2

     

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Bayern genießen Licht – Bayern genießen im Februar

Anfang Februar schickt sich das Licht an, die Herrschaft über den Tag zurückzuerobern. Deswegen haben wir uns für das heutige Bayern genießen eine ganze Reihe leuchtender Themen vorgenommen.

Published at: 2-2-2022 | Archiv

Bayern genießen: Licht – Bayern genießen im Februar

Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Licht"

Oberbayern: Einleuchtend. Oskar von Miller in Fürstenfeldbruck. Von Sarah Khosh-Amoz
Niederbayern: Strahlend. Die Kerzenfabrik Kopschitz in Rotthalmünster. Von Birgit Fürst
Oberpfalz: Ausgeleuchtet. Mobiles Licht aus der Oberpfalz. Von Thomas Muggenthaler
Oberfranken: Ins Licht gerückt. Oberfranken neu beleuchtet. Von Anja Bischof
Mittelfranken: Licht und Schatten. Sonnenuhren aus Nürnberg. Von Tobias Föhrenbach
Unterfranken: Lichtbilder. Gutes Licht für historische Räume in Mainfranken. Von Christiane Scherm
Schwaben: Abgelichtet. Unterwegs im Allgäuer Licht. Von Doris Bimmer

Strahlend: Die Kerzenfabrik

Irgendwie kennen wir das alle: Nach den Festtagen des Winters und bevors im Frühjahr wieder aufgeht, wünscht man sich ein äußerliches und innerliches Abstauben, einen sauberen Neuanfang. Das kannten schon die alten Römer: lateinisch februare heißt reinigen. Der Februar ist der Reinigungsmonat für Seele und Wohnung gleichermaßen. Durch die längste Zeit der Menschheitsgeschichte hat künstliches Licht eine Menge Dreck gemacht: Fackeln, Kienspäne, Kerzen, sogar noch die Petroleum- und Gasleuchten des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Außerdem hat man sich in den dunklen und kalten Wintertagen schon immer länger und intensiver in seinen Wohnhöhlen aufgehalten. Die Folgen davon werden spätestens jetzt allmählich sichtbar: Stefani um an Muckenschritt, Neujahr um an Hahnentritt, Dreikönig um an Hirschensprung … Lichtmess um a ganze Stund ist das Tageslicht seit Weihnachten gewachsen. Jetzt leuchtet die Sonne allmählich auch wieder in viele Ecken, in die sie in den finsteren Wintertagen nicht gekommen ist und die künstliche Beleuchtung braucht man immer weniger. Trotzdem hatten früher die Wachszieher und Kerzenmacher Hochbetrieb. Denn am 2. Februar wurden schon seit der Antike die Kerzen für das ganze neue Jahr gesegnet und mit Lichterprozessionen das neue Jahr gewissermaßen eingeleuchtet. Und selbstverständlich braucht man künstliches Licht nicht bloß im Winter. Und Kerzen natürlich auch. Die Kerzenmanufaktur Kopschitz in Rotthalmünster liefert sie in alle Welt.

Licht und Schatten: Sonnenuhren aus Nürnberg

Die materielle Welt, der Raum, den sie einnimmt, das Licht und die Zeit gehören untrennbar zusammen - seit Anbeginn. Seit Einsteins berühmter Formel e=mc2 ist das bewiesene Tatsache. Die Materie ist, wenn man so will, nichts anderes als in der Zeit geronnene Energie. Und alles hängt an der Geschwindigkeit des Lichts - knapp 300.000 Kilometer in der Sekunde. Wie gesagt: Wir wissen das erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Aber den Menschen war schon in den ältesten Zeiten klar, dass die Himmelskörper nicht bloß sinnreich geschaffene Leuchtmittel sind. Die Sonne liefert die Energie des Lebens. Und mit ihrer Hilfe und der Hilfe ihrer Geschwister Mond, Planeten und Sterne kann man sich orientieren im Raum und in der Zeit. Und je mehr Wissen die Menschheit über die Bewegungen der Himmelskörper wussten, desto genauer wussten sie auch Antworten auf so wichtige Lebensfragen wie wann? und wo? Die längste Zeit war dieses Wissen Priestern und Königen vorbehalten. Erst im Spätmittelalter eroberten die Bürger reicher Stadtrepubliken dieses Wissen für sich. Nürnberg zu Beginn der Neuzeit die drittgrößte deutsche Stadt, wurde so ein Zentrum der Sonnenuhrmacherkunst: Zum Beispiel mit Klapp-Sonnenuhren einem Exportschlager, den Kaufleute auf ihren Reisen dringend brauchten. Noch heute wimmelt es in der Stadt von den größeren, schön verzierten Exemplaren an Hauswänden und Kirchenschiffen. Man muss nur genau wissen wo und wie man nach oben blicken muss. Im internationalen Jahr der Astronomie 2009 wurde der Nürnberger Sonnenuhrenweg eingerichtet. Wenn Sie ihn gehen wollen, können sie das hier sogar virtuell.

Einleuchtend. Oskar von Miller in Fürstenfeldbruck

Völlige Dunkelheit ist für die meisten Lebewesen nicht nur unangenehm. Dauerhafte Finsternis ist schlimme Folter. Kein Wunder, dass der Mensch von Anbeginn drauf aus war, die Dunkelheit zu erleuchten. Der Titan Prometheus galt in der Antike als der, der den Menschen Feuer und damit Licht gebracht und so die menschliche Kultur begründet hat. Durch alle Jahrtausende Menschheitsgeschichte war das Feuer die einzige Lichtquelle. Noch in der elektrischen Glühbirne wird ja ein Metallfaden so mit Strom befeuert, dass er glüht. Erst in unseren Tagen - und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - ist das Licht des Feuers durch ein anderes, tatsächlich ein künstliches Licht, abgelöst worden: Das kalte Licht der Leuchtdiode, der LED, das nicht mehr vom Feuer stammt. Aber auch dafür ist natürlich Elektrizität die Voraussetzung. Bayern war bei ihrer Nutzung ganz vorn mit dabei. Zuerst München und dann - Fürstenfeldbruck: Denn von dort stammte der Erzgießer und Unternehmer Ferdinand von Miller, dessen Sohn Oskar es bestimmt war zum neuen bayerischen Prometheus zu werden. Das Museum Fürstenfeldbruck birgt in seinem Depot einzigartige Schätze aus der Zeit dieses Elektropioniers, der den Bruckern um die Jahrhundertwende das Licht in die Wohnstuben gebracht hat.

Lichtbilder: Gutes Licht für historische Räume in Mainfranken

Anton Hötger arbeitet an einer historischen Blei-Leuchte

Wie finster die Welt vor der Erfindung des elektrischen Lichts einmal war, das mag man sich heute kaum mehr vorstellen. Von vielen wurde es jedenfalls freudig begrüßt. Und nur wenigen, die als Ewiggestrige galten, war es unheimlich. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Der Münchner Schriftsteller Lion Feuchtwanger schrieb 1930 in seinem Roman Erfolg: Das Wasser ihrer Flüsse verwandelte sich in Elektrizität, schlanke Masten der Überlandleitungen schwangen sich, grauglänzend, filigranhaft klar, in die leichte Luft. Ihr schöner, finsterer Walchensee musste sich verschandeln lassen durch ein großes Werk, das Bogenlampen leuchten machen sollte und Wagen antreiben. Das Gesicht des Landes änderte sich. Die Welt ist nicht bloß freundlich heller geworden seitdem, sondern auch greller und gräuslicher. Sonne, Mond und Sterne, die uralten göttlichen Taktgeber und Wegweiser in Raum und Zeit haben banale irdische Konkurrenz bekommen. Ob daher ein Teil gegenwärtiger Orientierungslosigkeit stammt? Kommt sie aus der gleißenden Helle, die unsere Augen ebenso außer Gefecht setzt, wie die alte Finsternis? Jeder weiß, wie schlimm die Welt im unbarmherzigen Neonlicht ausschauen kann. Und selten war die alte sprichwörtliche Ahnung wahrer: Weniger ist mehr. Das gilt ganz besonders für historische Räume.

Ins Licht gerückt. Oberfranken neu beleuchtet

Muggendorf leuchtet

Sich das Licht einrichten lassen - jahrzehntelang hat man damit den Strom gemeint. Früher war Licht dagegen ein anderes Wort für Kerze oder Fackel. Die Wörter Licht und leuchten gibt's schon in der indoeuropäischen Ursprache der Steinzeit: leuk- hat das damals geheißen. Altgriechisch leukos heißt glänzend, weiß. Das lateinische lux, lucis kommt daher, das auch in luna, dem Wort für den Mond steckt. Wenn der Tag nicht mehr fern ist gesellt sich zu luna Venus, der helle Morgenstern. Der hieß bei den Römern auch lucifer, Lichtbringer. Und Lucifer ist nicht umsonst ein Name des Teufels, der Gott seinen Platz streitig machen wollte und deswegen vom Himmel in die Unterwelt gestürzt wurde. Venus zieht ja als Planet seltsame Bahnen, geht auf, um schnell wieder unterzugehen. Symbol für ein Phänomen, das die Menschen immer schon gekannt haben: Der falsche Schein ist der Feind des richtigen, des rechten Lichts. Und der Grat zwischen richtig und falsch kann hier wie überall sehr schmal sein. Künstliches Licht muss nicht von vornherein schlecht sein. Aber man muss bewusst damit umgehen. So, wie es die Beleuchtungs-Profis der Hochschule Coburg tun. Sie hüllen seit 20 Jahren oberfränkische Orte für sieben Tage punktuell in ein Gewand, das nur aus Licht besteht, aber für spektakuläre Auftritte sorgt. Motto: Oberfranken leuchtet. Denn mit Licht gekonnt umzugehen, bedeutet viel mehr, als einen Strahler auf ein Gebäude zu richten. 50 Orte sind bereits von dem Hochschul-Team schon ins rechte Licht gerückt worden.

Ausgeleuchtet: Mobiles Licht aus der Oberpfalz

Licht und Schatten gehören zusammen. Und es ist gut, dass in den letzten Jahren das Bewusstsein dafür steigt, dass das Licht die Dunkelheit braucht, um wirken, überhaupt sinnvoll existieren zu können. Wer einen Gegenstand voll und ganz ausleuchtet - Worte können verräterisch sein: ausleuchten - der tötet ihn, macht ihn zum bloßen Objekt. Nehmen Sie zum Beispiel die prächtigen Altäre in den alten Kirchen. Sie sind für flackerndes Kerzenlicht gemacht, unter dem die Figuren lebendig werden und ihre Schatten tanzen lassen. Sie brauchen ihre dunklen Geheimnisse, um sprechen zu können, uns, buchstäblich, etwas zu sagen. Mittlerweile aber sind sie im Schein gleißender Strahler zu stummen Götzen erstarrt, die man, im konkreten, wie im übertragenen Sinn, nur noch schwer versteht. Freilich: Der, der sie einst hergestellt hat, solche Kunstwerke, der hätte sich vielleicht über besseres Licht in seiner Werkstatt gefreut; und wer sie heute restauriert, der ist froh darüber, welch großartige Hilfestellung ihm die modernen Beleuchtungsmittel geben. Wie gesagt: Der Grat zwischen gutem und schlechtem Licht ist schmal. Der Sportler draußen zum Beispiel freut sich in dieser Jahreszeit über maximale Helligkeit. Und dafür ist die Firma Lupine in Neumarkt in der Oberpfalz eine sehr gute Adresse; wenn nicht gar die beste Adresse der Welt.

Abgelichtet: Unterwegs im Allgäu

Der Fotograf Kees van Surksum

Für den griechischen Philosophen Platon war die Welt nichts anderes als ein gigantisches Lichtspieltheater. Sein Höhlengleichnis erzählt davon, dass der Mensch nur tanzende Schatten sehen kann, nicht aber die Ideen, die Ideale, die Wirklichkeiten die dahinterstehen und diese Schatten werfen. Der Mensch schlechthin, das Gute schlechthin, die Welt schlechthin - von all diesen Idealen bietet die Welt lediglich einen Abglanz, einen bruchstückhaften Eindruck. Platons Gleichnis wurde auch im Christentum hochgeschätzt und hat sich tief eingeprägt in unser kollektives Bewusstsein: Wenn die Welt, so schattenhaft sie sein mag, schon so schön ist, wie schön muss dann erst die ideale Welt im göttlichen Himmel sein. Doch solche Überlegungen sind selten geworden. Vielleicht liegt's daran, dass wir uns heutzutage allzu selten persönlich davon überzeugen und uns gewissermaßen mit den Schatten der Schatten begnügen - im Fernsehen. Dabei bietet Bayern vom Main bis zu den Alpen genug Gelegenheiten, sich von der prächtigen Welt, so schattenhaft sie sein mag, leibhaftig und lebhaft beeindrucken zu lassen. Im Allgäu zum Beispiel:

Zum Schluss

Bei den Ureinwohnern Amerikas beginnt die Schöpfung mit dem Raben, der in den Himmel flog mit einem Stück Glut im Schnabel, das zur Sonne wurde. Damit hat er die Menschen aus elender Dunkelheit erlöst. Bei den ozeanischen Völkern gebären Po, die Dunkelheit und La, die aufgehende Sonne die ersten Götter. In der Bibel liegt Finsternis über der Tiefe bevor Gott spricht Es werde Licht, das Licht von der Finsternis scheidet und damit den ersten Tag und die erste Nacht erschafft. Diese alten bildhaften Vorstellungen haben wir heute durch eine neue ergänzt: Die Singularität des Urknalls, aus dem das Licht der Sonnen und die Schatten der Welten entstehen. Ein weiteres Bild halt. Platon hat schon recht gehabt: Wir sehen nicht, was wirklich dahinter ist. Dafür ist der Hellste nicht hell genug.


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