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Faszination Feuer Kochen auf offener Flamme

Wenn er einen Induktionsherd sieht, erzählt Manfred Schuller, schüttelt es ihn. Stattdessen kocht er gerne low-tech, auf seinem selbstgebauten Holzfeuerofen. Eine fast vergessene Kunst.

Von: Thibaud Schremser

Stand: 25.12.2020 | Archiv

Er ist wie ein Frühstücksei, sagt Manfred Schuller immer über seinen Herd. Wie ein Ei, das man geköpft hat.

"Der Herd hat ungefähr 80 Zentimeter im Durchmesser, ist kreisrund. Sie können sich das vielleicht vorstellen wie eine Halbkugel, der man wie bei einem Frühstücksei die obere Sache rund kappt und dann bleibt ein Loch. Dieses Loch mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern ist das wichtigste, denn dort kann man eine Kupferkesse einsetzen. Dann hat der Herd noch zwei weitere Öffnung an den Seitenwangen. Eine größere, das ist die Schüröffnung. Und auf der anderen Seite, etwas kleiner, einen Lüftungsschlitz, mit dem man so ein bisschen, gerade beim Anheizen, die Lüftung regulieren kann."

Manfred Schuller

Kein Strom, kein Mobilfunknetz, keine Zentralheizung – aber ein Feuerofen

Manfred Schuller hat sich diesen Freiluftherd selbst gebaut, vor einer abgelegenen Mühle in den Haßbergen, die er gemeinsam mit seiner Frau Christine als Zweitwohnsitz gepachtet hat. Abgelegen heißt: zwei Kilometer zum nächsten Nachbarn, kein Strom, kein Mobilfunknetz, keine Zentralheizung, für Manfred Schuller ein Traum.

"Man kommt nicht drum herum, hier zu entspannen. Wenn’s dunkel wird, hat man das Gefühl, man müsste jetzt eigentlich schon Feierabend machen. Eigentlich ein wunderbares Gefühl. Man muss auch nicht gucken, was man anhat. Wenn mal was dreckig ist, auch egal. Das gehört schon unbedingt dazu. Für uns ist dieses einfache Leben etwas sehr Schönes, auf das eigentlich Wichtigste reduziert. Gerade auf das Kochen. Man kann mit sowas Primitivem, einem selber gebauten Herd oder Ofen, wunderbare Gerichte machen."

Manfred Schuller und Christine Hans-Schuller

Ein Ofen nach usbekischem Vorbild

Plof-Ofen heißt diese Art von Herd, den Manfred Schuller bei Dienstreisen kennengelernt hat. Diese Bauweise ist in Usbekistan typisch, so wie das Außen-Kochen auf offenem Feuer, und eben auch das dortige Nationalgericht, das diesem Ofen seinen Namen gibt: Plof. Ein Eintopf, den das Ehepaar auch heute kocht.

"Also dieses Knistern, das Sie gerade gehört haben, das ist typisch für ein Feuer mit Nadelholz, also mit Fichte. Würde ich das jetzt mit Buche machen, würde es nicht so schnell anbrennen, dann würden Sie dieses typische Knistern und Knacken nicht hören."

Manfred Schuller

Ein Feuer ist ein Phänomen

Sobald ein Feuer brennt, ziehen die Flammen Blicke auf sich und die Menschen, die um das Feuer herumstehen, kommen ins Plaudern. Manfred Schuller erzählt, wie seine Vorfahren diese Mühle bewirtschafteten und wie einer seiner Ahnen sie irgendwann tauschte gegen einen Bauernhof. Er setzt den Kupferkessel ein. Er erzählt, wie die Mühle dennoch Sehnsuchtsort blieb für seine Familie und wie er sie zurückholte, indem er einen Pachtvertrag abschloss. Er gibt Rapsöl in den Kessel. Er erzählt, von der Besonderheit, dass das Mühlrad nicht außen sichtbar angebracht war, sondern im Untergeschoss des Gebäudes, um das Rad besser vor Kälte zu schützen. Das Öl ist jetzt heiß. Der Kessel muss nun runter vom Feuer, ganz schnell. Das Öl ist zu heiß.

"Sie sehen, die Hitze geht rasend schnell und man muss eben aufpassen. Man darf eigentlich nicht nebenher irgendwas quatschen."

Manfred Schuller

Das Öl kühlt neben der Feuerstelle ein bisschen ab. Jetzt kommen die Zutaten in den Kessel und werden angebraten und der Kessel wandert zurück auf die Flammen. Dann kommt Wasser dazu, Fleisch und Gemüse schmoren. Und dann noch Reis, der 20 Minuten lang quellen muss.

Etwas Leckeres kochen – mit den einfachsten Mitteln

Man kann mit ganz einfachen Mitteln etwas sehr Leckeres kochen, sagt Manfred Schuller mehrmals, während er mit Holzscheiten, Kochlöffel und Gewürzpulver hantiert. Auch später, beim Essen, da wird er es wieder sagen. Diese Botschaft ist Manfred Schuller wichtig. Strom, beschichtete Pfannen, Küchenmaschinen sind für ihn überflüssig.

"Grade bei Kindern: Die modernen Kinder wissen ja teilweise nicht mal mehr, wie eine Kuh ausschaut. Die sind dann ganz fasziniert, wenn die sehn, dass man so kochen kann und dass sie auch mal ein Feuer machen dürfen und gezeigt kriegen, wie das läuft. Also da ist die Begeisterung immer groß."

Manfred Schuller

Feuer fasziniert. Manfred Schuller soll als Kind schon gern mit Feuer hantiert haben. Im Sandkasten hat er mal einen Vulkan gebaut, erzählt er, aus dem es gequalmt hat, also echt gequalmt. Das Kochen mit Feuer macht Arbeit, keine Frage, aber es macht auch Freude.

Kochen mit Feuer: aufwändig, aber befriedigend

Gegessen wird drinnen. In der kachelofengeheizten Stube im ersten Stock. Das Kochen hat eine gute halbe Stunde gedauert; nicht viel länger und aufwändiger als auf dem Elektroherd. Aber: Die Arbeit beginnt ja lange vor dem Anheizen.

"Es ist aufwändig. Es geht ja schon los, dass man eine Rotbuche fällen muss und dann hat man fünf Meter lange Stämme und dann muss ich die kleinschneiden. Das mach ich mit der Kettensäge. Ganz klein, weil ich die mit der Hand spalte. Also der Aufwand vom Ursprung des Feuers, also von dem Brennmaterial, bis zum Kochen ist tatsächlich wirklich groß. Auf der anderen Seite: Wenn ich vor einem Induktionsherd stehe, schüttelt es mich, weil ich das Ding einfach nicht mehr verstehe. Aber ich find’s faszinierend, wenn ich die Kette dessen, was ich wirklich tue, auch wirklich verstehe. Man kann sagen, es ist primitiv, aber für mich auch wirklich wichtig."

Manfred Schuller

Selbstbestimmtheit fällt nicht vom Himmel

Dieses Verstehen und Begreifen kostet natürlich Zeit, es macht Arbeit. Aber die kann sich lohnen, denn sie gibt einem das Gefühl von Selbstbestimmtheit. Vielleicht ist es das, was uns das Kochen mit Feuer beibringen kann: Selbstbestimmtheit fällt nicht vom Himmel, da muss man sich schon anstrengen.


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