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Peter Gauweiler Der streitbare Geist der CSU

Der vehemente Euro-Kritiker und Scharfmacher Peter Gauweiler tritt von seinen Ämtern zurück. Nicht das erste Mal - und schon einmal stand er vor seinem Comeback. 2013 rückte er an die CSU-Spitze auf, als Parteivize. Wir erinnern an seine Karriere und die größten Aufreger.

Stand: 31.03.2015 | Archiv

Peter Gauweiler | Bild: picture-alliance/dpa

Fast schon Stammgast ist Gauweiler bei den Verfassungshütern. Gegen die Demokratiedefizite im Lissabon-Vertrag der Europäischen Union hat er 2005 geklagt, und 2011 gegen den ersten, temporären Rettungsschirm zugunsten hochverschuldeter Euro-Länder. Ein Jahr später passt ihm dessen Nachfolger, der permanente Europäische Stabilitätsmechanismus ESM, nicht. Beim europäischen Fiskalpakt sieht er seine Rechte als Bundestagsabgeordneter zu sehr beschnitten. Deshalb geht es mit einer Organklage und einer Verfassungsbeschwerde erneut nach Karlsruhe. Denn Gauweiler, vielleicht ja so etwas wie das Euro-Gewissen des Bundestags, reagiert außerordentlich gereizt, wenn er das "Königsrecht des Bundestags", das Haushaltsrecht verletzt sieht.

Die politische Klasse wolle "ums Verrecken nicht zugeben, dass ihr Projekt Euro zu kurz gegriffen hat", findet Gauweiler. Von Vorhaltungen, er würde die Euro-Rettung verhindern und ohne den Euro würde die gesamte Europäische Union scheitern, hält er so gar nichts. "Schwarzer Peter" nennt sich Gauweiler, Jahrgang 1949, selbst. Zuschieben lassen will er sich diesen in Sachen Euro-Rettung aber keinesfalls. Klammen Euro-Ländern legt er den zeitweisen Austritt aus der Währungsunion nahe, zur Konsolidierung wohlgemerkt.

Leidenschaft in Lederhosen

Vor seinem innenpolitisch größten Triumph stand der passionierte Trachtenjanker- und Lederhosen-Träger im Herbst 2011. Auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg bewarb sich der verheiratetete, vierfache Familienvater um einen der einflussreichen Partei-Vize-Posten - und verlor nur knapp gegen Verkehrsminister Peter Ramsauer. Parteichef Horst Seehofer hätte Gauweiler schon damals, auch wegen dessen populistischer Kraft, gerne mehr integriert, scheiterte aber an parteiinternen Widerständen. Deshalb wurde es vorübergehend ruhiger um Gauweiler. Denn mit der Euro-Schuldenkrise meldete er sich zurück. Gerne mahnte er auch vor den möglichen Folgen mit vor Erregung zitternder Stimme am Rednerpult des Bundestags.

"Scharfmacher sind besser als Stumpfbleiber."

Gauweiler zum Vorwurf, er würde politische Debatten einseitig anheizen

Markige Aussagen als Markenzeichen

Eine deutliche Wortwahl scheint dem praktizierenden Juristen eigen zu sein. Immer wieder tauchen, wenn man Gauweilers Biografie durchforstet, markige Aussagen auf. Seit 1968 CSU-Mitglied, 1972 zum jüngsten CSU-Stadtrat Münchens gewählt, ab 1982 Leiter des Kreisverwaltungsreferats, räumte er mit dem "Saustall" in der Münchner Fußgängerzone und dem U-Bahn-Bereich auf und legte sich mit der Münchner "Oktoberfest-Mafia" an. 1992 bezeichnete er als bayerischer Umweltminister (seit November 1990) die europäischen Maastricht-Verträge als "ausgemachte Schnapsidee".

Von Rückschlägen nie entmutigt

Umweltminister Gauweiler auf einer Aschermittwochs-Veranstaltung 1994 in München. Nach einer Generalabrechnung kündigte er seinen Rücktritt an.

Wer derart auf den Putz haut, der muss mit Gegenwind rechnen. Mitten in Gauweilers Wahlkampf 1993 um den Münchner OB-Posten gegen Christian Ude (SPD) wartete der Stern mit der sogenannten Kanzlei-Affäre auf; das Magazin berichtete von privaten Nebeneinkünften Gauweilers aus der Verpachtung seines früheren Anwalts-Kundenstammes an eine Münchener Rechtsanwaltssozietät. Die Anschuldigungen, die sich später als falsch herausstellten, brachten Gauweiler zwar um sein Amt als Umweltminister - aber nicht aus dem Konzept. Er schien daraus vielmehr neue Kraft zu ziehen. In einem Focus-Interview vom Sommer 2008 erklärte er, "immer wieder aufstehen nach Rückschlägen" sei eine Leistung, auf die er besonders stolz sei.

"Manchmal haben wir vor Feigheit gestunken."

Gauweiler im Spiegel zu den Hinterzimmerabsprachen vor der Demission des damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber Anfang 2007

Metamorphose des "Law-and-Order-Mannes"

Innenstaatssekretär Peter Gauweiler im Februar 1987 mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß

Auch als Mitglied des Bayerischen Landtags und aktuell als Bundestagsabgeordneter (Vorsitzender im Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik) scheute und scheut sich der politische Ziehsohn von Franz Josef Strauß nicht vor unpopulären Meinungen - immer auf der Suche nach Gefahren für die Demokratie. So distanzierte er sich vom zweiten Irak-Krieg und dem Afghanistan-Einsatz oder klagte 2007 vor dem Bundesverfassungsgericht erfolglos gegen den Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen der Bundeswehr in Afghanistan.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb bereits im Frühling 2003, erst Gauweilers zunehmende Isolation in den eigenen Reihen habe seine "Metamorphose" ermöglicht "von einem rechten Law-and-Order-Fanatiker zu einem der ganz wenigen politischen Intellektuellen, die das bürgerliche Lager zu bieten hat". Gauweiler koste dabei, ohne sich um "irgendeine Parteiräson" scheren zu müssen, seine Rolle als freigewählter Abgeordneter in vollen Zügen aus.


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Tony Robinson, Samstag, 23.November 2013, 20:08 Uhr

4. Eurokatastrophe

"Der vehemente Euro-Kritiker ... Peter Gauweiler steht vor seinem Comeback"
Ich freue mich, dass es diesen Mann gibt. Allerdings reicht das nicht um mich zu bewegen für die CSU zu stimmen, denn es gibt dort zu wenig Gauweilers. Ich stimme weiterhin für die AfD. Ich freue mich auf 2014

Engagierter Bürger, Dienstag, 11.September 2012, 12:01 Uhr

3. GAUWEILERs Klagen

Auch wenn ich der politischen Partei Gauweilers niemals nahe gestanden habe, jetzt bin ich dankbar, daß es diesen " Poltergeist " gibt !
Wenigstens einer, der sich nicht einschüchtern läßt, der sich von Merkel nicht den Mund verbieten läßt, und der mutig den Mund aufmacht !

Danke, Peter Gauweiler !

Ich wünsche ihm - gegen alle Widerstände - viel Erfolg und Kraft !

NICHTS ist alternativlos, auch nicht Merkels Politik !

Hans-J. Stadali, Montag, 10.September 2012, 21:44 Uhr

2. Gauweilers Linie

seine politische Vergangenheit ist die eine Seite, die andere entscheidende aber:
er wird als (Dauer-) Kritiker hingestellt, wobei gerade sein kompetenter Sachverstand denen abgeht, die angeblich -so zumindest ihr Eid auf unsere Verfassung- dem Wohle des deutschen Volkes dienen. "Schwarzer Peter" ist deshalb für mich eine Ehren-Bezeichnung des aufrechten Politikers.
Viele dieser Art gibt's schon lange nicht mehr.

Otto Kirchmaier, Montag, 10.September 2012, 21:18 Uhr

1. Peter Gauweiler

Man kann ihn nur gratulieren und bewundern, daß er sich so für sein Land und die Demokratie einsetzt.