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BayernLB-Tochter GBW Landesbank hofft auf Milliardenerlös

Die BayernLB hat zahlreiche Angebote für ihre Wohnungsgesellschaft GBW bekommen. In Bayern hat die GBW rund 32.000 Wohnungen. Die Mieter sind in Sorge.

Stand: 18.12.2012

Bei der BayernLB haben sich nach Angaben der Bank eine "große Zahl nahmhafter Interessenten" gemeldet. Die Namen der Bieter oder die Höhe der Gebote nannte die Landesbank aber nicht. Bereits bekannt ist aber, dass zu dem Kreis der Interessenten das Augsburger Immobilienunternehmen Patrizia sowie das kommunale Konsortium "Wohnen in Bayern", dem auch die Städte München und Nürnberg angehören, zählen. Interesse soll auch der österreichische Immobilienkonzern Immofinanz angemeldet haben. Offen ist, ob sie alle ein Gebot abgeben werden. Die Landesbank kann auf einen Erlös in Milliardenhöhe hoffen.

Mögliche Käufer hatten sich bis Mitte November melden müssen. Den Stichtag hatte die Bayerische Landesbank Mitte Oktober in mehreren Verkaufsanzeigen lanciert. Potenzielle künftige GBW-Eigentümer mussten schriftlich ihr Interesse bekunden und darlegen, warum sie die GBW kaufen wollen. Zudem sollten sie bestätigen, dass sie eine Sozialcharta zur Absicherung der Mieter akzeptieren. Der nächste Schritt ist nun die Abgabe eines Kaufpreisangebots.

Streitpunkt Sozialcharta

Schon lange wird über Sicherheiten für die Mieter in den rund 32.000 GBW-Wohnungen gestritten. Zuletzt hatte Finanzminister Markus Söder (CSU) von einer "Firewall" gesprochen, die den Mieterschutz gewährleisten werde. Der Käufer der Wohnungen müsse eine "Sozialcharta XXL" akzeptieren, die einzigartig in Deutschland sei: Sie sehe einen Kündigungsschutz für mindestens zehn Jahre vor, für Behinderte und über 60-Jährige gelte er sogar lebenslang. Das Regelwerk umfasst ferner einen Ausschluss von Luxussanierungen für fünf Jahre und maximale Mieterhöhungen von insgesamt 15 Prozent binnen drei Jahren.

Bei Verstößen drohten dem Investor Geldstrafen. Schließlich könne der Kaufvertrag nichtig werden. Söder schloss erneut aus, dass der Freistaat die GBW erwirbt, die zu 92 Prozent der Bayerischen Landesbank gehört. Das Geldinstitut muss seine Anteile an der Wohnungsgesellschaft laut EU-Kommission über ein Bieterverfahren veräußern. Seit Monaten wird deshalb in Bayern darüber gestritten, wer die Wohnungen kaufen soll, muss oder darf. Ude und sein Nürnberger Amtskollege Ulrich Maly (beide SPD) sehen den Freistaat in der Pflicht, Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Söder sagen hingegen ausdrücklich Nein.

Opposition fordert individuellen Mieterschutz

Die Opposition befürchtet, dass Söders Vorgaben keinen ausreichenden Schutz bieten. Die von Söder angekündigte "Sozialcharta XXL" habe keinen verlässlichen Wert und vermittle keine Sicherheit, sondern sei nur ein schönes Wunschgebilde, sagte etwa Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Er verwies darauf, dass die angekündigte Begrenzung der Mieterhöhungen nicht für die einzelnen Mieter gelte, sondern dass die Mieteinnahmen des Unternehmens insgesamt gemeint seien. Deshalb hätten beispielsweise die Münchner GBW-Mieter angesichts des stetig steigenden Mietniveaus in München gar nichts "von diesem revolutionären Schritt".

Statt einer allgemeinen Sozialcharta sei ein individueller Mieterschutz erforderlich, sagte die Grünen-Abgeordnete Christine Kamm. Der SPD-Abgeordnete Harald Güller nannte es "Farce", dass es die von den Mieterverbänden geforderten Zusatzmietverträge erst nach einem Verkauf der Wohnungen geben soll.

Mieterverband: "windelweiche Sozialcharta"

Die Mieterverbände selbst äußerten sich ebenfalls kritisch. Die Staatsregierung versuche, die Mieter mit einer "windelweichen Sozialcharta" in Sicherheit zu wiegen, so Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbundes. Weder würden mit der geplanten Regelung die Mieterrechte effektiv geschützt noch die GBW vor der Zerschlagung.

"Nur weil die von Söder im Frühjahr ursprünglich angekündigte 'Sozialcharta plus' jetzt zur 'Sozialcharta XXL' aufgeblasen wird, ist sie nicht effektiver."

Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbundes

Söder wies Schmid-Balzerts Kritik zurück. Der Vorwurf, die Schutzbestimmungen für die GBW-Mieter seien "windelweich", sei unzutreffend, erklärte der Minister auf seiner Facebook-Seite. Die Bewohner erhielten beim geplanten Verkauf der Häuser einen Schutz vor Kündigungen und Mieterhöhungen, der besser sei als das deutsche Mietrecht.

Angst vor der Heuschrecke

Auflagen des EU-Beihilfeverfahrens

Zusammen mit der Zusage von Milliardenbeihilfen für die BayernLB verhängte die EU-Kommission etliche Auflagen. Dazu gehören die Rückzahlung von fünf Milliarden Euro Staatshilfe bis 2019 und eine Schrumpfkur. Unter anderem müssen deshalb die GBW-Wohnungen verkauft werden - und zwar in einem offenen Bieterverfahren. Der Freistaat Bayern hatte die Landesbank 2008 mit zehn Milliarden Euro vor der Pleite gerettet.

Als ein Interessent für die GBW gilt das Augsburger Immobilienunternehmen Patrizia, das in Baden-Württemberg bereits 20.000 Wohnungen von der dortigen Landesbank LBBW gekauft hat. Das Worst-Case-Szenario für den Mieterverband wäre der Verkauf an einen Finanzinvestor, der keinerlei Rücksicht auf soziale Belange nehme. "Heuschrecken sind in erster Linie renditeorientiert", warnt Schmid-Balzert.

Das ist die GBW

Die GBW ist die größte Wohnungsgesellschaft im Freistaat mit rund 32.000 Wohnungen, in denen insgesamt etwa 85.000 Menschen leben. Ein Großteil des Bestands sind Sozialwohnungen. Größter GBW-Standort ist die Region München mit mehr als 10.000 Wohnungen, gefolgt von Nürnberg und Erlangen mit mehr als 5.000. Weitere Wohnungen sind in Regensburg, Landshut, Würzburg, Miltenberg am Main und anderen Städten.


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