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Florian Herrmann im Sommerinterview "Ich war immer schon gegen die Dritte Startbahn"

Beim Thema Dritte Startbahn ist der CSU-Politiker ganz Freisinger: Er will keinen Flughafenausbau. Damit stellt er sich gegen den CSU-Mainstream. Im Sommerinterview äußert sich Florian Herrmann, Vorsitzender des Innenausschusses im Bayerischen Landtag, auch über AfD und Grüne.

Von: Arne Wilsdorff, BayernCenter

Stand: 08.08.2016 |Bildnachweis

Florian Herrmann (CSU), Voritzender des Innenausschusses im Bayerischen Landtag | Bild: picture-alliance/dpa

Grüß Gott, Herr Herrmann, wir sind hier oben auf dem Freisinger Domberg. Sie sind selbst in Freising aufs Gymnasium gegangen und leben hier. Zu welchen Anlässen kommen Sie hier herauf?

Auf den Freisinger Domberg komme ich beispielsweise zum Gottesdienstbesuch, hier im Freisinger Dom. Die Aussichtsplattform hier auf dem Domberg ist eine der schönsten Stellen in Freising, das ist wirklich wahr. Wenn das Wetter schön ist, sieht man nämlich sehr weit, fast bis in die Alpen.

Seit dem Bau des Flughafens hat sich die Gegend sehr verändert. Nun ist das ein heikles Thema: Die CSU ist gespalten. Die große CSU-Mutter möchte, um die Wirtschaft zu fördern, die dritte Startbahn, auch die Münchner Stadt-CSU. Ihre Kritiker werfen ihnen vor, sie wären zu geschmeidig der CSU-Führung gegenüber.

Das Thema dritte Startbahn begleitet uns schon seit über zehn Jahren, und wir als Kreisverband Freising, damals war ich auch gar nicht der Vorsitzende, haben uns aber immer schon gegen die dritte Startbahn ausgesprochen, und ich ja auch und auch bei den Abstimmungen dazu und im Plenum habe ich diese Haltung zum Ausdruck gebracht.

Spaltet seit zehn Jahren die CSU: Der Streit um den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen

Entscheidend ist, dass eine deutlich größere Sensibilität bei dem Thema mittlerweile vorherrscht, das kann man beispielsweise sehen, dass der Ministerpräsident in Attaching war, um sich vor Ort unmittelbar einen Eindruck zu verschaffen, die Argumente in Ruhe anzuhören, gleiches gilt für den Fraktionsvorsitzenden, also von der früheren Hauruck-Vorgehensweise bei solchen Themen sind wir weit entfernt, und deshalb kann ich nur sagen: Ich vertrete unsere Meinung, die Meinung unserer Region an den Stellen, an denen ich bin, mit deutlicher Stimme.

Es ist ja eine fürchterliche Hängepartie - der Ministerpräsident kündigt dauernd Entscheidungen an. Dann warten wir wieder ein paar Monate. Wie geht's denn weiter, im besten Fall?

Es gibt die einen, die Hauruck fordern, und die Anderen. Und zu den Anderen gehört der Ministerpräsident. Das sind halt die, die auch einen konkreten Weg irgendwie beschreiben müssen. Und meine Meinung ist, dass durch die Haltung der Landeshauptstadt München, festgelegt durch den Bürgerentscheid, letztlich derzeit kein Weg zu einer dritten Startbahn führt.

Im Bayerischen Landtag leiten sie den Ausschuss für kommunale Fragen, innere Sicherheit und Sport. Innere Sicherheit dominiert natürlich zur Zeit alles. Müsste man denn die Themen Zuwanderung und Asyl und die islamistische Terrorgefahr nicht schärfer voneinander abgrenzen?

Also ich meine, dass im Lauf der letzten Monate, im Lauf des letzten Jahres, den wir ja unter dem Eindruck von einem enormen Zustrom von Asylsuchenden und Flüchtlingen standen, in den letzten Wochen die Realität bei der Betrachtung des Themas eingekehrt ist, nämlich dass natürlich der Zustrom von über einer Million Menschen in ein Land auch ein sicherheitsrelevantes Thema ist, dass das ein Sicherheitsthema ist. Das heißt nicht - das haben wir auch nicht behauptet, das wäre auch völlig unsinnig - dass jeder, der in unser Land kommt, oder jeder Flüchtling ein potentieller Terrorist ist.

"Auf der anderen Seite ist es eben zwingend notwendig, dass wir wissen, wer sich in unserem Land aufhält, wir brauchen eine vollständige Registrierung, wir brauchen eine Identifizierung der Menschen, die hier sind."

Florian Herrmann, CSU

Ihr Lieblingsfeind sind die Grünen, die attackieren sie hart und bezeichen sie generell als polizeifeindlich. Müssten sie nicht eher die AfD als Demokratiefeinde härter angehen?

Das sind unterschiedliche Baustellen. Jeder kriegt die Kritik, die er verdient. Bei den Grünen ist es mit Sicherheit das Grundmisstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden, das Grundmisstrauen gegenüber der Polizei, gegenüber dem Landesamt für Verfassungsschutz zum Beispiel, wie es wieder sehr deutlich wurde bei der Diskussion um das neue Verfassungsschutzgesetz.

"Wenn ich zu sehr die Freiheit in den Vordergrund stelle und die Sicherheitsbehörden dadurch nicht schlagkräftig genug mache, wenn ich nicht das richtige rechtliche Instrumentarium zur Verfügung stelle, damit die Behörden die vielen, vielen Beamten auch vernünftig arbeiten können, dass sie auch Online-Daten, digitale Daten ermitteln können, dann ist das eine falsche grundlegende Richtungsentscheidung, die zeigt eine grundsätzliche Einstellung zu Sicherheitsbehörden, zur Vorgehensweise von Sicherheitsbehörden, und vor allem zum Stellenwert von Sicherheit."

Florian Herrmann, CSU

Der Freisinger Domberg überragt die Heimatstadt von Florian Herrmann

In Sachen AfD, wo auch demokratische Grundrechte angekratzt werden: Wie ist da ihre Position? Sehen Sie da den größten Feind, die größte Gefahr für CSU bei nächsten Wahlen?

Also ich sehe vor allem eine Gefahr darin, dass der Bereich der Nichtwähler künftig in Richtung AfD tendiert, also die potentiell unzufriedenen, insgesamt die großes Misstrauen gegenüber Politik, Institutionen generell zum Ausdruck bringen, die sich als Verlierer sehen. Aber auch die, die Sehnsucht nach den einfachen Lösungen haben.

Wenn man sich jetzt die CSU selbst anschaut: Da gibt's auch viele die dem rechten Rand rhetorisch nahestehen, bei den einfachen Mitgliedern. Sie hatten selbst einen Fall in Moosburg, wo der Kassier auf Facebook rechte Sprüche gepöbelt hat. Der ist mittlerweile aus der Partei ausgetreten. Wo ist die Grenze bei der Parteilinie: Keine Partei rechts von der CSU?

Diese Doktrin halte ich für ganz wichtig, die ist Kern unseres Selbstverständnisses als CSU, als bayerische Volkspartei, an dem wir auch festhalten. Dazu gehört aber natürlich auch die klare Abgrenzung an diesem rechten Rand. Und alles, was populistisch ist, und was in einem negativen Sinne populistisch ist, was zu rechtsextremen oder sogar rechtspopulistischen Rechtsextremistischen Gedankengut zu zählen ist, hat bei uns keinen Platz. Es hat Ausländerfeindlichkeit keinen Platz, weil das  nicht das geistige Niveau ist, das wir als CSU für uns in Anspruch nehmen.

Bei allen Schwierigkeiten auch innerhalb der CSU: Man bemüht sich um erfolgreiche Integration der Zuwanderer und Asylbewerber. Wie ist Ihre Meinung zur doppelten Staatsbürgerschaft?

Das war ein Kompromiss, der getroffen wurde, im Rahmen der großen Koalition hier noch mal Erleichterungen aufzunehmen.

"Die aktuellen Entwicklungen, gerade die Demonstrationen in Deutschland auf der Basis der Versammlungsfreiheit für Erdogan, mit dem Ziel, dort Grundrechte einzuschränken, Todesstrafe wieder einzuführen und ähnliches verdeutlichen aber, dass es möglicherweise doch nicht der richtige Weg ist, sondern dass die Idee, die hinter dem Staatsbürgerschaftsrecht steht, nämlich, sich klar zu bekennen zu einer Gesellschaft, zu einem Staat, und nicht Diener verschiedener Herren zu sein, vielleicht doch nicht so verkehrt war."

Florian Herrmann, CSU

Man kann ja schon sehen, dass wir bei vielen, die jetzt in der dritten Generation ich erleben, eine gewisse Rückwärtsbewegung feststellen. also auf einmal werden wieder Kopftücher getragen, obwohl das die Generationen vorher nicht gemacht haben. Man muss sich das genau überlegen, weil wir müssen sehen, dass Integration eben ein komplexer Vorgang ist - es ist nicht nur so dass ich die Sprache lerne, sondern ich muss echt ankommen. Ich habe da meine Zweifel, darum sollte man das Thema genauer prüfen.

Ihre Frau ist die Tochter des ehemaligen Freisinger SPD-Oberbürgermeisters Dieter Thalhammer. Wie geht’s denn zu, wenn sie mit den roten Schwiegereltern über Politik diskutieren?

Also Otto Wiesheu hat meinen Schwiegervater mal mit einem umgedrehten Bauerngselchten verglichen - nämlich außen Rot und innen Schwarz. Er ist eher, würde ich sagen, ein Königlich-Bayerischer Sozialdemokrat mit sehr kirchlichen, bürgerlich-konservativen Wurzeln, wir haben keine Grundsatzdebatten über innere Sicherheit, sondern ganz normale Gespräche, wie das in der Familie so ist.

Und die Frage, wer nächster Ministerpräsident werden soll, nach Horst Seehofer?

Ich bin mir nicht sicher, ob wir darüber schon gesprochen haben, könnten wir mal machen. Aber ich vermute, dass er auch da eher an CSU-Politiker denkt, weil die Wahrscheinlichkeit, dass es ein SPD-Politiker wird, ja sehr gering ist.

Wen hätten sie denn gerne als Nachfolger von Horst Seehofer als Ministerpräsident?

Das werden wir entscheiden und diskutieren, wenn es soweit ist, sicher nicht jetzt.

Und was wollen Sie noch werden?

Ich bin Vorsitzender des Innenausschusses, was in der Tat einer der aufregendsten, spannendsten, interessantesten Ausschüsse ist und bin damit sehr zufrieden.

Vielen Dank für das Gespräch.







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J. Huber, Sonntag, 28.August 2016, 13:45 Uhr

1. Florian Herrmann ist ganz Freisinger, bis auf Januar

Als wir im Januar dieses Jahres an zwei Tagen in Kreuth gegen die 3. Startbahn demonstriert haben, habe ich keinen Landtagsabgeordneten Florian Herrmann gesehen, der es für notwendig erachtet hätte, mit den Betroffenen und eigenen Wählern zu diskutieren. Nur ein einziger CSU-Abgeordneter aus ganz Bayern hat mit dem Auto angehalten, mit uns zu sprechen. In Freising sagt man, wo CSU draufsteht, ist die dritte Startbahn drin.