NSU-Prozess


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NSU-Prozess, 271. Verhandlungstag Zschäpe lässt weitere Antworten verlesen

Zum dritten Mal äußerte sich Beate Zschäpe heute in Form einer schriftlichen Erklärung. Erneut beschrieb sie sich als Mitläuferin, die nur eine untergeordnete Rolle spielte. Harte Fakten gab es nur wenige.

Von: Tim Aßmann

Stand: 16.03.2016 | Archiv

Die Angeklagte Beate Zschäpe, aufgenommen am 16.03.2016 im Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München. | Bild: dpa-Bildfunk/Tobias Hase

"Die Aussage von Frau Zschäpe, die müssen wir jetzt durchlesen, die müssen wir bewerten und es ist wie auch die letzte Aussage ein Beweismittel unter vielen, die wir gegeneinander abwägen müssen, müssen sie auch mit harten Fakten konfrontieren."

Bundesanwalt Herbert Diemer

Bundesanwalt Herbert Diemer gab sich nach den erneuten Einlassungen von Beate Zschäpe betont zurückhaltend. Viele harte Fakten zum Konfrontieren waren allerdings in den Antworten der Hauptangeklagten nicht enthalten.

Zschäpe "redet" zum dritten Mal

Zschäpe machte zum mittlerweile dritten Mal Angaben zur Sache. Wieder nur schriftlich. Die Rolle des Vorlesers hatte diesmal ihr Wahlverteidiger Herrmann Borchert. Was der dann gute zwanzig Minuten im Namen seiner Mandantin vortrug, lag inhaltlich auf der Linie der vorherigen Erklärungen.

Im untergetauchten Neonazitrio war Zschäpe, ihren eigenen Angaben zufolge, eher eine Mitläuferin, hatte eine untergeordnete Rolle. Von Uwe Böhnhardt, mit dem sie nach ihren Schilderungen auch im Untergrund zusammen war und den sie liebte, sei sie zwischen 1998 und 2001 mehrfach geschlagen worden, ließ Zschäpe nun im Prozess verlesen. Böhnhardt habe sie zum Beispiel verprügelt, als sie sich über eine offen herumliegende Pistole beschwerte oder weil sie einen Internetzugang in der Wohnung wollte.

Tatsächlich nichts gewusst?

In einer vorherigen Erklärung hatte Zschäpe eingeräumt, nach dem Auffliegen der Terrorzelle 2011 das Bekennervideo des NSU verschickt zu haben. Dass es in dem Film auch um die von Mundlos und Böhnhardt begangenen Morde ging, will Zschäpe nicht gewusst haben. Kann das stimmen? Man weiß von Morden, soll einen Bekennerfilm verschicken und denkt dass es nur um die Raubüberfälle nicht aber um die Morde geht? Nebenklageanwalt Walter Martinek zweifelt:

"Die Aussage dass man davon ausgeht, dass wenn man Kenntnis hat, dass es diese Morde gegeben hat, dass man dann nachher sagt, dass ich gedacht habe, dass auf diesen Videos lediglich Raubüberfälle drauf sind, dass erscheint mir nicht glaubhaft."

Walter Martinek, Anwalt

Welche Rolle spielte Andre E.?

So ging es vielen Zuhörern und auch das ist eine Parallele zu den vorherigen Zschäpe-Erklärungen. Sie machte nun auch erneut Angaben zur Rolle des Mitangeklagten Andre E. Dass der Neonazi und seine Ehefrau das Trio in dessen Zwickauer Wohnung regelmäßig besuchten und es auch am Tag des Auffliegens des NSU noch ein Treffen zwischen Andre E. und Zschäpe gab, war schon bekannt.

Jetzt ließ Beate Zschäpe auch durch ihren Anwalt erklären, dass Andre E. und seine Frau wussten, dass sich das Trio durch Raubüberfälle finanzierte.  Von den Morden Anschlägen soll das Ehepaar aber keine Kenntnis gehabt haben. Die Antworten Zschäpes könnten den Prozessbeteiligten vor allem interessante Schlussfolgerungen ermöglichen.

Gleichberechtigt oder untergeordnet?

Stand sie in der Hierarchie des Trios wirklich ganz unten? In ihren Antworten beschrieb sie zum Beispiel, wie Mundlos, Böhnhardt und sie selbst gemeinsam entschieden, den Freund Andre E. ins Vertrauen zu ziehen, ihm von den Überfällen zu berichten. Das klingt eher nach einer gleichberechtigten als nach einer untergeordneten Rolle Zschäpes. Opferanwalt Stephan Lucas.

"Es ist immer gefährlich, wenn man am Anfang eine Einlassung bringt, die ein reines Bestreiten beinhaltet und dann auf Fragen des Gerichts versucht wird nachzubessern. Denn damit kann man auch möglicherweise viel Futter geben, mit dem berühmten Schuss, der dann nach hinten losgeht. Sie hat sehr viel zwischen den Zeilen gesagt zu dem Thema, wie sie Bestandteil des Trios gewesen sein mag. Man muss sich klar machen, alles was sie heute gesagt hat, kann das Gericht bewerten. Auch gegen sie."

Stephan Lucas, Opferanwalt

Der Prozess wird morgen fortgesetzt und es könnte kein guter Tag für Zschäpe werden. Thema: Eine DVD aus der letzten NSU-Wohnung. Darauf zu sehen: Fernsehberichte über den Kölner Nagelbombenanschlag. Einem aktuellen BKA-Bericht zufolge wurden die Aufzeichnungen manuell gemacht und zwar nur wenige Stunden nach der Explosion. Das macht es unwahrscheinlich, dass Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos auf den Aufnahmeknopf drückten. Bediente Zschäpe den Videorekorder? Das lässt sich mit dem BKA-Bericht nicht zweifelsfrei belegen.


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