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Kommentar Merkel und Söder provozieren mit Auftritt in Herrenchiemsee

Die Harmonie zwischen einem CSU-Chef und einem CDU-Kanzler war selten größer. Auf Schloss Herrenchiemsee haben Markus Söder und Angela Merkel das medienwirksam demonstriert. Die K-Frage kam trotzdem nicht zur Sprache. Mit ihrem Besuch provoziert die Kanzlerin ihre eigene Partei, meint Kommentator Tobias Betz.

Stand: 15.07.2020

14.07.2020, Bayern, Prien Am Chiemsee: Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), fahren gemeinsam mit einem Schiff der Chiemsee-Schifffahrt auf die Insel Herrenchiemsee. Dort findet die bayerische Kabinettssitzung in der Spiegelgalerie des Neuen Schlosses statt, an der Merkel teilnimmt. | Bild: dpa-Bildfunk/Peter Kneffel

Machen wir uns nichts vor: Natürlich wissen Merkel und Söder um die Macht dieser Prunkbilder von Herrenchiemsee. Söder mag gerade so beliebt sein im Land, dass das eine oder andere christsoziale Parteimitglied deshalb von einem bayrischen Bundeskanzler träumt. Doch es würde die Partei in ihren Grundfesten erschüttern. Gleichzeitig provozieren Merkel und Söder die CDU.

Gefahr einer Spaltung

Klar, einen CSU-Kanzler hat es noch nicht gegeben. Aber die Partei muss bedenken: bisher sieht sie sich als regionale Partei mit bundespolitischem Anspruch. Gerne grenzt sie sich von ihrer großen Schwester CDU ab, spielt Opposition in der Bundesregierung. Das kommt gut an in Bayern. Würde Söder aber tatsächlich ins Kanzleramt einziehen, ist das nicht mehr möglich. Die Partei wäre dann die regionale Partei mit bundespolitischem Auftrag. Und zwar ganz oben. Und wie soll das Zusammenspiel eigentlich funktionieren zwischen CSU-Kanzler und dem Ministerpräsidenten in Bayern? Das könnte die CSU gar spalten, nämlich dann, wenn sich der bayerische Ministerpräsident und der Bundeskanzler uneins sind. Das kommt oft genug vor. Auch provozieren Merkel und Söder durch ihren Auftritt Unruhe innerhalb der Unionsfamilie. Der große Player ist die CDU. Dort könnte es wegen dieser prunkvollen Herrenchiemsee-Bilder wütende Reaktionen geben.

Bilder, die in der Union nachwirken

Erst im Dezember wird ein neuer CDU-Chef gewählt, und die beiden entscheidenden Voraussetzungen für einen Kanzlerkandidaten von der CSU sind nicht gegeben: Die erste Voraussetzung wäre die CDU ist schwach, kann nicht überzeugen, schwirrt in den Umfragen ab. Das trifft aber nicht zu. Die CDU steigt in den Umfragen, sie ist alles andere als schwach. Die zweite Voraussetzung: die CDU findet schlicht keinen geeigneten Kandidaten. Aber drei Bewerber um den Vorsitz der CDU würden auch gerne Kanzler werden. Kein Problem also. Und jetzt kommt dieser Auftritt in Herrenchiemsee, der aussieht wie eine Festlegung der Kanzlerin für Markus Söder. Als nächsten Kandidaten stellt sich nun die Frage, ob Merz, Laschet und Röttgen sich davon provozieren lassen. Irgendwie umgehen müssen sie damit. Denn die Bilder von heute werden bleiben, Schaden noch unklar.


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