TV & Serie // Rellik Ein Brainfuck in sechs Folgen

"Rellik" rollt den Standardkrimi wortwörtlich rückwärts auf und erzählt die Geschichte vom Ende zum Anfang. Aber reicht eine ungewöhnliche Idee für eine gute Serie?

Von: Vanessa Schneider

Stand: 01.08.2017 | Archiv

TV & Serie: Rellik | Bild: BBC Pictures

Endlich ist er gefasst. Nach mindestens sechs Morden und Säureattacken hat die Polizei den vermeintlichen Täter gestellt: Es ist Steven Mills, Familienvater mit starken psychischen Problemen. Als er verzweifelt zum Handy greift, trifft ihn eine Kugel - tödlich.

Eine normale Krimiserie würde genau hier aufhören: Mörder unschädlich gemacht, Fall gelöst. Aber das Ende steht am Anfang von "Rellik". Und ab hier wird die Zeit peinlich genau zurückgespult.

Zurückgespult und wiederholt

Erst geht's 10 Stunden und 28 Minuten zurück, mitten in die Ermittlungen – und von da an immer weiter, schließlich ganze Jahre in die Vergangenheit bis zum Anfang allen Übels. Denn auch wenn der Mörder offenbar gefasst ist: Das Motiv für seine Taten ist nicht geklärt – und damit auch nicht, ob er wirklich der Säurekiller ist, für den ihn die Polizei hält. Ausgerechnet Detective Gabriel Markham (gespielt von Richard Dormer aka "Beric Dondarrion" aus Game of Thrones) macht seine Kollegen auf dieses Problem aufmerksam.

Markham ist eines der Opfer, er hat die Säureattacke überlebt und ermittelt die Fälle. Er ist ein bitterer, in sich gekehrter Typ, entstellt von der Säure – und mit Ehe- und Alkoholproblem. Der klassische super-männliche Supercop mit einem tragischen Geheimnis also. Ihm sechs Folgen dabei zuzusehen, wie er das Motiv des Säurekillers ersinnt, wäre ziemlich öde.

Aber die Macher von "Rellik", die auch hinter der Hit-Serie "The Missing" stecken, haben sich genug von Arthouse-Filmen wie dem grandios-verwirrenden Psychotriller "Memento" abgeguckt, um an den richtigen Stellen falsche Fährten zu legen und den Zuschauer in die Irre zu führen. Bald steht fest, dass der Verdächtige Steven Mills nicht der wahre Säurekiller sein kann.

Eine anstrengende Schnitzeljagd für Hobbydetektive

Von da an durchforstet man wirklich jede Szene nach Hinweisen auf den echten Säuremörder. Das Problem ist nur, dass "Rellik" den Zuschauern diese Hinweise in der umgekehrten Reihenfolge präsentiert – während man immer weiter in die Vergangenheit eintaucht. Das ist sehr atmosphärisch inszeniert, besonders das Zurückspulen ist eine Augenweide: Chips wandern aus dem Mund in die Tüte, Blut fließt in die Wunde zurück, ein loderndes Feuer glimmt und verschwindet. So schön das aussieht – und so clever es gemacht ist – die Zeitsprünge sind auch: ein absoluter Brainfuck.

Selbst Detektiv zu spielen macht Spaß, aber bei "Rellik" wird’s anstrengend. Wenn man eine Folge dreimal anschauen muss, am besten mit Stift und Zettel, um wirklich alles zu verstehen, dann macht eine Serie irgendwas falsch – und das ist bei "Rellik" leider der Fall. Wäre die Serie besser, würde sich die Mühe vielleicht lohnen – aber ganz ehrlich: dafür warten zu viele andere gute Serien auf der Watchlist.

Rellik läuft ab 10.11.2017 bei Amazon Prime Video.

Sendung: Filter, 08.11.2017 - ab 15.00 Uhr