TV & Serie // "Happy!" Ein surrealer Blutrausch für Comic-Fans

Comics auf den Bildschirm zu bringen ist nicht so leicht: Die Netflix-Serie "Happy!" schafft's mit blutiger Action, einer völlig abgedrehten Story und einem sprechenden und fliegenden Einhorn.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 16.05.2018 | Archiv

Szene aus der Netflix-Serie "Happy!" | Bild: Netflix

Es fliegt, es ist lila und es ist unerträglich gut gelaunt: Happy ist ein kleines, süßes Cartoon-Einhorn – und flattert direkt vor den Augen von Nick Sax, seines Zeichens Ex-Cop mit kleinem Alkoholproblem und gerade kurz davor abzunippeln.

Sax hat einen Herzinfarkt. Der letzte Job als Auftragskiller war vielleicht doch etwas viel: die Söhne eines italienischen Clanchefs erledigen. Kaum hat er das Blutbad hinter sich, bricht er auf der Straße zusammen. Und dann ist da auf einmal dieses sprechende lila Einhorn mit viel zu großen Augen. Irgendwie liebenswert. Und furchteinflößend.

Happy ist der Fantasiefreund eines kleinen Mädchens. Das steckt in der Klemme, denn es wurde von einem ziemlich bösen und gestörten Weihnachtsmann gekidnappt. Und ausgerechnet Sax soll helfen. Warum wird bald klar: Er ist der Vater des Mädchens – und das Einhorn ist nicht bloß eine seiner drogeninduzierten Wahnvorstellungen. Das ungleiche Paar tut sich also zwangsweise zusammen und dann geht der Wahnsinn erst richtig los.

Sieht aus wie direkt aus dem Comic …

"Happy!" ist eindeutig eine Comic-Verfilmung, das merkt man nicht nur an der irrsinnigen Story. Genau wie im Comic ist die Gewalt exzessiv, das Blut spritzt in Fontänen und Sax prügelt sich wie ein Berserker durch krasse Actionszenen. Das Einhorn könnte direkt aus einem niedlichen Kindercartoon stammen. Und wie auf einer Comicseite werden Szenen oft mit Splitscreens bebildert, die Kamera springt hektisch und die Perspektiven sind surreal verzerrt: Das sieht fantastisch aus und hat ein bisschen was von 90er-Jahre-Actionfilmen mit Bruce Willis. Leider gilt das aber auch für die Dialoge. Die klingen wie vertonte Sprechblasen einer Comicfigur: irgendwie künstlich und hölzern.

… leider klingen die Dialoge auch so

Da hilft auch der grandiose Hauptdarsteller nix: Christopher Meloni – in einem früheren Leben ein total integrer "Law & Order"-Ermittler – spielt mit extrem viel Körpereinsatz und einer großen Portion Selbstironie den brutalen, moralisch leicht verkommenen Ex-Cop Nick Sax. Und er hat offensichtlich extrem viel Spaß dabei.

Die Dialoge führen dazu, dass "Happy!” manchmal ziemlich anstrengend und bemüht rüberkommt. Vor allem im Kontrast mit der perfekt choreographierten, temporeichen Action. Diese Balance haben andere Comic-Adaptionen, wie "The End of The Fucking World” schon deutlich besser hinbekommen. Genre-Fans können darüber aber ganz bestimmt hinwegschauen – und den bunten Augenrausch trotzdem genießen.

"Happy!" ist bei Netflix abrufbar.

Sendung: Hochfahren vom 16. Mai 2018 – ab 07.00 Uhr.