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Kommentar Halbjahresbilanz der Corona-Politik

Nach dem ersten Corona-Halbjahr hat sich vieles in Deutschland verändert: Der Lockdown ist zwar vorsichtigen Lockerungen gewichen ist, gilt weiterhin das Gebot des Social Distancing. Kommentatorin Ina Krauß blickt auf die letzten Monate zurück.

Von: Ina Krauß

Stand: 27.07.2020 | Archiv

03.06.2020, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und Vorsitzender der CSU, sprechen bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt. Bund und Länder legen im Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 ein Konjunkturpaket im Umfang von 130 Milliarden Euro auf. Foto: John Macdougall/AFP/POOL/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: dpa-Bildfunk/John Macdougall

Am Anfang lief es ziemlich gut: der erste Corona-Ausbruch beim Autozulieferer Webasto war schnell unter Kontrolle, die Infektionsketten unterbrochen, das Werk nach zwei Wochen wieder in Betrieb. Dieser erste Sieg über Covid-19 war trügerisch und gab der Politik das Gefühl, die Pandemie sei leicht in den Griff zu bekommen. Dabei hätte sie es besser wissen müssen. Denn bereits dieser erste Fall zeigte, wie hoch ansteckend des Virus ist und wie schnell es nicht nur das Gesundheitswesen, sondern weite Kreise des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft lahmlegen konnte.

Zwischen Lockdown und Verschwörungstheorien

Es folgte der Lockdown, gefolgt von schrittweisen Lockerungen. Die Politik manövrierte durch eine Zeit der Unsicherheit und des Nichtwissens. Und bis heute bleibt das richtige Maß die große Streitfrage. Die Debatte um das richtige Maß hat die Kraft, die Gesellschaft weiter zu spalten. Nicht jede Kritik und jeder Zweifel an den staatlichen Maßnahmen ist gleich eine Verschwörungstheorie. Doch gezielt gestreute Halbwahrheiten und Falschinformationen vergiften jede sachliche Auseinandersetzung. Die aber braucht es. Sie ist sogar essenziell für den weiteren Umgang mit dieser und folgenden Pandemien.

Die Politik hat dazu gelernt

Bis heute lässt sich nicht abschließend beurteilen, welcher Weg der richtige ist. Denn immer noch ist die Corona-Krise nicht ausgestanden. Keiner weiß, ob errungene Erfolge eines drastischen Lockdowns nicht genauso schnell wieder zunichtegemacht werden können. Klar ist, dass Deutschland bisher keinen allzu schlechten Job gemacht hat. Und dennoch liegt die Krise, die Stärken und Schwächen des bisherigen Kurses offen. Die Politik hat offenbar aus dem Fluchtjahr 2015 gelernt und in der Corona-Krise mehr Augenmerk daraufgelegt, ihre Maßnahmen zu erklären. Die Kommunikation läuft eindeutig besser. Bundeskanzlerin Merkel mahnte in Fernsehansprachen zur Vorsicht. Bayerns Ministerpräsident Söder wandte sich häufig in Pressekonferenzen an die Öffentlichkeit. Doch diese im Live-Stream übertragenen Ansagen ohne persönlich anwesende Journalisten, die nach und hinterfragen konnten, hinterließen einen schalen Beigeschmack.

Ein Korrektiv hat gefehlt

Es war die Sternstunde der Exekutive und eines bayrischen Ministerpräsidenten, einer Bundeskanzlerin, eines Gesundheitsministers. Das Krisenkabinett hat gut daran getan, Führungsstärke zu zeigen. Was aber gefehlt hat, vor allem in den ersten Wochen des Lockdowns, war ein Korrektiv. Wo war die Opposition? Das Parlament? So mussten erst Gerichte klarstellen, dass die Demonstrationsfreiheit in Zeiten des Lockdowns unverhältnismäßig eingeschränkt wurde. So zeigt sich in der Krise, dass die Demokratie die Gewaltenteilung genauso braucht wie kontroverse Debatten.


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