NSU-Prozess


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17. Verhandlungstag Verwunderung über Freunde und Sorge um Katzen

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, schweigt weiter. Doch nach ihrer Festnahme 2011 hatte sie informell mit Kriminalbeamten gesprochen. Einer davon berichtete am 2. Juli, am 17. Verhandlungstag, vor dem Oberlandesgericht (OLG) München als Zeuge, dass sich Zschäpe über die Entwicklung ihrer mutmaßlichen Mit-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewundert habe. Eine ihrer größten Sorgen sei das Schicksal ihrer Katzen nach ihrer Flucht gewesen.

Stand: 02.07.2013 | Archiv

links: Uwe Mundlos; rechts: Uwe Böhnhardt | Bild: Montage: BR; picture-alliance/dpa

Am 4. November 2011 töteten sich Böhnhardt und Mundlos selbst, nachdem ein Banküberfall in Eisenach schief gelaufen war. Am selben Tag flog in Zwickau das Haus, in dem das mutmaßliche Terrortrio gewohnt hatte, in die Luft. Zschäpe setzte es laut Anklage in Brand. Danach war sie mehrere Tage auf der Flucht, bis sie sich am 8. November 2011 in Jena der Polizei stellte.

Von Böhnhardt und Mundlos "zu nichts gezwungen"

In der anschließenden Befragung wollte Zschäpe laut dem Zeugen zunächst nichts sagen, doch dann sei die Unterhaltung in dessen persönlichem Dienstzimmer fortgesetzt worden. Dort durfte geraucht werden, "was zu essen wurde auch gereicht", so der Kriminalbeamte vor dem OLG. Dadurch sei eine lockere Atmosphäre entstanden, in der Zschäpe zu plaudern begonnen habe. So habe sie gesagt, sie habe "sich nicht erklären können, warum sich die beiden Uwes trotz des behüteten Elternhauses so entwickelt haben". Laut dem Beamten der Kriminalpolizei Zwickau bezeichnete sie Böhnhardt und Mundlos als "ihre Familie". Sie habe betont, von den beiden zu nichts gezwungen worden zu sein. Der Beamte gab zudem an, dass er damals den Eindruck gehabt hatte, Zschäpe wolle auspacken. Sie habe ausdrücklich gesagt, dass sie "sich nicht gestellt hätte, um nichts zu sagen". Wenn dem so war, hat Zschäpe, die vor dem OLG bislang konsequent schweigt, ihre Meinung geändert.

Zschäpes Selbstmordgedanken

Nach der mehrtägigen Flucht - wohl per Bahn - habe Zschäpe übernächtigt gewirkt, so der Zeuge. Sie habe gesagt, "dass sie nicht mehr viele Freunde hat und versucht hat, Freunde aufzusuchen". Nach der Explosion des Hauses habe sie überlegt, sich das Leben zu nehmen. Der Beamte sagte, er habe den Eindruck gehabt, sie sei froh gewesen, dass die Zeit der Flucht beendet war. Später habe Zschäpe keine Suizidabsichten mehr gehabt, berichtete ein weiterer Zeuge, ein Beamter des Bundeskriminalamts (BKA), der am 13. November 2011 bei Zschäpes Vorführung beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe anwesend war.

"Ich schlafe ruhiger, seit ich nicht mehr im Untergrund lebe."

Zschäpe laut einem BKA-Beamten bei ihrer Vorführung beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs

Sorge um Katzen

Das Haus in der Zwickauer Frühlingsstraße 26 wenige Tage nach der Explosion

Der Zwickauer Kriminalbeamte berichtete weiter, als vor Gericht die Tatvorwürfe verlesen wurden, habe Zschäpe das "sehr emotionslos" über sich ergehen lassen. Als es um den Tod von Böhnhardt und Mundlos ging, habe sie weder Tränen gezeigt, noch geschwitzt oder geschluckt. Doch wegen ihrer Katzen habe sie sich Sorgen gemacht. Sie hatte sie vor dem Brand aus dem Zwickauer Wohnhaus gebracht. Der Beamte habe sie beruhigen können: Sie seien am Leben und im Tierheim. Wie es den Menschen im explodierten Haus erging, danach habe Zschäpe nicht gefragt. In der Wohnung neben dem mutmaßlichen Terrortrio wohnte eine 89-jährige, gehbehinderte Frau. Sie wurde von Verwandten gerettet. Die Anklage wirft Zschäpe unter anderem vor, durch Inbrandsetzung des Hauses einen Mordversuch an der Seniorin begangen zu haben.

Schwierige Zeugenvernehmung

Der Zwickauer Kriminalbeamte hatte nach dem Gespräch mit Zschäpe Vermerke angefertigt. In der Verhandlung konnte er sich an Einzelheiten aus dem Gespräch nicht mehr erinnern. Auf viele Fragen nach dem Verlauf der Ermittlungen wollte er sich zudem nicht äußern, da er für Fragen nach polizeitaktischen Einzelheiten keine Aussagegenehmigung habe. Auch habe er keinen Anlass gesehen nachzufragen, was Zschäpe meinte, als sie ihre Verwunderung über die Entwickung der "beiden Uwes" äußerte.


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